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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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Seltene Bäume, Rhododendren und Riesenfarne, zehn Sorten Bambus, Rosen und Kamelien, ein Nussgarten, ein Orchideenhaus und ein würzig riechender Küchengarten erwarteten sie. Das Klima behagte ihr gleich. Der Obergärtner staunte nicht schlecht über die Rhododendronkenntnisse der jungen Frau des Lords. Von einem bestimmten Strauch wusste sie im Gegensatz zu ihm, dass er von Sir Hooker aus Sikkim mitgebracht worden war, was ihr Verhältnis zunächst etwas belastete. Als Kathryn den Mann bat, im Frühjahr unter ihrem Fenster blaue Mondwinden zu pflanzen, belehrte er sie von oben herab, dass der korrekte Ausdruck dieser Rankpflanze Himmelblaue Prunkwinde oder Ipomoea tricolor sei. Sie öffne ihre Trichterblüten morgens und nicht abends zum Mondschein wie die weißen Mondwinden. Auch sie, führte er aus, blühe nur einen Tag, und manche Leute hielten sie für Unkraut.
    Kathryn reagierte keineswegs beleidigt. »Danke für die Erklärung«, lächelte sie. »Ich möchte doch dazulernen. Mir gefällt Ihr Sinn für Farben im Garten. Deshalb werden Sie sicher nicht zu jenen törichten Leuten gehören, die dieses himmlische Blau geringschätzen. Ich glaube, wir werden noch sehr gut zusammenarbeiten.«
    Die feine Society von Jersey nahm Kathryn zurückhaltend auf. Nach der Geburt eines rundum gesunden, strammen Sechseinhalbmonatssohnes tuschelten die Leute eine Weile. Aber der Einfluss des Lords, Kathryns Harfenkonzerte, ihre liebenswürdige Art als Gastgeberin und sicher auch ihre Schönheit sorgten dafür, dass man allgemein bald zu der Überzeugung gelangte, sie sei eine Bereicherung für das gesellschaftliche Leben auf der Insel.
    Während Mr Singh sich als Hausschneider nützlich machte, kümmerte sich Aashmi als Kinderfrau um den kleinen Charles. Kathryn stillte ihren Sohn selbst, auch nachts. Sie zündete dann nur eine Kerze an. Oft schaute sie dabei aus dem Fenster auf den Mond über dem Park. Das schmatzende Saugen des Kleinen an ihrer Brust bescherte ihr Schmerzen und wohlige Schauer zugleich, wie ihre Gedanken an Carl. Sie liebkoste ihren Sohn, seinen Sohn, mit einer Zärtlichkeit, die Alfred bald eifersüchtig machte, und die sie sich deshalb vor allem für die Nachtstunden aufhob.
    Kathryn und Alfred hatten selbstverständlich, wie es in den höheren Kreisen üblich war, getrennte Schlafzimmer. An ihres schloss sich ihr privater Salon an. Dahinter kamen das Kinderzimmer und Aashmis Kammer. Manchmal trug Kathryn – nur hier – die Ohrringe, die sie von Carl und Gustav bekommen hatte. Dann legte sie den Smaragdring ab, weil die Schmuckstücke ja nicht zueinanderpassten. Auf ihrem Sekretär stand der Silberrahmen mit dem Foto, das Carl ihr zur Hochzeit geschickt hatte. Aber es gab Zeiten, da sie das Bild umdrehte, weil sie die Erinnerung an ihr unbekümmertes Glück von einst nicht ertrug.
    Zwischen den grauen Tagen betätigte Kathryn sich in den karitativen Stiftungen und Vereinen, die das Haus Taintsworth von jeher förderte. Und sie begann, sich darüber hinaus wohltätig zu engagieren.
    Wenn Alfred abends an ihre Tür klopfte, bat sie ihn freundlich herein. Er trug meist einen blassblauen seidenen Hausmantel mit einer schwarzen Kordel um den Bauch. Zum Glück erschien er immer frisch gebadet. Im Bett mit ihm schloss sie die Augen und dachte an England. Wenn Alfred nach wenigen Minuten von ihr herunterrollte, lag sie meist noch in der gleichen Position wie vorher. Sofort anschließend pflegte sie ein heißes Schaumbad zu nehmen. Alfred verabschiedete sich mit einem Handkuss und ging zum Schlafen in sein Gemach.
    An den Wochenenden hatten die Taintsworths in der Regel Gäste auf Greenville Manor. Kathryn lernte die Vorbereitungen zu überwachen, die Bewirtung ebenso wie das Unterhaltungsprogramm, das von Lesungen über Konzerte, Jagdvergnügungen, Picknicks, Tennis- oder Krocketspielen bis zu Kostümbällen reichte.
    Der kleine Charles bekam nicht alle, aber sehr viel der Liebe, die Kathryn Carl nicht schenken konnte.

Berlin
    Herbst 1930
    Als Gustav als Landesverbandsvorstandsmitglied nach Berlin zu einer Tagung seiner Berufsvereinigung fuhr, lernte er beim Abschlussbankett im Hotel Adlon die Tochter eines Reichsministers kennen. Eveline, genannt Ivy, war ein knabenhafter Typ mit kurzem dunkelbraunem Haar, schmalen Hüften und ererbter Arroganz. Dass sie von Kindesbeinen an mit Politikern und Offizieren vertraut war, weil Prominenz in der elterlichen Wilmersdorfer Villa ein- und ausging, imponierte Gustav.

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