Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
an der Wand und hielt die Hände vor sein Gesicht.
Larsons Herz pochte wie wild. Er atmete schwer.
Kathryns leiser Schreckensschrei bei seinem Anblick hatte ihn tiefer verletzt, als er sich hätte vorstellen können. Nachdem sie gegangen war, fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht. Er wusste nicht, was ihn mehr verletzte, ihre Reaktion auf seinen Anblick oder die brutale Wahrheit, dass sie ihren eigenen Mann nicht erkannt hatte.
Aber die Frage, die ihn so sehr beschäftigte, war beantwortet.
Selbst wenn er aus dem Grab zurückkäme, würde sie ihn so, wie er jetzt aussah, nicht mehr wollen.
Er hatte in der Gasse auf eine Gelegenheit gewartet, sie zu sehen, und hatte geplant, sie irgendwann, bevor sie das Restaurant erreichte, anzusprechen. Aber dann hatte er sie in der Menge verloren. Und dann … Oh, Gott! Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Als ihr Gesicht so nahe vor seinem gewesen war und er für einen kurzen Moment in ihre Augen sah, hatte er nicht mehr klar denken können. Sein ganzer Mut hatte ihn verlassen.
Kathryns Duft lag immer noch in der Luft. Er sah noch ihre Haare, die wie Seide um ihr Gesicht lagen, er spürte noch ihren Körper, der sich bei ihrem Zusammenprall kurz an ihn gedrückt hatte. Sie war so schön.
Er schaute in die Richtung, in die sie gegangen war. Ihre Schritte waren so zielstrebig gewesen. Da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, folgte er ihr.
Einige Minuten später erblickte Larson sie am anderen Ende der Straße. Sie war vor einem Straßencafé stehen geblieben und suchte die Tische ab. Eine ältere Frau, die allein an einem Tisch saß, sah in Kathryns Richtung und zog eine Braue hoch. Die weißen Haare der Frau glänzten wie Morgenfrost in der Sonne. Sie hatte eine königliche Haltung und lächelte Kathryn an, als diese auf sie zutrat.
Durch das Wissen, dass sie ihn nicht erkennen würde, ermutigt, wählte Larson einen leeren Tisch in ihrer Hörweite. Er war durch eine große Pappel teilweise versteckt, was seinen Absichten sehr entgegenkam. Er setzte sich mit dem Rücken zu ihnen und zwang seinen Puls, langsamer zu schlagen.
„Dann erzählen Sie mir, meine Liebe, welche Arbeit Sie zurzeit hier in der Stadt ausüben.“
Larson lehnte sich leicht zurück, als er die Stimme der älteren Frau hörte. Sie war freundlich und einladend und hatte einen melodiösen Tonfall, der auf eine irische Herkunft schließen ließ. Er strengte seine Ohren an, um trotz der anderen Gespräche um sich herum Kathryns Antwort zu hören.
„Ich arbeite seit einer Weile in Hudsons Herrenschneiderei und in Myrtles Restaurant“, antwortete Kathryn. „Meine beiden Arbeitgeber haben gesagt, dass sie bereit wären, mir ein Zeugnis auszustellen, falls Sie eines wünschen.“
„Sie sind also eine erfahrene Schneiderin und Köchin?“ Die Frage der Frau klang lobend.
„Wahrscheinlich kann ich besser kochen als nähen, aber ja, ich beherrsche beides.“
Larson konnte sich das leichte Runzeln auf Kathryns Stirn gut vorstellen. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass er ihr tatsächlich wünschte, dass sie die Stelle bekäme. Diese Arbeit war auf jeden Fall besser als ihre momentane Situation im Bordell.
„Darf ich fragen, warum Sie Ihre jetzige Arbeit aufgeben wollen?“
Aus dem Augenwinkel sah Larson ein junges Mädchen, nicht älter als sieben oder acht Jahre, das mit einer Kaffeekanne auf seinen Tisch zukam. Der Duft war verführerisch, aber er schüttelte trotzdem verneinend den Kopf und versuchte, dem Gespräch hinter sich zu folgen. „Nein, danke, Miss“, flüsterte er. „Ich … ich habe kein Geld dabei.“
Aber das Kind zog trotzdem eine Tasse aus seiner Schürze und stellte sie vor ihn auf den Tisch. „Entschuldigung, Sir, aber ich habe meine Anweisungen“, sagte sie und verzog ihren kleinen Mund. Sie schob die Unterlippe unter ihre Vorderzähne, umklammerte den mit einem Tuch umwickelten Griff der Kanne mit ihren kleinen Händen und füllte ihm gekonnt die Tasse voll.
Larson warf einen verstohlenen Blick auf das Mädchen, während der Dampf aus der Tasse hochstieg. Sie war ein schönes Kind mit makelloser Haut und rabenschwarzen Haaren. Ihre hellvioletten Augen strahlten. Plötzlich wanderte ihr Blick zu seinem Gesicht. Larson hielt den Atem an und stellte sich auf ihre schockierte Reaktion ein.
Aber ihre Miene wurde weicher. Sie schaute ihm direkt ins Gesicht und lächelte, dann deutete sie hinter sich. „Dieser Mann dort sagt, der Kaffee
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