Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
konzentrieren, wie etwas schreiben, das wirklich gut ist?
Den Göttern sei’s gedankt, dass er eine Lösung gefunden hat – mit dem Bau seiner Gartenzinne! Goethe hat das Türmchen in der äußersten Ecke des Gartens so getauft, weil es wie eine Zinne auf der Mauer steht, und dieser Name passt gut zu seinem Refugium. Ein kleines Arbeitszimmer hat er sich darin eingerichtet, nah genug am Haus, um schnell dort zu sein, aber doch weit genug entfernt, um in Ruhe nachdenken und schreiben zu können. Der Blick auf den Garten mit seinem Obst, dem Gemüse, den Kräutern und den Blumen ist herrlich – was wollte er mehr?
Viele Stunden am Tag verbringt er nun dort, und weite Teile des „Wallenstein“ entstehen in seiner Gartenzinne. Und auch des Nachts ist sie sein Hort der Ruhe und der Inspiration, wenn er im Kerzenlicht durch das Zimmer wandert und einem unsichtbaren Freund vorträgt, was er schreiben will … Glücklich der, der einen solchen Ort sein eigen nennen darf!
Jeder sehnt sich nach Ruhe. Mal mehr, mal weniger ausgeprägt. Aber ganz ohne Ruhepausen, ohne Rückzugsmöglichkeiten kommt kein Mensch aus. Diese Erfahrung ist nicht neu, und auch für Schiller war sie es sicherlich nicht. Kurzzeitig mag Stress ja tolerabel sein, ja, er kann sogar zu höheren Leistungen stimulieren. Aber auf Dauer macht er krank. Ständige Erreichbarkeit beinahe rund um die Uhr gehört heute in vielen Berufen zur Selbstverständlichkeit. Umso wichtiger werden dabei die Phasen der Ruhe. Das Zauberwort heißt häufig Entschleunigung – und ein bewusster Abstand vom Alltag.
Schiller hat sich diese Oasen der Ruhe früh gesucht. Dies begann schon in der Karlsschule, die den Tagesablauf von früh bis spät mit militärischem Drill regelte. Schiller entfloh dieser Kasernenatmosphäre zumindest für einige Momente, indem er heimlich las, heimlich Gedichte schrieb, sich heimlich mit Gleichgesinnten traf.
Später, als junger Dichter, schuf sich Schiller ebenfalls genügend Rückzugsmöglichkeiten. In Bauerbach – dem wohl abgelegensten Winkel, der damals vorstellbar war – fand er Muße für seine „Luise Millerin“. Eine Muße, die er in Mannheim mit seinem turbulenten Theaterbetrieb nicht gehabt hätte – wie sich dann ja auch kurz darauf zeigen sollte.
Und als Ehemann und Familienvater? Auch da hatte Schiller stets seinen Rückzugsort, wo er in Ruhe schreiben konnte: Seine berühmte „Gartenzinne“ in Jena. Und zuletzt, in Weimar, das in freundlichen Grüntönen tapezierte Arbeitszimmer unter dem Dach. Bequem zu erreichen, in der Nähe der Familie – und doch ganz weit weg vom Alltagsgeschehen zu seinen Füßen. „Ich liebe sehr, dass die Hauswirtschaft ordentlich geht; aber ich mag das Knarren der Räder nicht hören.“ Dieser Satz Schillers, obwohl auf die persönliche Situation bezogen, hat allgemeine Gültigkeit.
Nicht umsonst raten Experten, dass jeder Mensch täglich ein Pensum an Zeit haben sollte, die nur ihm allein gehört: Eine Stunde lang die Lieblingsmusik hören, ohne gestört zu werden. Ein paar Jogging-Runden im Wald. Abtauchen im Swimmingpool. Die tägliche Vorabend-Serie im Fernsehen. Ein Cocktail nach Feierabend in der Bar oder ein Bier in der Eckkneipe. Oder eine kreative Stunde am Herd, um die Liebste oder den Liebsten mit einem De-Luxe-Abendessen zu verzaubern.
Mancher Mensch nimmt solche Auszeiten, solche Pausen vom Alltag auch am Stück (siehe Kapitel: „Genieße das Leben und den Erfolg“): Zwei Wochen im Kloster, ein Besuch im Ayurveda-Hotel oder vielleicht eine einwöchige Transatlantik-Passage auf einem Oceanliner, garantiert ohne Handy-Empfang … Doch es müssen nicht immer gleich die „großen“ Fluchten aus dem Alltag sein – auch wenn die ebenfalls sehr wichtig sind (siehe Kapitel „Treibe keinen Raubbau mit Deinem Körper“). Schiller genügte bereits sein Gartenhaus, sein Arbeitszimmer unter dem Dach. Wenn er Ruhe brauchte, schloss er einfach die Tür.
Auch dies können wir von Schiller lernen: Einfach mal die Tür zumachen. Nicht permanent auf neu eingehende E-Mails schielen. Das Handy auch mal ausschalten. Das Telefon im Büro für eine Weile aufs Sekretariat umstellen. Um endlich einmal Zeit zu haben für die wesentlichen Dinge, von denen uns die Hektik des Alltags gern abhält.
Schiller wusste also, wie man sich einen Ort der Ruhe schafft, und er zeigt uns Wege auf, wie es auch heute funktionieren kann. Auch dann, wenn wir nicht gerade an einem neuen Theaterstück schreiben
Weitere Kostenlose Bücher