Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schlucht

Titel: Die Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
Vom Netzwerk:
rannten sie zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Noch im Laufen hörten sie, wie das Flugzeug seine Triebwerke anließ, und wenig später raste es die Startbahn entlang und hob ab in den Nachthimmel, an dem man vor lauter Rauch die Sterne nicht mehr sah.
    »Ganz schön feige Kerle sind das«, sagte Tweed. »Eigentlich hatte ich gedacht, dass sie uns einen Kampf liefern würden. Aber Guile hat anscheinend nicht mit einem Angriff gerechnet, sonst hätte er wenigstens ein paar Wachen aufgestellt.«
    Den Abstieg über die Leitern fand Paula fast noch anstrengender als den Aufstieg, weil sie nie sehen konnte, wohin sie trat. Da sie nicht schwindelfrei war, wäre es um sie geschehen gewesen, wenn sie den Blick auch nur ein einziges Mal nach unten gerichtet hätte. Sie war heilfroh, als sie am Fuß der Felswand angelangt war und wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Marler, der als Erster nach unten geklettert war, schob das Schlauchboot hinaus ins Wasser und wartete, bis sie alle an Bord waren. Als Letzter kam Butler durch das kniehohe Wasser angewatet und reichte Paula seinen Seesack, der jetzt bedeutend leichter war als vorher. Gerade als er an Bord klettern wollte, sah Paula in der Felswand etwas aufblitzen, und fast gleichzeitig zischte eine Kugel direkt neben dem Schlauchboot ins Wasser.
    In einer Höhle in der Felswand stand ein Mann, den Paula nur undeutlich erkennen konnte. Nur am Blitzen des Mündungsfeuers sah sie, von wo aus er auf sie schoss. Aus dieser Position musste er nicht einmal ein guter Schütze sein, um ein Schlauchboot, in dem sich vier Menschen zusammendrängten, mit ein paar Treffern zu versenken.
    Paula zögerte nicht den Bruchteil einer Sekunde. Sie griff in Butlers Seesack und holte die letzte Feuerbombe heraus. Dann schob sie den Schalter von Grün auf Rot und schleuderte die Bombe hinauf in die Höhle. Bereits in ihrer Schulzeit war sie die Klassenbeste im Weitwurf gewesen, und bei mehreren Aufenthalten im geheimen Trainingscamp des SIS in Surrey hatte sie diese Fertigkeit noch weiter gesteigert.
    Die Brandbombe flog genau in der von Paula intendierten Kurve an dem Schützen vorbei ins Innere der Höhle, wo sie einen Moment später explodierte. Eine gigantische Druckwelle, gefolgt von einem riesigen Feuerball, katapultierte den Schützen, der am ganzen Körper brannte, wie eine lebende Fackel weit hinaus ins Meer. Ein Hagel von Gesteinsbrocken prasselte von oben herab, aber glücklicherweise traf keiner davon das Schlauchboot.
    »Gott sei Dank, dass Sie so schnell reagiert haben«, sagte Tweed. »Sonst wären wir jetzt vermutlich alle tot.«

19
    Als sie wieder an der Tiger anlegten, erwartete sie Ben schon. »Ich frage Sie lieber erst gar nicht, was da drüben auf der Insel passiert ist«, sagte der Krabbenfischer, während er zu der dicken schwarzen Rauchsäule hinüberblickte, die sich kilometerweit über den dunkelblauen Nachthimmel zog. »Aber eines muss man Ihnen lassen, Mr Tweed, das Feuerwerk war allererste Sahne.«
    »Sehen wir zu, dass wir zurückkommen«, sagte Tweed. »Mir ist erst dann wieder wohl, wenn ich festen Boden unter den Füßen habe.«
    »Ganz so ruhig wie die Hinfahrt wird die Rückreise leider nicht«, sagte Ben. »Schauen Sie mal, was sich da drüben im Westen zusammenbraut.«
    »Dann nichts wie los«, sagte Tweed nach einem Blick auf die bedrohlich schwarze, Mond und Sterne verfinsternde Wolkenbank. »Vielleicht können wir dem Sturm ja doch noch entkommen.«
    »Ich werde mein Bestes tun«, erwiderte Ben. »Aber zuerst einmal müssen wir das Schlauchboot wieder an Bord ziehen.«
    Butler und Marler halfen dem Fischer bei seiner Arbeit, während Tweed und Paula zurück in den Aufenthaltsraum gingen. Wenige Minuten später hörten sie, wie der Anker gelichtet und die Maschine ange lassen wurde, und dann stach die Tiger wieder in See.
    Zunächst verlief die Reise ähnlich ruhig wie auf der Hinfahrt, aber dann begann das Boot erst ganz sanft, dann immer stärker von einer Seite auf die andere zu schaukeln. Der Sturm hatte sie eingeholt.
    »Ich muss rauf auf die Brücke«, sagte Tweed, der spürte, wie sein Magen zu rebellieren begann. »Wenn ich hier unten bleibe, komme ich um.«
    Zusammen mit Paula stieg er den Niedergang hinauf, wobei er vom Schwanken des Bootes so stark hin und her geworfen wurde, dass er von einer Wand an die andere prallte.
    »Dieser Sturm ist das reinste Monster«, sagte Tweed zu Ben, der am Steuerruder stand und angestrengt

Weitere Kostenlose Bücher