Die schlafenden Hüter - Das Marsprojekt ; 5
einem Kasten mit einer Tür, der wie eine Nasszelle aussah.
»Richtig geraten«, nickte der Pilot, bevor sie ihn darauf ansprechen konnte. »Man kann sogar duschen.«
Das tat sie dann. Als sie wieder herauskam, sauber und mit einem frischen Overall bekleidet, saßen auch Pigrato und Zhao Bai am Tisch und unterhielten sich mit gedämpften Stimmen über den Gesundheitszustand des Geretteten.
»Wenn wir ihn so wie jetzt auf eine Liege betten und richtig festschnallen, dürfte meines Erachtens nichts passieren«, sagte Roger Knight gerade. »Ich meine, die Startphase, das sind gerade mal siebzehn Minuten; wenn er nicht gerade herzkrank ist, sollte er das problemlos überstehen.«
»Und woher wollen Sie wissen, dass er nicht herzkrank ist?« Pigrato sah auf die Uhr. »Nein, ich will nichts unnötig riskieren. Wenn nachher der Satellit in Reichweite kommt, versuchen wir es noch einmal. Und sollte sich Yin Chi wieder nicht melden, werden wir –«
In diesem Moment stieß Mrs Faggan oben einen kurzen, spitzen Schrei aus.
Hals über Kopf kletterten die Männer die Leiter wieder hoch, in Rekordzeit vermutlich. Als Ariana oben ankam, standen alle – Ronny inbegriffen – um das Lager von Mr Faggan. Seine Frau hatte seinen Kopf in ihren Schoß gebettet, er hatte die Augen offen und sah sich interessiert um. »Entschuldigung«, sagte Christine Faggan immer wieder. »Ich wollte nur … er ist so plötzlich aufgewacht … Entschuldigung.«
Dann begann James Faggan zu erzählen.
Es fiel Pigrato schwer, in der ausgemergelten Gestalt und hinter dem ungebändigten Bart jenen James Faggan zu erkennen, mit dem zusammen er ein Jahr in London studiert hatte. Damals, als sie beide noch jung gewesen waren. Gut, nach diesem Jahr hatten sie einander aus den Augen verloren, aber trotzdem …
»Die Roboter wollten nichts Böses«, berichtete James Faggan gerade mühsam. »Ich glaube, sie sind einfach darauf programmiert, jedes Lebewesen, dem sie begegnen, in eines von ihren Lebenserhaltungssystemen zu stecken. So haben sie es damals mit uns getan, als wir in diesen Sandsturm gerieten …« Er hustete, trank von dem Wasser, das ihm seine Frau reichte, hustete noch einmal.
»Was ist damals passiert?«, fragte Roger Knight.
James Faggan bewegte den Unterkiefer, so, als sei der steif geworden in all der Zeit. »Soweit ich mich erinnere, war es ein elektrischer Sandsturm, ein Sandteufel, wie man sagt. Er kam ganz plötzlich, legte all unsere Systeme lahm und irgendwie muss mit dem Untergrund etwas nicht gestimmt haben. Wir sind plötzlich weggekippt und alles ist schwarz geworden …« Er zögerte, sein Blick wanderte suchend umher. »Ich weiß es nicht mehr genau«, gestand er schließlich. »Es kommt mir vor, als sei es hundert Jahre her.«
»Tatsächlich?«, fragte Pigrato verblüfft. »Ich hätte gewettet, dass es dir vorkommt, als sei es gestern gewesen. Hast du denn nicht geschlafen?«
Der Mann aus der Vergangenheit blickte ihn an, seine Augen weiteten sich. »Tom? Bist du das? Tom Pigrato?«
Pigrato musste betreten schlucken, ehe er antworten konnte. »Ja. Wie das Leben so spielt, was?«
»Was machst du denn auf dem Mars? Du wolltest doch nie … Oder sind wir gar nicht mehr auf dem Mars?« Die Vorstellung schien ihn zu beunruhigen.
»Doch. Sind wir. Und wie.« Pigrato winkte ab. »Aber das ist eine lange Geschichte, die erzähl ich dir ein andermal. Im Moment bist du an der Reihe.«
James nickte. »Okay. Also – was war die Frage? Ach so. Ob ich geschlafen habe. Nein, hab ich nicht. Wach war ich allerdings auch nicht. Es war ein Zustand dazwischen, äußerst seltsam, wie ein Traum fast, eine Trance. Ich wusste nichts mehr, nicht einmal meinen eigenen Namen. Ganz eigentümlich, wenn man seinen eigenen Namen nicht mehr weiß. Ich wusste auch nicht, wie viel Zeit vergeht, ob Zeit vergeht, dass es so etwas wie Zeit überhaupt gibt …« Er seufzte. »Es ist schwer zu beschreiben. Eigentlich lässt es sich gar nicht in Worte fassen. Es fällt mir schon jetzt schwer, daran zurückzudenken.«
»Hast du die Artefakte gemacht?«, fragte Pigrato und fügte, als ein verwunderter Glanz in James’ Augen trat, hinzu: »Diese … S teine , die deine Tochter immer gefunden hat.«
James Faggan sah grüblerisch drein. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nichts von Steinen, von Artefakten … Ich weiß, dass da jemand war, der meine Rufe gehört hat. Jemand, der gekommen ist. Aber ich wusste nicht, wer das war. Ich wusste ja nicht mal, wer ich
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