Die Schnapsstadt
die Tiefe gehend, kurz: genau das, was ich von einem Doktoranden der Alkoholkunde erwartet hätte. Ich freue mich auf eine eingehende Diskussion über Alkohol mit dir, denn das ist auch eines meiner Lieblingsthemen.
Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll über deine Behauptung, in ein Schnapsfass zu pissen, wie ich das in Das rote Kornfeld beschrieben habe, sei ein technisches Wunder. Ich verstehe nichts von Chemie und noch weniger vom Schnapsbrennen. Ich habe diese Episode als kleinen Witz geschrieben, um mich ein wenig über all die Ästheten mit ihren von Neid geröteten Augen lustig zu machen. Du kannst dir vorstellen, wie überrascht ich war, als du mit Hilfe einer wissenschaftlichen Theorie die Logik und Erhabenheit dieses Einfalls nachgewiesen hast. Von nun an kommt zu meiner Bewunderung für dich auch noch Dankbarkeit hinzu. Das nennt man: «Der Profi fragt: Wie? Der Amateur ruft: Ui!», oder wie man auch sagt: «Pflanze eine Blume, und keine Blüte ist zu sehen. Lass einen Weidensamen fallen, und ein schattiger Baum wird wachsen.»
Was den Markennamen Rote Achtzehn Meilen angeht, so wird es wohl zu einem ernsthaften Prozess kommen. Nachdem Das rote Kornfeld einen Preis bei der Berlinale gewonnen hat, kam der Besitzer einer der Brennereien in meiner Heimatstadt in die alte Scheune, in der ich mein Atelier habe, und erzählte mir, er wolle eine Lieferung Rote Achtzehn Meilen herstellen. Bedauerlicherweise konnte er die Finanzierung nicht sichern. Ein Jahr später baten einige Mitglieder der Provinzregierung, die sich auf einer Inspektionsreise in unserer Gegend befanden, ein paar Schälchen Rote Achtzehn Meilen probieren zu dürfen. Es war eine peinliche Situation, und als die Prominenz wieder abgereist war, hat die lokale Finanzverwaltung das Geld bereitgestellt, mit dem eine Produktionsbrigade eine Probelieferung Rote Achtzehn Meilen herstellen konnte. Als ich davon hörte, nahm ich an, sie hätten vor, ein paar Fässer voll herzustellen, eine neue Flasche zu entwerfen und ein Etikett draufzukleben. Ich habe keine Ahnung, ob sie Kinderpisse zugesetzt haben oder nicht. Aber als die Brennerei voll Begeisterung eine Probe ihres neuen Produkts an die Bezirksverwaltung schickte, um ihren Erfolg zu dokumentieren, hat Film für die Massen eine Notiz über eine Pressekonferenz in Shenzhen veröffentlicht, auf der die Schnapsbrennerei Rote Achtzehn Meilen in Shangcai in der Provinz Henan der Gemeinde der Cineasten mitteilte, ihr Destillat sei der echte Rote Achtzehn Meilen aus dem Roten Kornfeld. Ihre Schnapsfässer trugen sinngemäß die folgende Aufschrift: Dai Jiu'er, die Heldin des Romans Das rote Kornfeld, stammte ursprünglich aus dem Bezirk Shangcai in der Provinz Henan. In die Gemeinde Nordost-Gaomi in der Provinz Shandong ist sie gemeinsam mit ihrem Vater erst nach einer Hungersnot ausgewandert. Sie hat das Originalrezept für Rote Achtzehn Meilen aus dem Bezirk Shangcai nach Nordost-Gaomi in Shandong mitgebracht, und deshalb muss der Bezirk Shangcai als die wahre Heimat von Rote Achtzehn Meilen betrachtet werden.
Die Brennereibesitzer meiner Heimatstadt haben die Bezirksverwaltung von Shangcai in Henan sofort wegen Täuschung angezeigt und jemanden mit einem Fässchen echte Rote Achtzehn Meilen nach Peking geschickt, um mich als den Autor des Romans um Unterstützung bei dem Plan zu bitten, Rote Achtzehn Meilen wieder in seine Heimat in der Gemeinde Nordost-Gaorni zurückzubringen, wo er hingehört. Aber die schlauen Typen aus Shangcai in Henan hatten ihren Rote Achtzehn Meilen bereits als Markenzeichen eintragen lassen, und weil das Gesetz ohne Ansehen der Person herrscht, war unser Rote Achtzehn Meilen offiziell nicht mehr zugelassen. Als die Leute aus Gaorni mich baten, sie bei der Einreichung einer Klage zu unterstützen, habe ich ihnen gesagt, das sei ein aussichtsloser Prozess. Dai Jiu'er sei nicht meine wirkliche Großmutter, sondern eine Romanfigur, und es verstoße gegen kein Gesetz, wenn die Leute aus Shangcai behaupteten, sie stamme in Wirklichkeit aus Henan. Gaorni könne den Prozess auf keinen Fall gewinnen und müsse seine Niederlage einfach einstecken. Später habe ich gehört, dass die Leute aus Henan ihren Rote Achtzehn Meilen international vermarktet und einen Haufen Devisen damit verdient haben. Ich hoffe, es stimmt. Diese Integration von Schnaps und Literatur ist ganz schön beeindruckend. Und im Gefolge des neuen Urheberrechtsgesetzes werde ich gemeinsam mit dem
Weitere Kostenlose Bücher