Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
Bergen herrscht längst kein Frost mehr«, meinte Sunnivah. »Die gute Mino They macht sich wirklich zu viel Sorgen.« Lachend steckte sie die Flasche und die Handschuhe in ihren Rucksack. Danach verstauten die Gefährten auch die anderen Sachen, die Naemy besorgt hatte, und setzten sich anschließend um das Feuer, um zu beraten, wie es weitergehen solle.
»Bevor ich euch durch die Zwischenwelt zum Himmelsturm bringe, muss ich euch noch einmal verlassen«, erklärte Naemy.
»Warum?« Fayola klang bestürzt. Sie hatte gehofft die Lichtung schon bald verlassen zu können. Seit dem frühen Morgen plagte sie eine seltsame Unruhe, die schlimmer geworden war, je weiter die Sonne über den Himmel wanderte. Jetzt, gegen Abend, war die Unruhe einem beängstigenden Gefühl drohender Gefahr gewichen, das Fayola kaum zu ertragen vermochte.
»Das Rebellenheer lagert in den Valdor-Bergen und steht unmittelbar davor, auf Nimrod zu marschieren«, sagte Naemy ernst. »Ich selbst bin nicht ganz unschuldig daran, dass es dazu gekommen ist. Über meiner Gefangennahme und den Ereignissen in der Festung habe ich ein Versprechen, das ich dem Anführer der Rebellen gab, bevor ich aufbrach, völlig vergessen. Wenn ich mich beeile, dann kann ich das Schlimmste vielleicht noch verhindern. – Die Rebellen dürfen Nimrod auf keinen Fall angreifen, bevor die Göttin ihren Stab zurückerhalten hat, sonst haben sie nicht die geringste Chance.«
Fayola war überhaupt nicht damit einverstanden, den Aufbruch zu verschieben. »Wenn du unbedingt gehen musst, dann gleich«, bat sie. »Je eher wir von hier fortkommen, desto besser. Ich habe das ungute Gefühl, dass wir hier nicht mehr lange sicher sind.«
Auch in den Gewölben der Magier war alles bereit.
Auf den steinernen Boden hatten Diener ein riesiges Pentagramm gezeichnet. Es war so groß, dass außer dem Quarlin noch acht Krieger in seiner Mitte Platz fanden.
Eine fast greifbare Spannung hatte von allen Besitz ergriffen und machte die Luft schwer. Nur der Quarlin saß gelassen inmitten der Krieger und blinzelte mit seinen gelben Raubtieraugen in den Schein der Fackeln, die das Gewölbe erhellten. Trotz der langen Gefangenschaft und seines hohen Alters war der Quarlin noch immer ein Furcht einflößendes Geschöpf.
Tarek, der ein solches Wesen nur aus den Legenden kannte, konnte nicht umhin, die kraftvolle Schönheit und das seidige Fell des muskulösen Tieres zu bewundern, und hielt respektvollen Abstand zu den beiden langen gebogenen Säbelzähnen des Quarlin und dessen klauenbewehrten Pranken. Insgeheim fragte er sich, wie sich die acht Krieger fühlen mussten, die rund um den Quarlin Aufstellung bezogen hatten und ungeduldig darauf warteten, ihren Auftrag zu erfüllen.
Keiner der Krieger wusste, wie gefährlich das Wesen an ihrer Seite wirklich war. Sie ahnten auch nicht, dass wahrscheinlich nur einer von ihnen die Festung wiedersehen würde. Alle waren auf die großzügigen Versprechungen hereingefallen, die der oberste Kriegsherr ihnen in Aussicht stellte, damit sie seinem Plan zustimmten.
Tarek sah es in ihren Augen. Die Krieger brannten darauf, die Elfe zu fangen, und hofften, schon bald zurückzukehren, um dann in dem ihnen versprochenen Reichtum und Überfluss leben zu können.
Endlich hob Asco-Bahrran die Hand und sprach die magischen Worte. Die Krieger und der Quarlin begannen zu verschwimmen und wenige Augenblicke später war das Pentagramm leer.
»Es wird nicht lange dauern, das verspreche ich euch.« Naemy hatte die Spitzen des Pentagramms mit neuen Schriftzeichen versehen und trat in die Mitte des fünfzackigen Sterns. Doch sie machte sich nicht sofort auf den Weg. Einer plötzlichen Eingebung folgend griff sie in ihren Rucksack und reichte Sunnivah einen kleinen braunen Beutel.
»Was ist das?«, fragte Sunnivah erstaunt. »Ist das nicht der Beutel, den du…«
»Das ist jetzt nicht wichtig«, unterbrach sie Naemy. »Aber der Inhalt des Beutels ist sehr wertvoll und deshalb möchte ich, dass du gut auf ihn Acht gibst, während ich fort bin.«
»Du kannst dich auf mich verlassen!« Sunnivah nahm den Beutel fest in die Hand.
Naemy nickte und machte sich bereit. Sie wusste, dass sie es sehr viel leichter haben würde, den Anführer der Rebellen zum Abwarten zu bewegen, wenn Sunnivah sie begleitete. Dennoch hielt sie es nicht für ratsam, wenn die beiden sich jetzt schon begegneten. Sunnivah war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten und es stand zu befürchten,
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