Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
nickte er in der Hoffnung damit die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
»Danke!«, rief Ydath mit glänzenden Augen und fügte, fast gerührt, hinzu: »Ich werde Wort halten, zum höheren Wohl unseres Volkes.«
Zu Fuß liefen die beiden Magier wieder zu ihrem Gasthaus hinunter. Es war spät, und der Gondelaufzug ruhte. Sie begegneten auch niemandem auf dem Weg: ein eigenartiges Bild für Lonerin, die Stadt so verlassen zu erleben. Mit großen Schritten ging Sennar voraus, so als habe er niemals ein lahmes Bein gehabt. Lonerin wusste mittlerweile, dass sich Sennar immer so verhielt, wenn er besonders erschüttert war. Es stimmte nicht, dass die Zeit alle Wunden heilte. Manche blieben auch bis in alle Ewigkeit offen, ohne Aussicht, sich jemals zu schließen.
»Immerhin haben wir unsere Mission erfüllt«, bemerkte Lonerin, als sie das Gasthaus fast schon erreicht hatten.
»Schon«, antwortete Sennar mit resignierter Stimme, »aber du wirst auch noch erfahren, dass man die Leere besonders spürt, wenn man ein Ziel erreicht hat.« Lonerin wusste nichts darauf zu erwidern.
Es war noch stockdunkel, als die Glocken zu läuten begannen. Sennar sprang aus dem Bett und rüttelte Lonerin wach. »Piraten«, rief er aufgeregt.
Lonerin schrak auf und rannte, nur mit einem Hemd bekleidet, ans Fenster, vor dem reges Stimmengewirr herrschte. Er blickte auf den Hafen hinunter und sah Schiffe und Lagerhallen in Flammen stehen. Was ihn aber noch mehr erschütterte, war die Tatsache, dass das Feuer vor allem den höher gelegenen Teil der Stadt erfasst zu haben schien. Sein Herz schlug schneller. »Ydath ...«, murmelte er, und ohne lange nachzudenken, hastete er die Treppe hinunter, entschlossen, zu Ydath zu rennen und nach dem Talisman zu sehen. Er musste etwas tun, egal was, doch unten im Schankraum versperrte ihm der Wirt den Weg. Im Nachthemd und mit einem verrosteten Schwert in Händen stand er da und wollte Lonerin nicht aus der Tür lassen.
»Vergiss es, mein Junge. Du kannst jetzt nicht raus. Draußen herrscht Krieg!« »Aus dem Weg, verflucht«, schrie Lonerin, doch Sennar hielt ihn an der Schulter fest.
»Das hat keinen Sinn. Die plündern schon längst dort oben. Wir können nur warten.«
»Aber wir müssen doch etwas tun. Vielleicht braucht Ydath unsere Hilfe ... Wir könnten ...«
»Uns umbringen lassen«, führte Sennar den Satz zu Ende. »Warst du noch nie im Krieg?«
Lonerin blieb nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln.
»Ich schon. Aber die Zeit ist vorbei, dass ich mit meiner Magie gegen Soldaten ankam. Wir können nichts anderes tun, als hier ruhig sitzen zu bleiben und zu warten.«
Lonerin ballte die Fäuste, während der Alte wieder die Treppe hinaufstieg. Am nächsten Morgen war Barahar eine geplünderte Stadt. Weinende Menschen irrten in den Trümmern ihrer Häuser umher, die Überlebenden stiegen über die Leichen der Soldaten, die in den Gassen den Weg versperrten. Es war ein verheerender Piratenüberfall, bei dem auch die Villa des Sammlers nicht verschont geblieben war.
Als Sennar und Lonerin, die sich sogleich auf den Weg gemacht hatten, dort eintrafen, fanden sie Ydath im Garten. Mit vom Rauch geschwärztem Gesicht, die Gewänder zerrissen, war er damit beschäftigt, die leblosen Körper seiner
Diener aus dem Haus zu tragen. Er schien die beiden nicht zu erkennen. »Es war so hell, dass man glaubte, es sei Tag«, murmelte er wie betäubt, ohne noch etwas hinzuzufügen. Sennar war sofort klar, dass der Mann zu erschüttert war, um ihnen jetzt von Nutzen sein zu können.
Daher betraten sie allein die Villa und schlugen sofort den Weg zu dem Saal mit seiner Kunstsammlung ein.
Vieles, was bei ihrem letzten Besuch noch ordentlich in den Regalen gestanden hatte, lag jetzt zersplittert am Boden. In diesem ganzen Durcheinander etwas zu finden, war fast aussichtslos, doch sie gingen auf die Knie und begannen, in den rußgeschwärzten, teilweise noch glühenden Überresten herumzuwühlen. »Verflucht!«, rief Lonerin irgendwann und schleuderte einen Kelch in die Ecke. Der Talisman war nicht mehr da.
Verliese
Drei Tage waren seit dem Gemetzel in Makrat vergangen. Die Soldaten hatten
die ganze Stadt durchkämmt, um jeden aufzuspüren, der auch nur im Entferntesten etwas mit der Verschwörung zu tun haben konnte, und die Spuren dieser Jagd waren noch gut sichtbar. Eine Ausgangssperre war verhängt worden, und der Geruch von Blut und verwesendem Fleisch lag schwer über der Stadt. Im
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