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Die rote Agenda

Die rote Agenda

Titel: Die rote Agenda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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auf die Nerven, doch er wusste,
er musste sich damit abfinden, wenn er etwas erreichen wollte. Daher lächelte
er seinerseits und nahm sich Zeit.
    »Entschuldigt,
ich wollte Euch mit dem Zitat von Byron nicht beleidigen. Ich bin angespannt
und befinde mich in einer sehr heiklen Lage.«
    Der
Sizilianer machte eine gleichmütige Geste und sah ihn mit Sympathie an. »Seid
unbesorgt, es gab einige Augenblicke in meinem langen Leben, in denen ich
hoffte, der Ätna würde wieder ausbrechen und mich und die ganze Insel unter
sich begraben. Nur ein Sizilianer kann gleichzeitig und mit derselben
Intensität seine Insel lieben und hassen, weil er weiß, dass dort das
Schlechteste, doch auch das Beste unseres unglückseligen Landes zu finden ist.
Fürchtet daher nicht, Ihr hättet mich beleidigt, und sagt mir den Grund,
weshalb Ihr mich noch einmal sehen wolltet. Mir ist bewusst, dass auch Ihr wie
alle Italiener aus dem Norden die Lobreden, mit denen wir Sizilianer jedes
Gespräch ausschmücken, nicht schätzt, daher wollen wir direkt zur Sache kommen.
Das Problem, das Euch quält – betrifft es vielleicht die Agenda?«
    »Natürlich«,
sagte Alimante nur.
    [175]  Branca
nickte, in Erwartung, dass der andere fortfahren würde. Als Antwort nahm
Alimante den Mantel, den er auf den Sessel neben sich gelegt hatte, und zog die
Agenda aus der Tasche.
    »Hier ist
Eure Agenda«, sagte er und hielt sie hoch.
    Alimante
erreichte die erhoffte Wirkung. Auf dem Gesicht des Alten und dem Partannas,
der wie immer wachsam hinter seinem Chef stand, zeichnete sich zuerst ein
Ausdruck ungläubigen Staunens ab, der dann in grenzenlose Bewunderung überging.
Branca schüttelte den Kopf, lächelte und erhob sich, von Salvatore gestützt,
mühsam aus seinem Sessel. Er ging auf Alimante zu.
    »Don
Giorgio, meine schon immer hohe Wertschätzung für Euch kennt nun keine Grenzen
mehr! Erlaubt mir, Euch zu umarmen.«
    Alimante,
vollkommen unvorbereitet auf eine solche Reaktion, ertrug regungslos und
peinlich berührt die bewegte Umarmung des Sizilianers.
    Salvatore
brachte den Alten zurück zu seinem Sessel und half ihm dabei, sich zu setzen.
»Ich war mir sicher, dass Ihr die Agenda finden würdet«, sagte er, »aber nicht
so schnell! Ich bin sprachlos.«
    Alimante
räusperte sich, noch verärgert über den körperlichen Kontakt, den er hatte
erdulden müssen.
    »Wegen
dieser Agenda sind zwei Menschen, die mir sehr lieb sind, in Lebensgefahr. Sie
sind entführt worden und werden als Geiseln festgehalten, deshalb müsst Ihr mir
alles sagen, was Ihr wisst, Don Attilio, und nichts zurückhalten.«
    Es folgten
einige Augenblicke des Schweigens. Dann gab Branca Partanna ein Zeichen, und
dieser trat an die Hausbar.
    [176]  »Kann
ich Euch etwas zu trinken anbieten?«, fragte Salvatore.
    Alimante
nickte. »Einen Gin Tonic, danke.«
    Während
Partanna einen Wermut für Branca und den Gin Tonic bereitete, steckte der Alte
sich eine Zigarette an.
    »Die Ärzte
haben mir verboten zu rauchen. Lächerlich, in ein paar Monaten bin ich tot.«
    Er nahm mit
sichtlichem Vergnügen einen tiefen Zug, sah dann Alimante in die Augen.
    »Ihr seid
mir um ein weniges zuvorgekommen, Don Giorgio. Ich wollte mich gerade wieder
selbst mit Euch in Verbindung setzen. Nach unserer Begegnung habe ich erfahren,
wer den Befehl gegeben hat, die Agenda zu stehlen und alle zu töten, die ihren
Inhalt kennen, wie den armen englischen Gelehrten. Also denke ich mir, dass
dieser Mann hinter der Entführung Eurer Freunde steckt.«
    »Und wer
wäre das?«
    Branca
nannte den Namen des Senators, und das Gesicht Alimantes verzog sich zu einer
angeekelten Grimasse. »Seid Ihr sicher?«, fragte er.
    »Ja,
absolut. Meine Jungs haben den Verräter zum Sprechen gebracht, der den Senator
darüber informiert hat, dass die Agenda aus der Londoner Bank geholt werden
sollte. Wir haben erfahren, dass die Mörder Auftragskiller sind, wahrscheinlich
Slawen. Eigentlich völlig logisch, dass der Senator dahintersteckt. Er geht
unter strenger Geheimhaltung vor, wie damals, als er beschlossen hat, die
beiden Richter in die Luft zu jagen. Auch wenn es viele waren, die davon
profitiert haben.«
    »Ich danke
Euch«, sagte Alimante. »Das ist eine [177]  wertvolle Information, sie wird uns
erlauben, schneller zu handeln.«
    »Das war
nur meine Pflicht, Don Giorgio. Darf ich Euch nun fragen, wie Ihr vorgehen
wollt, um Eure Freunde zu retten? Ich nehme an, Ihr übergebt den Entführern die
Agenda. Zwei Leben sind ein

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