Die Saga vom Eisvolk 10 - Wintersturm
Stück zur Seite, dort riss er Büsche und kleine Bäume aus und grub mit seinem Messer und den Händen ein Loch. Dann holte er aus seinem Rucksack eine geteerte Plane.
Villemo hatte sich in der Zeit umgezogen. Er wickelte die Fellkleidung in die Plane und verschnürte alles. Unten im Loch hatte er abgebrochenes Holz über Kreuz gelegt, darauf legte er nun das Paket. Dann füllte er das Loch, setzte noch einige Sträucher ein, trat alles mit den Füßen fest und streute etwas Laub darüber.
»So«, sagte befriedigt, »die Sachen findet niemand, und wenn wir sie brauchen, können wir sie uns holen. Komm«, er nahm sie bei der Hand und führte sie aus dem Wald. Abrupt blieben sie stehen - vor ihnen auf einem flachen Hügel lag ein gewaltig großer Hof. Das war unzweifelhaft ein Gutshof im alten norwegischen Stil, unzählige Katen umkränzten den Hof. »Zweibrunnen«
hieß der Hof. In der Mitte thronte das zweistöckige Haupthaus, alles war aus Holz, auch mit einem Balkon rund ums Haus, mit geschnitztem Geländer. Prachtvolle Lagerhäuser zu beiden Seiten und fruchtbare Felder, so weit man sehen konnte, rundum die riesigen Wälder. Dieser Gutshof war der größte, den beide je gesehen hatten. Das alles drückte eine ungeheuere Macht und Pracht aus.
»Du hältst deinen Mund soweit wie möglich, du sprichst zu vornehm, lass mich das besorgen.«
Sie wurden von einer unverschämt alten Dienstmagd empfangen, die sie ins Herrenzimmer führte. Eldar blieb in der Tür stehen und verbeugte sich tief. Villemo stand hinter ihm, sie versuchte, recht imponierend aus zusehen, was ihr mit einem vornehmen Knicks glückte. Da saß ein Paar in schweren Klubsesseln und glotzte die beiden an. Verfressen und verschlagen waren beide, das sah man auf den ersten Blick. Er trug prächtig besticktes Loden, sie war gediegen in Schwarz gekleidet. Villemo erschrak über die Augen der Frau, sie gefiel ihr auch sonst nicht - wie eine große, fette Spinne saß sie da, mit schwarzen, dicken Augenbrauen und stechenden Augen, die Unterlippe hing weit vor ihrem Kinn, die fleischige Nase hing fast über dem Mund. Die Haare waren eisgrau und streng zurückgekämmt, einen Anflug von Bart hatte sie auch, übrigens war es schon mehr als ein Anflug. Der Mann hatte nur Fett, am ganzen Körper schwabbelte es, er schielte mit seinen kalten Augen, dünnes Haar bekränzte seinen Schädel.
»Was wollt ihr?« sprach er abweisend.
»Wir möchten gerne in Ihren Dienst treten, mein Herr.« sagte Eldar mit einer Stimme, die Villemo noch nie gehört hatte.
»Das ist meine kleine Schwester, für die ich die Verantwortung habe, wir sind heimatlos und ohne Familie und brauchen ein Dach über unseren Köpfen. Wir arbeiten beide gut und sind auch willig. Unsere Mutter war dänisch, deshalb möchten wir gerne hier arbeiten.«
»Komm her«, sagte die Frau bissig zu Villemo. Sie ging ängstlich näher und knickste wieder. Die Frau griff fest in Villemos Kleid.
»Guter, schwerer Stoff - wo hast du das her, Mädchen?«
»Eine alte Dame hat es mir geschenkt, sie konnte es nicht mehr tragen, es wurde zu eng, Euer Gnaden.«
» ‚Euer Gnaden’ «, lachte sie hämisch, fühlte sich aber geschmeichelt. »Aber was sehe ich in deinen Augen? Pfui, die Augen gehören dem Teufel.«
Villemo schluchzte, Tränen waren in ihren Augen. »Das sagen alle Menschen, Euer Gnaden, aber es war so, dass meine Mutter von einer gelbäugigen Katze erschreckt wurde, als sie mit mir schwanger ging, und so wurde ich mit diesen Augen geboren. Ich war jeden Sonntag in der Kirche und betete, dass der Herr mir andere Augen gebe.«
Sie macht das gut, dachte Eldar verblüfft, ihre Sprache ist akkurat ländlich und bäuerlich, keine Übertreibungen. Ihre Manieren, die ihm immer Sorgen gemacht hatten - prachtvoll. Ja, Gott helfe mir, ich will sie haben. Er hatte ihn noch vor seinen Augen, den zerkratzten Venushügel, den er zart mit seinen Fingern berührt hatte. Die Wölbungen ihrer Hüften und das – in ihren Augen – »Ekelhafte da unten« war für ihn die Erfüllung seiner Träume. Ich will das wiedersehen, will, muss! Mit einem heftigen Atemstoß zwang er sich in die Gegenwart. Er sah, wo die Augen des fetten Großbauern ruhten, sein lauernder Blick sagte alles. Dieses alte Schwein will sie auch haben, dachte er schockiert. Eine gewaltige Eifersucht kam über ihn. Der alte Bock, dem zeige ich es. Der fette, widerliche Hurenbock zieht meine Villemo mit den Augen aus! Meine Villemo, was dachte er
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