Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Wut mehr verspürt. Nach Fornham hatte er sich stets gezwungen, sich zu beherrschen.
»Das wird nicht geschehen«, knurrte er und stapfte aus dem Zimmer. Der Junge trottete hinter ihm her und erzählte ihm, er sei heute Richards diensthabender Knappe, doch Roger hörte ihm kaum zu, weil sich seine Gedanken überschlugen. Während der Verhandlungen hatte es ständig neue Ausflüchte und Verzögerungen gegeben. Erst war die Lösegeldsumme auf hunderttausend Mark festgelegt, dann aber noch einmal um die Hälfte erhöht worden. Obwohl Richard in einem goldenen Käfig saß, dauerte seine Gefangenschaft schon über ein Jahr, und es war sowohl illegal als auch unmoralisch, einen Kreuzritter an der Rückkehr in seine Heimat zu hindern. Der Bote musste während der Wildschweinjagd eingetroffen sein. Wahrscheinlich hatte Kaiser Heinrich das Pergament just zu der Zeit gelesen, als Richard den Keiler erlegt hatte.
Roger blieb vor Richards Kammertür stehen und atmete ein paar Mal tief durch. Er zweifelte nicht daran, dass Richard vor Wut schäumte, da brauchte zumindest er einen klaren Kopf, wenn sie einen Ausweg aus dieser heiklen Lage finden wollten.
Richard schritt so energiegeladen auf und ab, als hätte er nicht den ganzen Tag auf der Jagd verbracht. Longchamp folgte ihm wie ein Krumen aufpickender Vogel, die Ärmel seines Gewandes flatterten wie Flügel. Roger fiel ein großer Fleck an der Wand auf, der aussah, als habe jemand einen Becher Wein dagegengeworfen.
»Ich habe die Neuigkeiten schon gehört, Sire.« Roger verneigte sich. »Es ist ein schändliches Vorhaben und ein unehrenhaftes dazu.«
Richard fuhr herum und sah ihn an. Jetzt lachte er nicht mehr. Sogar im schwachen Kerzenlicht war deutlich zu erkennen, dass seine Züge vor Wut verzerrt waren.
»Der König von Frankreich ist ein perfider Lügner, aber ich hätte nicht gedacht, dass er so tief sinken würde!« Er spie die
Worte förmlich aus. »John schon. Tunnel zu graben war immer seine bevorzugte Vorgehensweise. Aber ich lasse mich nicht länger einsperren! Diese Gefangenschaft muss endlich ein Ende haben!«
»Das wird sie auch, Sire«, warf Longchamp ein. »Wir werden eine Lösung finden.«
»Wie viel haben sie geboten?«, fragte Roger sachlich.
»Zweihunderttausend Mark«, erwiderte Longchamp mit einem verächtlichen Schnauben. »Zahlbar in Raten.«
»Ein Gebot heißt noch lange nicht, dass die Summe auch ausgezahlt wird«, bemerkte Roger. Er trat zum Feuer und hielt die Hände an die Glut. »Wo soll das Geld herkommen? König Philipp wird seinem Volk neue Steuern abpressen müssen, und ich vermute, dass seine Untertanen sich weigern werden, sich aussaugen zu lassen, damit der König von England in Gefangenschaft bleibt. Und John kann seinen Anteil niemals aufbringen.«
Richard hatte mit seinem rastlosen auf und ab Gehen innegehalten, doch noch immer verströmte er Wellen der Wut, die so heiß loderten wie das Feuer.
»Wir wissen, dass sie das Geld nicht zusammenkratzen können, und der Kaiser weiß es auch, also blufft er nur. Außerdem hegt er keine große Liebe für Philipp von Frankreich. Warum also sollte er sich in diesem Fall mit ihm verbünden?«
»Er weiß, dass er Euch bald gehen lassen muss«, meinte Longchamp. »Er will auf diese Weise lediglich auch noch den letzten Tropfen aus uns herausquetschen.«
»Ich denke, ihm gefällt die Vorstellung, von Philipp von Frankreich Geld zu nehmen«, warf Roger ein. »Aber er weiß, dass ihm das Silber aus England sicher und schon fast in Reichweite ist. Er braucht es für seinen Krieg mit Sizilien, er wird es sich nicht entgehen lassen.«
Richard ließ sich auf die Bank vor dem Feuer sinken und zupfte an seinem Bart.
»Ich kann nicht länger hierbleiben. Ich muss in England sein, wenn im Frühjahr die Feldzüge beginnen!«
»Das müsst Ihr in der Tat, Sire. Es gibt dort viele Verräter, die es zur Rechenschaft zu ziehen gilt«, bestätigte Longchamp finster. »Nicht alle, denen Ihr vertraut habt, haben Euch die Treue gehalten. Ihr solltet vor Eurem Marschall auf der Hut sein. Sein Bruder ist ein enger Ratgeber des Count of Mortain, und William selbst hat Eurem Bruder stets ein gewisses Wohlwollen entgegengebracht.«
Richard musterte seinen Kanzler mit hochgezogenen Brauen.
»Bevor ich den Marschall einen Verräter nenne, würde ich an Euer Stelle erst einmal hieb-und stichfeste Beweise verlangen, statt mich auf bloßes Hörensagen zu verlassen.«
Rogers Augen wurden schmal. Der Bischof
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