Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
eine fertige Liste auf die Theke. »Hast du diese Sachen da?«
Nach einem raschen Blick seufzte Tori. »Hoffentlich hat dich niemand hier hereinkommen sehen.«
»Für wen hältst du mich?«, antwortete Dubhe nur mit einem Lächeln. »Gut, ich will dir helfen«, ließ sich Tori erweichen. »Aber nur unter einer Bedingung: Wir haben uns seit vielen Monaten nicht mehr gesehen!« »Das versteht sich von selbst.« So gab der Gnom ihr alles, was sie brauchte. Auch das Fläschchen, das sie nun, auf den Kerkermeister wartend, rasch hervorholte, zusammen mit einem Lappen, den sie mit der Flüssigkeit daraus tränkte. Schon war der Mann da. Dubhe sprang aus ihrem Versteck, überraschte ihn von hinten und presste ihm den Lappen auf den Mund. Nur wenige Augenblicke reichten, und sein grobschlächtiger Körper sank lautlos und schlaff zu Boden. Wieder rührte sich die Bestie und verlangte nach Blut, doch Dubhe widerstand ihrem Lockruf. Stattdessen löste sie dem Mann das Schlüsselbund vom Gürtel und begann dann, in seinen Taschen zu kramen. Kurze Zeit später stießen ihre Finger auf ein Pergament, das sie rasch hervorholte und entrollte. Sie hatte Glück. Es handelte sich um einen Plan vom Kerkertrakt der Akademie, auf dem in allen Einzelheiten die Lage der Zellen und deren Belegung beschrieben waren.
Es würde nicht leicht werden, in die Akademie hineinzukommen, denn Dohor hatte sie in eine Art Privatkaserne umgewandelt, in der er ihm ergebene Offiziere ausbilden ließ. Während sie vor dem Gebäude stand, musste Dubhe kurz an Ido denken, der dieser Institution viele Jahre seines Lebens geopfert hatte. Der Gnom wäre von diesen Veränderungen sicher nicht begeistert gewesen.
Die Akademie war ein trutziger, uneinnehmbar wirkender Klotz, dessen Tore allesamt von Soldaten bewacht wurden. Nur der Eingang zur Küche schien vernachlässigt zu werden, und Dubhe beschloss, es dort zu versuchen. Das Glück stand ihr auch hier zur Seite, denn der Riegel an der Tür war alt und verrostet. Sie brach ein, entrollte dann auf dem Tisch in der Mitte des Raumes den Lageplan und studierte ihn im Mondlicht. Die Kerker waren auf mehreren Stockwerken untergebracht. Viele Gefangene steckten in überfüllten Zellen, und in einer von diesen musste auch, wie Dubhe dem Plan entnahm, Theana zu finden sein.
Nur eine Zelle war anders. Sie war klein, lag etwas abseits von den anderen und schien schwer erreichbar. >Learco< stand daneben auf dem Plan. Wieder überkam Dubhe eine unbändige Wut auf Dohor. Doch wenn ihr Vorhaben gelingen sollte, musste sie sie zügeln. Das war es, was der Prinz sie während ihrer Begegnungen gelehrt hatte: einen Hoffnungsschimmer zu erkennen auch in der finstersten Hölle.
Noch einmal konzentrierte sie sich ganz auf den Plan und versuchte, sich den Weg genau einzuprägen. Nur die Hauptwachposten waren angegeben, nicht aber, wie viele Soldaten die einzelnen Zellen bewachten. Während sie darüber nachdachte, wurde ihr plötzlich klar, dass sie sicher würde töten müssen. Aber das schreckte sie nicht. Hätte sie ihre Seele verkaufen müssen, um Learco zu retten, hätte sie auch das getan. Denn wenn er überlebte, würde sie selbst niemals wirklich sterben.
Sie rollte den Plan zusammen und steckte ihn ein, wickelte dann das Schlüsselbund in ein Stück Stoff und war fertig.
Halbleer waren die Flure auf dem obersten Stockwerk des Kerkertrakts, wo die gewöhnlichen Verbrecher untergebracht waren. Die Bewachung war schwach, und als Dubhe vor der ersten Gittertür stand, hatte sie genug Zeit, um in Ruhe den passenden Schlüssel zu suchen und aufzusperren.
Sie schlüpfte hindurch und bewegte sich nun noch umsichtiger und vorsichtiger, um nur keinen Laut zu machen. Das vergitterte Kabuff der Wachen war nicht weit entfernt. Zwei waren es, wie sie im matten Lichtschein der Fackeln in dem Gang zu sehen meinte. Kriechend schlängelte sie sich durch den Schatten, den die Wand des Kabuffs auf den Fußboden warf, und erst als sie sicher war, dass die Soldaten sie nicht bemerkt hatten, erhob sie sich, während ihr Herz heftig schlug. Sie wartete kurz und rannte dann im richtigen Moment zu der ersten Verzweigung. Doch kaum um die Ecke gebogen, erstarrte sie. Eine weitere Wache kehrte ihr den Rücken zu. Ohne lange nachzudenken, nahm sie den Lappen, den sie schon bei dem Kerkermeister benutzt hatte, packte den Mann von hinten und presste ihm den Stoff auf den Mund. Schon sackte er in sich zusammen. Sie öffnete eine leere Zelle und
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