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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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Mädchen nicht bekommen. Er soll doppelt und dreifach dafür büßen, dass er dich aus meinem Bett ferngehalten hat. Gute Nacht, meine geliebte Schwester.“
    Er beugte sich vor und küsste sie auf die Wange. Unglaublich kalt fühlten sich seine Lippen auf ihrer Haut an, die wie von einem inneren Fieber glühte. Andronikos verließ mit leichten Schritten ihr Schlafgemach.
    Die Stille senkte sich schwer auf sie. Es dauerte eine Weile, ehe Irene sich rührte. Dann ging sie die wenigen Schritte zum Bett und sank auf die Matratze. Sie rollte sich ein, zog die dünne Decke über ihren zitternden Leib. Sie wartete, dass das Zittern aufhörte.
    Doch es geschah nicht.
    Sie konnte nicht um Eirik weinen. Er verlor, weil er sie um Hilfe gebeten hatte. Das Sklavenmädchen war verloren, weil Eirik es begehrte und besitzen wollte.
    Aber Andronikos würde mehr zahlen. Dies war seine Rache, weil sie ihn jahrelang verschmäht hatte, obwohl ihr Körper nichts mehr ersehnte als diesen widernatürlichen Akt der Leidenschaft zwischen Bruder und Schwester.
    Eirik hatte nicht vermocht, dieses Verlangen in ihr auszulöschen. Und nun bezahlte er teuer, weil er Andronikos einst die genommen hatte, die er am meisten begehrte.
    Seine eigene Schwester.
    Es war der Preis, den er für seine Rache zahlen wollte. Rache, weil Eirik mit Irene das Lager teilte. Der einzigen Frau, die Andronikos je geliebt hatte.
    Er begehrte seine eigene Schwester.

3. KAPITEL
    Am Nachmittag wurden die letzten Mädchen gebracht.
    Sie waren zu dritt: Ein Zwillingspärchen mit schwarzem Haar, das man ihnen auf Fingerlänge abgeschnitten hatte. Und eine Frau, die ihr linkes Bein nachzog.
    Johanna saß mit dem Haselmädchen unter einem Sonnensegel. Da sich die andere nie die Mühe gemacht hatte, die Sprache der Byzantiner zu lernen, hatte sie jetzt Probleme, sich überhaupt zu verständigen, und Johanna versuchte, ihr wenigstens ein paar Brocken beizubringen, bevor sie endgültig getrennt wurden. Als die neuen Frauen von drei Wachen in den Innenhof geführt wurden, scharten sich sogleich die anderen Mädchen um die Neuankömmlinge. Johanna blieb sitzen. Was brachte es ihr, jetzt noch andere Leidensgenossinnen kennenzulernen oder gar Freundschaften zu schließen? Heute Abend trennte man sie ja doch wieder. Der Verlust von Ise schmerzte noch immer. Nein, sie wollte nichts von diesen Frauen wissen. Hier kämpfte jede für sich selbst.
    Kallistos’ brüllende Stimme aus dem Innern des Hauses trieb die Frauen auseinander, bis nur noch die drei Neuankömmlinge in der Mitte des Hofs standen. Die Wachen waren an die Wand zurückgewichen und unterhielten sich flüsternd, zeigten auf einzelne Sklavinnen und grinsten anzüglich. Kallistos hatte sie bezahlt, dass sie die Mädchen bewachten. Keine wurde mehr gefesselt, nicht mal Johanna. Die Schürfwunden an den Handgelenken waren fast verheilt.
    Dennoch hatte sie sich noch nie so gefangen gefühlt.
    Nun trat Kallistos auf: Klein und dick, die Glatze glänzte rötlich in der Nachmittagssonne. Er umkreiste die drei Frauen. Die Zwillinge senkten den Kopf, und der Sklavenhändler nickte zufrieden. Ihm schien ihre Demut zu gefallen. Doch das dritte Mädchen, dem das blonde Haar bis zur Hüfte reichte und das so klare helle Augen hatte, als wären sie Gestirne, musterte Kallistos ebenso prüfend.
    „Beweg dich“, fauchte er und machte mit der Gerte eine Geste. „Los! Lauf einmal im Hof auf und ab.“
    Sie drehte sich abrupt um und machte drei schwerfällige Schritte. Die Hüften wiegten sich, doch ihr linkes Bein schien nahezu leblos und steif an ihr zu hängen, ein Fremdkörper, der ihr sichtlich Schmerzen bereitete, denn als sie sich umdrehte und zurückhumpelte, verzog sie das Gesicht.
    Aber sie senkte den Kopf nicht.
    Johannas Neugier war geweckt. Diese Frau war anders. Sie ergab sich nicht in ihr Schicksal.
    „Für ein Hurenhaus wird’s reichen. Setz dich da vorne zu den anderen.“ Er wies in eine Ecke, in der sich andere Mädchen drängten, die allesamt einen Makel hatten – manche mehr, manche weniger.
    Kallistos hatte in den letzten Tagen so viele Mädchen wie nur möglich gekauft. Er wollte doppelten Profit aus dem Beutel Goldmünzen schlagen, den er für Ise bekommen hatte. Johanna stand mit einer geschmeidigen Bewegung auf und durchquerte den Hof. Kallistos ging, und das leise Stimmenmurmeln setzte wieder ein, das wie die Meeresbrandung an- und abschwoll und selbst nachts nicht mehr vollständig erstarb.
    „Ich bin

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