Die Rückkehr der Königin - Roman
wird dir im Weg stehen.«
»Nicht einmal Sif und seine Armee?«
»Mit Sif und seiner Armee werden wir schon fertig«, meinte er zuversichtlich.
»Na, dann treff lieber deine Vorbereitungen«, sagte Anghara. »Du solltest den Staub seiner Armee sehen noch ehe der Mond in drei Tagen voll ist.«
»Wir werden bereit sein«, sagte er.
»Und bist du bereit, es auch mit Favrin Rashin aufzunehmen?«
Kieran blickte sie völlig verständnislos an. » Favrin? Was hat er damit zu tun?«
»Ich habe ihn in Miranei gesehen«, sagte Anghara so ruhig, dass es ihm kalt über den Rücken lief. »Die Flammen zeigen mir jetzt sehr wenig, aber ich habe Favrin in der Großen Halle von Miranei gesehen. Ich habe keine Ahnung, wie er herkommt oder was er will. Ich vermute aber, dass er Sif direkt auf den Fersen folgt.«
»Kerun und Avanna!«, stieß Kieran hervor und nahm Zuflucht zu den alten vertrauten Göttern, obwohl er genau wusste, dass sie zu weit entfernt waren, um seine Gebete zu erhören. »Ich nehme an, wir können immer noch hoffen, dass die beiden sich gegenseitig zerfleischen.«
»Das würde Favrin zu meinem Verbündeten machen«, sagte Anghara. »Und ich bin keineswegs sicher, dass er das ist.«
»Ich halte ihn durchaus für fähig, erst Sif zu helfen, und sich dann gegen ihn zu wenden, wenn sie mit uns fertig sind«, erklärte Kieran hilflos. Aber dann schüttelte er nach kurzem Nachdenken den Kopf. »Nein. Das wäre eine Intrige nach Duerins Geschmack. Was man auch über Favrin sagen mag, er fällt einem nicht in den Rücken. Er geht direkt vor.«
»Vielleicht hat er beim dauerhaften Aufenthalt am Hof seines hinterlistigen Vaters seinen Geschmack für Intrigen entdeckt«, gab Anghara zu bedenken. »Das dürfte nicht allzu schwierig gewesen sein. Immerhin ist er seines Vaters Sohn.« Sie schauderte unwillkürlich, als ihr Favrins letzter zweischneidiger Vorschlag einfiel. Hätte sie angenommen, wäre sie diese langen Wochen womöglich in seinem kaiss eingesperrt gewesen, anstatt Miranei zu erobern und darin auf Sif zu warten, der es mit Blut und Donnerschlag zurückhaben wollte. Es hätte so viel angenehmer sein können, stattdessen in Samt und Seide auf einen Gemahl zu warten, der die Planung übernommen und für sie seinen starken Arm erhoben hätte.
Und für sich selbst.
Das geistige Bild von Favrin Rashin auf dem Thron ihres Vaters und sie als verschleierte und bescheidene Prinzgemahlin an seiner Seite genügte, um das Bild platzen zu lassen. Aber sie hatte Favrin das Messer an die Brust gesetzt, und jetzt war er Kierans Problem. Und Kieran war inzwischen mit seinen Gedanken weit weg. Er organisierte seine Pläne im Licht zweier Armeen, nicht einer. Schon bald zog er sich zurück, um sich mit seinen Hauptleuten zu besprechen. Zu Favrin hatte Anghara einst gesagt, dass in einem Krieg ihr Vorteil sei, eine Frau zu sein – sie konnte das Kämpfen ihren Generälen überlassen. Jetzt, da diese Bemerkung um sie herum tatsächlich Gestalt annahm, erkannte sie die Wahrheit mit bitterer Deutlichkeit. Wenn die Generäle einer Königin gleichzeitig ihre Freunde waren, dann bedeuteten Kriege für die Frau, die auf dem Thron zurückblieb, Einsamkeit. Feor hatte nur allzu gute Arbeit geleistet – er hatte zwischen seinen Schülern keinen Unterschied gemacht, daher war Anghara in Strategie ebenso versiert wie Kieran und die Zwillinge. Damals in Cascin hatte sie einen wichtigen Beitrag leisten können, als sie die Strategie planten, mit der sie Miranei erobern wollten. Doch in der gegenwärtigen Situation gab es für sie sehr wenig zu tun, abgesehen von warten. Die Dinge wurden so gut wie möglich von denen erledigt, denen sie die Verteidigung der Festung übertragen hatte. Um ein weiser Herrscher zu sein, musste man wissen, wann man eine Aufgabe denen überließ, die dafür besonders geeignet waren. Für sie gab es nur das Feuer und den widerspenstigen Schleier, der die Zukunft vor ihrem Zweiten Gesicht verbarg.
Bezüglich Sifs Ankunft hatte sie sich um einen Tag geirrt; es war am vierten Tag nach ihrem Gespräch mit Kieran, dass man seine Armee sichtete. Adamo brachte ihr die Meldung. Schnell stieg sie mit ihm und Kieran auf den Wehrgang. Es war ein grauer bedeckter Tag, der kalten gleichmäßigen Herbstregen versprach, und Anghara zitterte, als sie ihren mit Pelz gefütterten Umhang fester um sich zog. Vielleicht war es der Wind, der ihr die Tränen in die Augen trieb, als sie das Herannahen des Erstgeborenen ihres
Weitere Kostenlose Bücher