Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
schnalzen.
Kathryn wischte sich den Straßenstaub von ihrem schwarzen Kleid und musste den Reichtum, der sie umgab, immer noch verarbeiten. Nicht nur das Haupthaus war beeindruckend, sondern auch die Wirtschaftsgebäude, die Ställe und die Weiden. Sogar eine eigene Schmiede gab es, wo der Schmied fleißig arbeitete, wenn sie das dumpfe Hämmern, das aus dem Gebäude dröhnte, richtig deutete. Ein riesiges Feld lag im Osten des Hauses, auf dem sich Arbeiter über perfekt gepflügte und gefurchte Erdreihen beugten. Kathryn konnte sich des Gedankens nicht erwehren, wie ihre und Larsons Ranch eines Tages wohl ausgesehen hätte, wenn nicht …
Die Hintertür ging schwungvoll auf und riss Kathryn aus ihren Gedanken.
Miss Maudelaine erschien und schaute sie erfreut an. „Willkommen auf Casaroja, Mrs Jennings! Sie kommen gerade rechtzeitig, um bei den Essensvorbereitungen für die Rancharbeiter zu helfen.“ Die ältere Frau schaute sich um. „Aber wie in aller Welt sind Sie hierhergekommen, Liebes? Ich hoffe, Sie sind nicht den ganzen Weg zu Fuß gelaufen.“
Der angenehme irische Rhythmus in ihrer Stimme entlockte Kathryn ein Lächeln. „Nein, Madam, ich wurde gefahren. Der Wagen ist soeben zurückgekehrt.“
Miss Maudelaine stemmte die Hände in die Hüften. „Ich höre es normalerweise, wenn ein Wagen die Straße heraufkommt. Ich war wohl zu sehr in meine Arbeit vertieft. An Arbeit mangelt es hier nie. Ich habe eine Überraschung für Sie“, fügte sie in einem leichten Singsang hinzu und deutete auf ein kleines, weißes Haus, das nahe beim Haupthaus stand. „Das ist das Landhaus, das der Hausherr vor Jahren für mich bauen ließ. Aber seit ich älter werde, ist es für mich leichter, im Haupthaus zu wohnen. Außerdem kann ich auf diese Weise die Dienstboten besser im Blick behalten.“ Sie zwinkerte. „Ich habe es für Sie herrichten lassen, denn ich dachte, Sie genießen vielleicht die Privatsphäre und den zusätzlichen Platz.“
Kathryn starrte zuerst Miss Maudelaine und dann das weiße Landhaus mit den zum Haupthaus passenden grauen Verzierungen an. Es war einfach perfekt und viel mehr, als sie zu hoffen gewagt hatte.
„Aber, meine Liebe, wenn Sie lieber im Haupthaus wohnen wollen, kann ich ein Zimmer für Sie vorbereiten lassen.“
„Nein, es ist wunderschön!“, sagte Kathryn nach einer Pause. „Ich habe das nur nicht erwartet. Das ist alles.“
Miss Maudelaines Lächeln verriet ihre Freude. Sie streckte die Hand aus und zog fragend eine Braue in die Höhe. Kathryn nickte zustimmend, und die Frau legte eine Hand auf ihren runden, schon sichtbar hervortretenden Bauch.
„Dafür, dass Sie schon so weit in Ihrer Schwangerschaft sind, sind Sie noch gar nicht so rund. Sie tragen das Kind bestimmt ganz nahe bei Ihrem Herzen, Mädchen.“
Kathryn lächelte. Bei diesen Worten wurde ihr warm ums Herz.
Miss Maudelaine zögerte. „Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen, meine Liebe? Und bitte verstehen Sie meine Frage nicht als Beleidigung. Ich habe einen Grund für meine Neugier, das versichere ich Ihnen.“
Kathryn konnte sich nicht vorstellen, wie die Frage lauten würde, antwortete aber, dass sie ihr gern jede Frage beantworten würde.
Die Frau lächelte freundlich. „Ist das möglicherweise das einzige Kleid, das Sie für Ihre Trauerzeit besitzen?“
Kathryn sah an sich hinab und strich mit der Hand über den staubigen Rock des schwarzen Kleides, das sie seit Larsons Beerdigung jeden Tag trug, und stellte fest, dass es am Saum und an den Ärmeln unübersehbar abgenutzt war. „Ja, Madam. Ich habe es selbst genäht und hätte mir noch ein anderes gemacht, aber ich hatte andere Verpflichtungen, und … Es tut mir leid, wenn es nicht …“
Die Frau berührte sanft ihren Arm. „Wagen Sie es nicht, sich dafür zu entschuldigen, meine Liebe. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich einen Grund für meine Neugier habe. Meine jüngere Schwester, Gott gebe ihrer Seele Frieden, hatte ungefähr Ihre Größe, und nachdem ihr Mann starb … Nun, sagen wir einfach, sie trug sehr lange die Farbe einer Witwe, und sie war auch schwanger. Wenn Sie nichts dagegen haben, schaue ich ihre Kleider durch und suche ein paar heraus, die Sie anziehen können. Sie sind seit Jahren weggepackt, aber sie sind noch sehr gut erhalten.“
Kathryn war angesichts einer solchen Großzügigkeit so bewegt, dass sie einen Moment kaum sprechen konnte. „Das ist ein sehr großzügiges Angebot von Ihnen. Ja, dafür wäre ich
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