Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
nackter Hand.«
Sie kicherte, doch dann wurde sie wieder ernsthaft. »Schon gut, ich sage nichts mehr über deinen Lehrmeister. Ihm kannst du ebenso wenig entkommen wie deinem Schicksal, also lass uns ziehen.«
Ich nickte und reichte ihr meine Hand. Sie konnte unmöglich neben mir herlaufen, auch wenn sie ein magisches Wesen war.
Die Kitsune sah mich erstaunt an, als würde sie meine Geste nicht verstehen. »Was willst du?«, fragte sie.
»Ich wollte dir helfen, aufs Pferd zu kommen. Du möchtest doch nicht den ganzen Weg laufen, oder?«
»Nein, das wollte ich nicht, und ich danke dir für dieses großzügige Angebot.« Damit sprang sie in die Höhe, verwandelte sich noch im Sprung in einen Fuchs und landete sicher auf Akihikos Kruppe. Der erschrak ein wenig, doch ich brachte ihn schnell dazu, sich wieder zu beruhigen.
»Ruhig, mein Freund, sie wird dir nichts tun«, flüsterte ich, während sich die Fuchsfrau auf seinem Rücken zusammenrollte und sich an sein Fell schmiegte.
30
Ohne dass sich die Räuber noch einmal blicken ließen, durchquerten wir den dunklen Wald und erklommen schließlich die Anhöhe. Von hier aus hatte man einen guten Blick auf die umliegenden Berge und Täler. Ich versuchte, das Kloster zu erkennen, doch es gelang mir nicht.
Weiter ging es über eine große Wiese, dann wieder auf einen Wald zu. Die Fuchsfrau blieb auf der Kruppe des Pferdes sitzen und rührte sich nur dann, wenn sie den Kopf hob, um zu sehen, wo wir waren.
Mir gingen viele seltsame Fragen durch den Kopf. Ich fragte mich, was die Kitsune aß, ob sie überhaupt aß, ob sie den Schlaf wirklich brauchte oder ob sie so war wie Hiroshi – dass sie alles vortäuschte, aber in Wirklichkeit nichts zum Leben benötigte.
Gegen Abend wurde es mir zu langweilig, und ich beschloss, mich mit ihr zu unterhalten.
»Du sagtest, dass es überall in diesem Land Kitsune gibt, deine Schwestern sozusagen«, begann ich. »Wie steht es mit dem Wald, leben hier auch noch weitere?«
Meine Begleiterin schüttelte den Kopf. »In diesem Wald bin ich die Einzige – jedenfalls soweit ich weiß. Fuchsweiber treffen sich selten, und wenn, dann geben sie sich nicht mehr als notwendig miteinander ab.«
»Gibt es auch Fuchsmänner?«
Diese Frage ließ mich rot werden. Die Kitsune aber lachte nur.
»Natürlich gibt es sie! Doch viele von uns ziehen Menschenmänner vor, sie sind einfach interessanter.«
»Aber Fuchsmänner können sich doch sicher auch in Menschen verwandeln wie ihr?«
»Das können sie und das tun sie auch, um Menschenfrauen zu verführen. Wie sonst könnte sich unser Volk erhalten? Allerdings gehen wir nur sehr selten ernsthafte Verbindungen ein, und wenn doch, so halten sie meist ein Leben lang. Und es ist uns auch nicht immer vergönnt, Kinder zu empfangen. Das geht nur zu ganz bestimmten Zeiten, und deshalb gibt es immer noch mehr Menschen als Kitsune in diesem Land.«
Angesichts dieser deutlichen Worte wurden meine Wangen noch heißer. Gleichzeitig fragte ich mich, ob man es wohl erkennen konnte, wenn man einem Fuchsmann statt einem Menschenmann gegenüberstand.
Als ich der Kitsune diese Frage stellte, lachte sie mich aus.
»Ich glaube schon, dass du es erkennen würdest. Daran, dass er wesentlich dreister und aufdringlicher ist als ein Menschenmann.«
»Deshalb also schätzt ihr die Menschenmänner?«, fragte ich und musste nun auch lachen.
»So ist es! Und wegen anderer Vorzüge, aber das wirst du noch lernen, kleine Tomoe.«
Ich war mir nicht so sicher, aber während des weiteren Weges stellte ich mir vor, dass es im Gefolge des Fürsten Yoshinaka vielleicht auch einige Fuchsmänner gab, tollkühne Krieger, die dafür sorgten, dass seine Heere so siegreich waren. Falls die männlichen Kitsune über dieselben Fähigkeiten verfügten wie meine Begleiterin, war ihm das nur zu wünschen.
»Wie ist das eigentlich mit der Magie?«, erkundigte ich mich etwas später, denn wenn die Kitsune erzählte, verging die Zeit viel schneller. »Beherrscht ihr sie von Kindesbeinen an, ich meine, werdet ihr schon so geboren?«
»Eine seltsame Frage.« Die Füchsin gähnte, und ich fragte mich, ob ich sie nicht vielleicht langweilte oder ihr mit meinen ganzen Fragen auf die Nerven ging. »Natürlich beherrschen wir die Magie von Kindesbeinen an. Aber es gibt Füchse und es gibt Kitsune. Füchse leben einfach so dahin, jagen Mäuse und Hasen, schlagen sich die Bäuche voll und ziehen ihre Jungen groß. Kitsune hingegen können
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