Die Samenhändlerin (German Edition)
warf er Helmut einen wütenden Blick zu. Verstreute seinen Samen im ganzen Land, der Hallodri!
»Ich bekomme ein Kind von Ihrem Sohn. Von einem Samenhändler. Und ich möchte, dass mein Kind auch ein Samenhändler wird! Ich möchte, dass mein Kind den Namen seines Vaters trägt. Es ist doch ein ehrbarer Name, oder?«
Gottlieb Kerner glaubte nicht richtig zu hören. Das war ja … unverfroren!
»Selbstverständlich ist unsere Familie ehrbar! Da kannst du jeden fragen! Und wir gehören zu den erfolgreichsten Händlern im ganzen Dorf, nicht wahr, Vater?«
Mit voller Wucht trat Gottlieb unter dem Tisch zu, erwischte jedoch ein Stuhlbein anstelle von Helmuts Fuß. War der Junge verrückt? Jetzt fehlte nur noch, dass er die Kernerschen Reichtümer aufzählte!
»Mir geht es nicht um Geld«, erwiderte Hannah, als könne sie Gedanken lesen.
Wenn sie das Wackeln des Tisches bemerkt hatte, ließ siesich nichts anmerken. Gottlieb Kerner kam sich erneut vorgeführt vor. Von einer Frau noch dazu!
»Natürlich ist Geld nicht unwichtig, man will ja schließlich nicht hungern. Aber ich habe gelernt, dass es einem nicht umsonst zufliegt. Fleiß, Ehrlichkeit und Ehrbarkeit sind dafür nötig, das haben meine Eltern mir von klein auf beigebracht. Das ist mir wichtig!«
Gottlieb Kerner nahm einen Schluck Bier. Das Gespräch lief ganz und gar nicht so, wie er es geplant hatte. Der Geldsack, den er mitgebracht hatte, hing schwer und nutzlos an seinem Hosenbein herab. Innerhalb weniger Minuten waren ihm die Fäden aus der Hand geglitten. Stattdessen war es diese Hannah, die nun den Ton angab.
Um Zeit zu gewinnen, holte er seine Pfeife aus der Tasche und begann umständlich, sie zu stopfen. Sie wollte also kein Geld, soso. Das machte die Sache nicht leichter. Musste er sich also eine neue Strategie überlegen, eine, die zu der Fremden passte. Unauffällig schaute er zu ihr hinüber.
Die Schönste war sie nicht gerade, kein Vergleich zu Seraphine, aber als hässlich konnte man sie auch nicht bezeichnen. Ein wenig … grobschlächtig vielleicht. Andererseits war an dem Weib wenigstens etwas dran, es war nicht so ein Stängel, den der erstbeste Windhauch umhauen konnte. Und wie ihre Augen funkelten! Mumm hatte sie, das war unbestritten. Kein Wort der Entschuldigung dafür, dass sie sich mit Helmut eingelassen hatte. Sie hatte nichts, aber auch gar nichts von einem gefallenen Mädchen an sich, ihr Blick war offen und ohne jede Scham.
»Ich kann arbeiten, gut arbeiten. Das bin ich gewohnt. Und ich bin eine robuste Natur!« Hannah lachte. »Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal krank gewesen bin. Selbst als im vergangenen Frühjahr bei uns im Viertel die Ruhr umging, blieb ich verschont.«
Gottlieb Kerner winkte ab. »Du brauchst dich nicht wie eine Kuh auf dem Markt anzupreisen«, sagte er betont barsch.
Hannah zuckte kurz zusammen. »Ich dachte nur, es wäre wichtig für Sie, zu wissen, was für eine Schwiegertochter Sie bekommen.«
Schwiegertochter?
Bevor Gottlieb Kerner etwas sagen konnte, fuhr sie fort: »Ich werde Ihrem Sohn eine gute Frau sein.« Sie nahm Helmuts Hand, der dies verdutzt geschehen ließ. »In guten wie in schlechten Zeiten, so heißt es doch, oder? Damals, als es deinem Bruder so schlecht ging und du außer dir vor Sorge warst, war ich für dich da. Ich werde immer für dich da sein. Und ich werde alles lernen, was nötig ist, um eine gute Samenhändlerfrau zu werden.«
Inzwischen vollkommen sprachlos, schaute Gottlieb von einem zum anderen. War das sein Sohn, der so dümmlich lachte? Wo waren Helmuts große Sprüche geblieben? Sein Sohn, das Großmaul! Er schnaubte. Wer in dieser Ehe die Hosen anhaben würde, war jetzt schon klar! Er erschrak, als er sich der Tragweite dieses Gedankens bewusst wurde. Verflixt nochmal, es gab doch schon eine zukünftige Schwiegertochter! Was sollte er mit zweien?
Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, nach Hause zu gehen und die ganze Angelegenheit mit Wilhelmine zu besprechen. Aber die war ihm vorhin auch keine große Hilfe gewesen: Mit großen Augen, fassungslos, hatte sie Helmuts Beichte gelauscht, war dann aufgesprungen und hatte das Gebetbuch geholt, das sie nach dem Gottesdienst auf der Anrichte abgelegt hatte. Darin hatte sie wie wild geblättert, als stünde die Lösung auf einer bestimmten Seite. Zudem wartete zu Hause auch noch sein Schwiegersohn, der Herr Apotheker aus Reutlingen, der sowieso immer alles besser wusste. Wie entsetzt
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