Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
der Zunge befeuchten, bevor sie antworten konnte. »Ich muss. . . « Kiany zuckte zusammen. Jeder Muskel in ihrem Gesicht schmerzte. Nach dem Schlag des Wachtpostens war ihre Wange angeschwollen und ein Auge lief bereits dunkel an. »Im Namen der Göttin, lasst sie los! « , herrschte Naemy die Männer an. »Seht ihr nicht, wie sie leidet?«
»Sie hat mich gebissen! « , verteidigte sich der eine und hob zum Beweis die blutende Hand. »Sie muss verrückt geworden sein.« Trotzdem kam er der Aufforderung der Nebelelfe nach und ließ Kiany los. Der andere tat es ihm gleich.
»Danke!« Schwankend rieb sich Kiany die schmerzenden Handgelenke.
»Du hast nach mir gerufen«, sagte Naemy, während sie Kiany den Arm um die Schultern legte und sie zu einem Holzkarren führte. »Warum? Und woher kennst du meinen Namen?« Kiany antwortete nicht sofort. Ängstlich sah sie sich nach den beiden Wachtposten um, die sich umgewandt hatten und ihre Plätze vor der Treppe wieder einnahmen. »Ich habe Euch mit dem Riesenalp vor der Inneren Festung landen sehen«, sagte sie so leise, dass Naemy die Worte über den Lärm des Feuerzaubers hinweg kaum verstand. Vorsichtig half sie Kiany auf die Ladefläche des Karrens und setzte sich neben sie. »Der Abner nannte Euren Namen«, fuhr Kiany fort. »Ich habe Euch im hinteren Teil der Tribüne gesehen und hoffte, Ihr würdet mich hören.«
»Ich habe dich gehört.« Naemy schmunzelte. Dann verschwand das Lächeln und sie wurde wieder ernst. »Warum wolltest du auf die Tribüne ? «
»Ich wollte zur Priesterinnenmutter. Ich . . . « Kiany stockte. Plötzlich war sie so aufgeregt, dass sie erst tief Luft holen musste, bevor sie weitersprechen konnte. »Ich .. . ich habe .. . etwas Schreckliches ist geschehen . . . vorhin. Ich glaube es zumindest.«
»Etwas Schreckliches?« Naemy runzelte die Stirn. »Während alle hier draußen auf dem Fest waren? Wie kommst du darauf?«
»Es ist so ein Gefühl. Ich wurde ohnmächtig und als ich erwachte, wusste ich, dass etwas Schreckliches passiert war. Ich hatte es gesehen.«
»Ohnmächtig ist ziemlich untertrieben.« Manou hatte sich nach anfänglichem Zögern ein Herz gefasst und war näher getreten. »Sie wäre beinahe erstickt!«
»Manou?« An ihre Freundin hatte Kiany vor Aufregung gar nicht mehr gedacht.
»Ihr kennt euch?«, fragte Naemy. Sie fügte noch etwas hinzu, doch die Worte wurden von einem ohrenbetäubenden Donner verschluckt, der das Ende des Festes verkündete.
»Manou ist meine beste Freundin«, erklärte Kiany knapp, während der Nachhall des Donners zwischen den Häuserwänden verklang. Sie reckte den Hals und schaute zur Tribüne hinüber, wo sich noch immer nichts rührte. »Hilf mir, Naemy, bitte!«, flehte sie. »Ich muss zur Priesterinnenmutter. Wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren.«
»Helfen? Wobei?«, fragte die Nebelelfe und als Kiany nicht sofort antwortete, erklärte Manou:
»Kiany will der Priesterinnenmutter unbedingt von einem Traum erzählen, den sie während ihrer Ohnmacht hatte. Aber das darf sie nicht. Sie hat nämlich ständig Albträume. Die ehrwürdige Mutter will sie deshalb über den Winter nach Hause schicken.«
»Albträume?« Naemy wirkte plötzlich sehr aufmerksam. »Erzähl mir davon.«
»Aber ich muss. . . « Hilflos deutete Kiany zur Tribüne.
»Du kannst ganz beruhigt sein«, meinte Naemy. »Die Priesterinnenmutter kommt hier vorbei, sobald die abschließenden Gebete gesprochen sind. Dann kannst du sie sprechen. Also, was ist geschehen ? «
Kiany kaute aufgeregt an der Unterlippe und seufzte. Eigentlich wollte sie mit der Priesterinnenmutter sprechen, doch die ruhige, sachlich Art der Nebelelfe weckte ihr Vertrauen. Plötzlich konnte sie nicht länger warten. »Ich . . . ich habe einen Mann gesehen«, begann sie. »Im Traum. Er war in der Festung, da bin ich ganz sicher. Und dann war da noch eine Säule, die glänzte, als sei sie aus Kristall. Der Mann hat sie umgestoßen und die Säule ist zerbrochen . . . « Es tat so gut, sich jemandem anzuvertrauen. Nachdem sie einmal begonnen hatte, sprudelten die Worte nur so aus Kiany hervor und die Nebelelfe hörte ihr aufmerksam zu. » . . . er hat sich gebückt und etwas aufgehoben.«
»Weißt du, was es war?«
»Nein.« Kiany schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich konnte es nicht erkennen. Nur, dass es orangefarben war.«
»Orange?« Naemy runzelte die Stirn. Eine Kristallsäule und etwas Orangefarbenes ? Das konnte doch nur . . . Unruhig
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