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Die schöne Diebin

Die schöne Diebin

Titel: Die schöne Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BRONWYN SCOTT
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würde Hattie die Wahrheit sagen müssen. „Ich habe mich mit dem Earl unterhalten.“
    „Aha. Und wenn meine Nase mich nicht täuscht, hast du auch mit ihm getrunken.“ Der vorwurfsvolle Ton war unüberhörbar.
    „Worauf willst du hinaus?“ Nora spürte, wie Ärger in ihr aufstieg. „Ich habe ihm eine Lektion erteilt. Was ist dagegen einzuwenden?“
    „Dass du dich unnötig in Gefahr gebracht hast! Du hättest den Ring unbemerkt stehlen können. Aber nein! Um den Mann wiederzusehen, gehst du das Risiko ein, erwischt zu werden.“
    „Unsinn! Ich wusste, dass er mich nicht festhalten würde. Sonst hätte ich ihn niemals aufgesucht.“
    Hattie goss sich eine Tasse Tee ein und setzte sich Nora gegenüber an den Küchentisch. „Wir müssen vorsichtig sein“, erklärte sie. „Unser Ziel ist in erreichbare Nähe gerückt. Die Investoren werden unsicher. Nicht mehr lange, dann werden sie ihre Pläne aufgeben. Ein kleines Feuer auf der Baustelle, von The Cat gelegt, dürfte die Entscheidung beschleunigen. Und was unsere Schützlinge in Manchester angeht … Ich denke, dass wir bald genug Geld zusammenhaben, um die Weihnachtskörbe zu füllen.“
    „Du hast recht. Nur Cecil Witherspoon und Magnus St. John sowie Stockport selbst scheinen noch immer fest entschlossen zu sein, die Textilfabrik zu bauen. Doch auf Witherspoon können wir genug Druck ausüben. Er wird sich bald geschlagen geben müssen.“
    „Ich bin nach wie vor dagegen, dass du die Dokumente, die du aus seinem Haus mitgenommen hast, gegen ihn verwendest. Ich finde, wir sollten nicht zu Erpressern werden.“
    „Ich bitte dich!“, fuhr Nora auf. „Diese Dokumente belegen unter anderem, dass beim Bau der Fabrik bewusst billiges, schlechtes Material verwendet wird. Sollten jemals Menschen dort arbeiten, so sind sie zusätzlichen Gefahren ausgesetzt. Es ist unsere moralische Pflicht, das zu verhindern.“
    Hattie seufzte tief auf, und Nora beschloss, das Thema zu wechseln. „Alice Bradley fährt morgen mit ihren Töchtern nach Manchester, und sie hat Eleanor Habersham angeboten, sie mitzunehmen. Das ist eine gute Gelegenheit, in der Stadt Verschiedenes zu erledigen.“ Sie erhob sich und ging, in Gedanken schon wieder bei Stockport, zur Tür. „Ich bin müde. Gute Nacht, Hattie.“
    Doch tatsächlich wollte sie noch nicht schlafen. Das Gespräch mit dem Earl hatte ihr eine Menge Stoff zum Nachdenken geliefert.

4. KAPITEL

    Eleanor Habersham stieg aus der Kutsche des Squires und bedankte sich noch einmal bei Alice Bradley fürs Mitnehmen. Diese hatte ihr mehrfach vorgeschlagen, den Tag gemeinsam zu verbringen. Das allerdings hätte Noras Pläne zunichte gemacht. Also hatte sie freundlich, aber bestimmt abgelehnt und als Erklärung angeführt, dass sie den jungen Leuten – denn auch die Töchter des Squires waren mit von der Partie – nicht zur Last fallen wolle. Immerhin hatte sie versprochen, sich später mit den Damen zum Tee in einem Gasthof mit dem Namen Blue Boar zu treffen, um anschließend mit ihnen zurück nach Stockport-on-the-Medlock zu fahren.
    Es war ein kalter Tag, und Nora hatte ihren Wintermantel bis obenhin zugeknöpft. Er war von guter Qualität, entsprach jedoch nicht mehr der neuesten Mode. Außerdem war er mit Kaninchenfell abgesetzt, während Alice Bradley und ihre Töchter bedeutend teurere Pelze gewählt hatten. Nora war, was ihre eigenen Bedürfnisse betraf, stets bescheiden.
    Um sich vor dem eisigen Wind zu schützen, zog sie schnell die Kapuze über ihre graubraune Eleanor-Habersham-Perücke. Dann schritt sie, ihren Einkaufskorb und ihr Retikül fest in der behandschuhten Hand haltend, rasch aus. Viele Menschen warteten sehnsüchtig auf die Gaben, die The Cat ihnen zukommen ließ. Deshalb durfte sie keine Zeit verlieren. Aus Vorsicht hatte sie niemanden außer Hattie und Alfred in ihr Doppelleben eingeweiht. Sosehr die Armen ihren Wohltäter auch liebten, es bestand doch immer die Gefahr, dass irgendwer – sei es aus Neid oder aus Unachtsamkeit – The Cat an die Gerichtsbarkeit verriet.
    Es war nicht leicht gewesen, das Netzwerk aufzubauen, das sie benötigte, um all das zu tun, was Nora als ihre Aufgabe ansah. Sie hatte Kaufleute finden müssen, die ihr große Mengen von Lebensmitteln zu günstigen Preisen überließen. Einige hatten sich sogar bereit erklärt, die Bedürftigen direkt zu versorgen, weil sie wussten, dass Eleanor Habersham, die sie als Gesandte der Katze betrachteten, die Kosten übernehmen würde.
    Nora

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