Die schöne Diebin
Silvesterfeier eine Zeit lang den Rücken zu kehren. Leider hat sich, wie Sie alle wissen, die Situation bezüglich der Einbrüche zugespitzt. Wir müssen etwas unternehmen, um dem Treiben dieses Verbrechers ein Ende zu setzen.“
Squire Bradley, Magnus St. John, Stephen Livingston und Jonathan Flack nickten heftig. Brandon senkte lediglich zustimmend den Kopf. Er mochte Witherspoon nicht und konnte seine Abneigung nur mit Mühe verbergen. Dabei hätte der blonde Hüne eigentlich – zumindest in beruflicher Hinsicht – seine Achtung verdient. Der ehrgeizige Mann hatte sich aus einfachen Verhältnissen emporgearbeitet. Er war fleißig, geschäftstüchtig und stets bereit, neue Wege zu gehen. Allerdings schien ihm jegliches Mitgefühl für seine weniger glücklichen Zeitgenossen zu fehlen. Seine blauen Augen wirkten eiskalt.
„St. John und ich“, sagte er gerade, „haben uns eingehend mit den Untaten des Diebs beschäftigt und glauben, dass wir so etwas wie ein Muster entdeckt haben. Die meisten von uns …“, er warf dem Earl einen kurzen Blick zu, der sowohl Abneigung als auch Misstrauen zum Ausdruck brachte, „… sind mehr als einmal bestohlen worden. Und zwar immer an einem Abend, an dem nur die Dienstboten anwesend waren. Da St. John vor längerer Zeit zum letzten Mal beraubt wurde und da er und seine Gattin regelmäßig an Squire Bradleys Kartenabenden teilnehmen, sind wir ziemlich sicher, dass er das nächste Opfer sein wird.“
Magnus St. John hüstelte. „So ist es“, bekräftigte er. „Nun schlagen wir vor, dass wir uns an dem geplanten Kartenabend alle bei mir treffen. Wir können zusammen zu Abend essen. Dann wird The Cat eine böse Überraschung erleben, wenn er ins Haus eindringt.“
Zustimmendes Gemurmel erhob sich. Nur Stockport hatte die Stirn gerunzelt.
„Gefällt Ihnen der Plan nicht, Mylord?“, fragte Witherspoon.
„Sie glauben nicht wirklich, dass der Verbrecher in ein hell erleuchtetes Speisezimmer hineinspazieren wird, oder? Und vermutlich wollen wir auch nicht im Dunkeln essen und anschließend schweigend beisammensitzen, um schließlich, wenn The Cat auftaucht, laut ‚Überraschung‘ zu rufen.“
„Wir werden die Kerzen im Kronleuchter nicht anzünden, sondern uns mit einer recht bescheidenen Beleuchtung zufriedengeben. Wenn ein paar Wachslichter auf dem Tisch stehen, wird das von draußen kaum zu sehen sein. Wenn der Dieb erst im Haus ist, werden wir ihn auch fangen.“
„Ja, wir müssen ihm eine Falle stellen“, bekräftigte St. John.
„Aha …“, murmelte Brandon mit leichtem Spott.
Witherspoon ließ sich seinen Ärger nicht anmerken. Er erwiderte Stockports Abneigung, war jedoch zu klug, um einen einflussreichen Adligen öffentlich anzugreifen oder zu kränken. Ja, da er bemüht war, gesellschaftlich aufzusteigen, schämte er sich nicht im Geringsten, Höhergestellten hemmungslos zu schmeicheln. Also sagte er höflich: „The Cat wird glauben, dass niemand daheim ist. Wir aber werden ihn erwarten und festnehmen. Dann sitzt er in der Falle. Wenn er erst im Gefängnis ist, können wir uns ganz dem Weiterbau und der Inbetriebnahme der Fabrik widmen.“
Man durfte das Überraschungselement tatsächlich nicht unterschätzen. Außerdem würde The Cat sich einer Übermacht gegenübersehen: fünf Männer gegen eine Frau. Brandon runzelte die Stirn. „Ich bin gespannt auf den Ausgang der Geschichte“, erklärte er.
„Sie werden doch hoffentlich dabei sein!“, rief St. John aus. „Ich habe fest darauf vertraut, Sie zu meinen Gästen zählen zu dürfen!“ In London würde man ihm eine Menge Drinks spendieren, wenn er seinen Freunden und Bekannten erzählen konnte, dass er einen echten Earl bewirtet hatte.
„Gut, ich nehme die Einladung an.“ In Gedanken war Brandon bereits wieder bei den Problemen, vor die The Cat – und somit auch er – sich gestellt sah. Er würde sich entscheiden müssen. Wollte er sie warnen, oder wollte er den Dingen einfach ihren Lauf lassen?
Wenn er sich für die zweite Möglichkeit entschied, war der Ausgang keineswegs vorherbestimmt. Vielleicht konnte die Katze fliehen; dann würden die Investoren wie Dummköpfe dastehen. Oder sie wurde gefasst. Die Vorstellung gefiel ihm nicht.
„Gut, gut“, meinte Livingston und rieb sich die Hände. „Ich bin sicher, unser Plan wird Erfolg haben. Er muss Erfolg haben. Als ich mich entschloss, in die Fabrik zu investieren, habe ich nicht mit solchen Schwierigkeiten gerechnet. Meine Gemahlin
Weitere Kostenlose Bücher