Die Ruhelosen

m. kaufmännischer Bildung, flotte Ersch., Ende 30er, in sich. Stellung, sucht Einheirat in Fabrikations- oder Detailgesch., gleich welcher Branche. Suchender hat ernsten, feinfühlenden Charakter und Sinn
für schönes Familienleben. Strenge Diskretion. Offerten unter Chiffre …
     
    BEKANNTSCHAFT. Welche junge, hübsche Dame, kath., will in Korrespondenz treten zwecks Heirat mit geb. Herrn? Strengste Verschwiegenheit! Nichtpassendes sofort zurück! Gest. Zuschriften unter …
     
    HARMONISCHE EHE. Herr in angesehener Stellung, mit sehr guten Zukunftsaussichten in der Öffentlichkeit wirkend, vielseitig gebildet, 29 Jahre alt, gute Erscheinung, gesund, unsch. gesch., mit 14‘000 Fr. verschuldet, jedoch energischer und zielbewusster Schaffer, sucht Dame mit größerem Barvermögen und guten Geistes- und Gemütsgaben zwecks baldiger, kameradschaftlich gehaltener Ehe kennenzulernen. Suchender ist vorurteilsfrei. Offerten mit näheren Angaben unter Chiffre …
     
    Du, jemineh … Suchender ist vorurteilsfrei …, und da:
     
    Sympath. Herr m. eigenem, schön. Detailgeschäft, gutsit., mit Auto, sucht ernsthafte BEKANNTSCHAFT zwecks bald. Heirat mit nur hübscher, geschäftsfreudiger Tochter (24 – 30 Jahre). Ich trachte auf eine frohmütige, einfache Tochter aus guter Schweiz.-Familie und erbitte gefl. Offert. mit Bild unter …
     
    Jesses, Maria und Josef – pfui! Am allerschrecklichsten aber nahmen sich diejenigen Affichen aus, welche ohne das Wissen der betroffenen »Tochter«, hinter deren Rücken also, aufgegeben worden waren. Wer konnte ahnen, ob hinter einem dieser hinterhältig ausgeklügelten Pläne nicht sogar ihre eigenen Eltern steckten? Ihre Eltern, die sich der rothaarigen Schmach auf diese Art entledigen wollten?Alda griff sich die Zeitungsstapel und las und las und las und las.
     
    EINHEIRAT in ein bedeutendes, alteingeführtes Speditionsgeschäft, mit eigenem Geleiseanschluss und Spezialverkehr im In- u. Ausland, bietet Zwanzigerin, sehr hübsch und wohlerzogen, sportliebend und musikalisch. Ferner suche ich für Fabrikbesitzerstochter, Mitte 20, apartes Äußeres, 300‘000 Vermögen, geeigneten Lebensgefährten. Ausführli. Zuschr. erbeten. Besuch täglich von 12– 6 Uhr, Sonntag 12–2 Uhr. Auf Wunsch Abholung mit meinem Auto.
     
    Gottseidank, das klang nicht nach dem Tonfall ihrer Eltern. Aber Alda suchte und kramte und überprüfte jede Zeitung, jede einzelne Annonce erneut.
     
    Sehr gut situierte Eltern suchen ohne Wissen der Tochter gesunden und tüchtigen LEBENSGEFÄHRTEN, protestantisch, nicht unter 30 Jahren, in sicherer Lebensstellung. Akademiker od. höherer Beamter bevorzugt. Die fragl. Tochter ist 22 Jahre alt, hübsch, gesund, feinfühlend, musikalisch, sportliebend und hat gute Allgemeinbildung. Offerten unter Chiffre …
     
    Glück gehabt. Hübsch würde man sie bestimmt nicht nennen.
    Aber: Was würde man denn bei ihr schreiben? Würde ihr Aussehen ausreichen für ein »sympath. Erscheinung«? Oder würde man das Äußere einfach außer Acht lassen und auf ihre strenge Disziplin, ihre Ordentlichkeit, den guten Abschluss hinweisen?
    Und gäbe es für sie eine Mitgift? Alda suchte bekümmert weiter und durchforstete die Inserate
»Einheirat Leder«, »Dasjenige Fräulein«, »Kameradin«, »Des Alleinseins müde«
und viele ähnliche mehr, bis sie erschöpft und nassgeschwitzt aufgab.
    Draußen hörte sie, wie el doctor in der Küche herumrumorte. Bald würde er wieder vor ihre Türe treten, dort stehen bleiben und seinen Schatten unter dem Türspalt hindurch zu ihr ins Zimmer werfen. Alda empfand das Leben als Frau plötzlich als unerträglich.
    Zu ihrem großen Schrecken erblickte sie auch noch den Gipfel aller Grausamkeiten und traute ihren Augen kaum, als sie las:
     
    Sexual-Schwäche. Spezialmassage. Methode Prof. Zabludowski. 23-jährige, erfolgreiche Praxis. Ärztlich empfohlene, medizinische Massage von pat. Masseur; wochentags 8–12 Uhr, nachmittags nach Vereinbarung. Verlangen Sie unseren Prospekt!
     
    Das war genug der Ungeheuerlichkeit. Wenn ich denn um dieses Unglück schon nicht herumkommen kann, so doch lieber mit einem selbst gewählten, ehrbaren und aufrechten Schweizer Mann – und diesen dann ausschließlich für mich!
    Und Alda fasste einen Plan. Rothaarig, teufelshändig und in steter Gefahr, von den falschen Männern begehrt zu werden, wollte sie ihr Schicksal selber in die Hand nehmen und couragiert nach vorne schauen. Mutig raffte sie die Zeitungen