Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
mit meinem jetzigen Aussehen auch erkennen?, dachte sie erleichtert. Renni reichte Learco die Ketten.
»Löse sie!«, befahl der Prinz, und der andere nickte eilfertig und begann, in seinen Taschen nach dem Schlüssel zu kramen.
»Hoch lebe der Prinz«, rief jemand aus der Menge. Ein anderer tat es ihm nach und wieder ein anderer, bis der ganze Platz applaudierte und den künftigen König feierte, der so großherzig war, so stattlich und schön.
Learco schenkte dem keine Beachtung und führte die beiden Mädchen von dem Holzpodest herunter.
»Danke, Hoheit, danke ...«, murmelte Theana mit heiserer Stimme, sichtbar erleichtert.
»Ich habe nichts Besonderes getan«, erwiderte Learco.
Dubhe fiel auf, dass sein Blick noch trauriger und erloschener wirkte, als sie ihn in Erinnerung hatte. Doch jetzt musste Schluss sein mit diesen wehmütigen Gedanken. Kein Zweifel, das Glück hatte ihnen eine einmalige Chance zugespielt, und die mussten sie ergreifen.
»Fühlt euch in keiner Weise an mich gebunden«, fügte der Prinz, sich an beide wendend, hinzu. »Kehrt nach Hause zurück, ihr seid frei.«
Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da wandte er sich schon ab und entfernte sich. Sein Umhang blähte sich in der klaren Morgenluft, und Dubhe erinnerte sich an eine ähnliche Situation, einen anderen Umhang, einen anderen Mann, der versucht hatte, sie ihrem Schicksal zu überlassen.
»Wartet! «
Learco blieb stehen und drehte sich um.
»Wir haben keinen Platz mehr, wo wir hingehen könnten«, sagte Dubhe mit stockender Stimme, während sie sich die Handgelenke massierte. »Unser Dorf wurde niederge brannt, und hier sind wir der Front so nahe ... Ihr wisst ja selbst, welche Gefahren Frauen drohen, die in Kriegszeiten allein unterwegs sind. Was hätte es für einen Sinn, uns zunächst zu retten und uns dann wieder unserem Schicksal zu überlassen?«
Der junge Prinz blickte sie durchdringend an. Seine tiefgrünen Augen glänzten, doch diese kräftige Farbe stand in merkwürdigem Kontrast zu der Resignation, die sie ausstrahlten. »Ich bin nur ein Soldat und bringe mein Leben auf dem Schlachtfeld zu. Ich kann euch nicht beschützen.«
Da fiel Dubhe auf die Knie und umklammerte seine Stiefel. »Ihr seid doch der Sohn des Königs! Ich bin sicher, bei Hof kann man zwei Mädchen wie uns immer gebrauchen. Wir sind sehr fleißig und mit vielen Arbeiten vertraut: Meine Schwester hat nach dem Tod unserer Mutter allein den Haushalt geführt. Habt Erbarmen, ich flehe Euch an ...«
Theana verstand sofort, was Dubhe im Sinn hatte, und so warf sie sich ebenfalls vor dem Prinzen nieder.
Statt einer Antwort wich dieser aber nur verlegen zurück. »Erhebt euch«, befahl er.
Dubhe gehorchte nicht, sondern sah mit kummervollem Blick zu ihm auf. An dem Mitleid in seiner Miene erkannte sie, dass er sich davon beeindrucken ließ. Er zögerte kurz und erklärte dann: »Ich bin unterwegs zu unserem Heerlager in Karva. Bis da könnte ich euch mitnehmen und dort jemandem anvertrauen, der euch zum Hof nach Makrat bringt, mit einer Empfehlung von meiner Seite. Zwar kann ich euch nichts versprechen, aber ...«
Dubhe sprang auf, ergriff seine rechte Hand und küsste sie. »Danke, danke!« »Genug jetzt«, erwiderte der Prinz, zog seine Hand zurück und rückte sich dann den Umhang auf seinen Schultern zurecht. »Ich mache mich heute Abend auf den Weg. Wenn ihr mir wirklich folgen wollt, dann findet euch bei Sonnenuntergang wieder hier ein.« Damit nahm er einige Münzen aus dem Quersack, den er an der Seite trug. »Kauft euch davon etwas zum Anziehen, etwas Richtiges «, sagte er, wobei er einen Blick über ihre Kleider schweifen ließ. Dann entfernte er sich und tauchte ein in die Menge.
Dubhe beobachtete, wie sich seine schlanke Gestalt in dem Gewusel auf dem Platz verlor. Ohne sich über den Grund im Klaren zu sein, fühlte sie sich benommen, und ihr war schwer ums Herz. Wieder war es Theana, die sie auf den Boden der Tatsachen zurückbrachte. Das Mädchen ergriff ihren Arm. »Du hast doch gesagt, dass wir freikommen würden«, sagte sie mit banger Stimme. Dubhe wandte ihr den Blick zu. Ihre Erleichterung war bereits verflogen. »Worüber beschwerst du dich? Wir wollten doch zu Dohors Palast in Makrat, und wer könnte uns besser dort Zugang verschaffen als der Königssohn?« Theana seufzte und ließ Dubhe los.
»Sei doch nicht so ängstlich, bei ihm wird uns sicher nichts geschehen.« Nun jedoch spürte Dubhe das Bedürfnis, allein zu
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