Die Rose von Asturien
Hängen lagen kleine Dörfer, deren Häuser nicht mit Holz oder Stroh, sondern mit dünnen, gewölbten Ziegeln gedeckt waren. Die Mauern bestanden aus aufeinandergeschichteten Bruchsteinen, und nur gelegentlich sah er Wände aus Fachwerk, wie er sie aus der Heimat kannte.
Auch die Sprache der Menschen war ihm fremd. Sie nannten sich zwar Franken, sprachen aber ganz anders als bei ihm zu Hause. Konrad verstand nur einzelne Worte, der Rest floss wie Wasser an seinen Ohren vorbei.
Auch Rado tat sich schwer. Allerdings hatte er bereits den Feldzug gegen die Langobarden mitgemacht und war es daher gewohnt, sich unter Leuten zu bewegen, deren Sprache er nicht verstand.
Am nächsten Morgen erreichten sie kurz nach dem Aufbruch eine größere Ansiedlung am Ufer eines breiten Flusses. Der Ort wurde von einem Mauerring geschützt und bestand aus einer Vielzahl von hohen, geräumigen Häusern. Das größte Gebäude befand sich fast genau in der Mitte und hatte einen hohen, quadratischen Turm, der in einem Satteldach aus flachen Ziegeln endete.
»Das hier ist die Basilika der Stadt! Hast du jemals so etwas Gewaltiges gesehen, Bauer?« Philibert von Roisel, den Hildiger aus Bosheit eingeteilt hatte, neben Konrad zu reiten, machte das erste Mal den Mund auf.
Konrad wusste von dem Mann nur, dass er aus den westlichen Teilen des Reiches stammte. Obwohl er sich noch immer über dessen Worte bei ihrer ersten Begegnung ärgerte, ignorierte er den überheblichen Tonfall und bedankte sich artig für die Auskunft. »Diese Kirche ist wirklich gewaltig. Glaubst du, es bleibt uns Zeit, darin zu beten?«
Doch Philibert hatte seinen Blick wieder nach vorne gerichtet und trabte ohne Antwort weiter.
Obwohl Konrad sich die Basilika gerne von innen angesehen hätte, wagte er es nicht, den Reiterzug zu verlassen. Roland schlug ein scharfes Tempo an, und er hätte seinen Hengst über Gebühr strapazieren müssen, um den Trupp wieder einzuholen. Mit dem festen Vorsatz, in der nächsten großen Kirche, auf die sie trafen, ein Gebet zu verrichten, kehrte er dem Gotteshaus den Rücken. Unterwegs fragte er sich zum wiederholten Mal, was Eward, Hildiger und deren Freunde gegen ihn hatten. Die Abneigung, die ihm entgegenschlug, konnte nicht von ein paar abfälligen Worten ausgelöst worden sein, mit denen Ermo über ihn hergezogen hatte. Der Grund musste woanders liegen. Vermutlich ärgerten Eward und seine Männer sich, weil er, der von ihnen als Bauer verspottet worden war, vor König Karl seinen Mut hatte beweisen können. Dadurch hatte er auch Rolands Anerkennung gewonnen, denn für den Markgrafen von Cenomanien war die Beherrschung des Schwertes das Wichtigste für einen Krieger.
Mit dem festen Vorsatz, Roland nicht zu enttäuschen und wenigstens zu versuchen, Ewards Achtung zu erwerben, verließ Konrad die Stadt, deren Namen er nicht einmal kannte, und richtete seine Gedanken auf das, was ihn am Ende dieser Reiseerwarten würde. Er versuchte, sich Spanien vorzustellen, und da er weder das Land noch dessen Bewohner kannte, verirrte er sich rasch ins Reich seiner Phantasie. Schließlich lachte er über sich selbst, schob alle Überlegungen beiseite und konzentrierte sich auf das, was um ihn herum geschah.
Die Knechte waren zwar angehalten worden, den Kriegern zu folgen und den Anschluss nicht zu verlieren, doch die Männer fanden unterwegs immer wieder Gelegenheit, kurz zu verweilen, um Einkäufe zu erledigen oder auch nur rasch einen Schlauch Wein für ihre Herren zu besorgen. Da Ewards Knechte und die seiner Leute sich nicht um Rado kümmerten, schloss dieser sich den Bediensteten an, die zu Rolands Reitern gehörten. Diese waren zwar auch Bretonen, doch ein paar konnten sich auch in jenem Fränkisch verständigen, das im Osten des Reiches gesprochen wurde. Zudem hatten sie den Landstrich, durch den sie ritten, schon öfter bereist und halfen Konrads Begleiter, sich zurechtzufinden.
Doch just in der Stadt, in der Konrad gern die Kathedrale besucht hätte, stand Rado allein vor einem Karren, auf dem etliches an Gemüse und Obst lag. Er hätte gerne einen knackigen Apfel gekauft, doch das konnte er der alten Standfrau nicht begreiflich machen. Sie nahm ihm den Apfel weg, den er haben wollte, und bot ihm alles Mögliche an.
»Verdammt, ich will nur den Apfel! Was willst du dafür haben?«, schimpfte Rado und überlegte schon, ob er diesen nicht einfach nehmen und weiterreiten sollte.
Da er jedoch nicht zum Dieb werden wollte und auch nicht
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