Die schöne Parfümhändlerin
ruhig auf ihre albernen Bemerkungen antwortete.
Nein … zu diesen Frauen wollte Julietta nicht gehören. Eine von vielen wollte sie niemals sein. Sie dachte an die köstliche Hitze, die sie verspürt hatte, als seine Finger über die nackte Haut an ihren Schenkeln gestrichen hatten, und daran, dass sein Kuss nach Wein und Zimt geschmeckt hatte und voller geheimnisvoller Versprechungen gewesen war.
Die Erinnerung verwirrte ihre Sinne und ließ sie wieder erzittern. Ohne es zu wollen, richtete sie ihren Blick auf seine Hand, die nun fast lässig das goldene Heft seines Dolches umfasste, den er am Gürtel trug. Und zugleich musste sie erneut daran denken, wie er mit genau dieser Hand ihre goldenen Spitzenröcke gelüftet hatte und wie lüstern er dabei ihre nackte Haut betrachtet hatte …
Sie nahm einen weiteren, fast verzweifelten Schluck von dem Wein, suchte Vergessen in seiner zu Kopfe steigenden Schwere. Doch als sie über den Rand des Kelches linste, sah sie, dass Marcos sie entdeckt hatte. Wie abgründig blau seine Augen waren! Ernst und wissend blickte er sie an, ganz so, als ob er ihre liebeskranken, lüsternen Gedanken erraten würde.
Julietta konnte ihren Blick nicht abwenden, sich weder bewegen noch lächeln. Im Bann seiner Augen war sie willenlos, gefangen wie ein Vogel im Käfig, unfähig, zu fliehen oder zu schreien.
Marcos’ Handknöchel wurden weiß, so fest umklammerte er den Dolch. Julietta, lautlos flüsterten seine Lippen ihren Namen. Ihr war, als spürte sie seine Küsse auf ihrem Mund. Fragend sah Julietta ihn an, und er sandte ihr ein kaum merkliches Lächeln. Später, schien dieses Lächeln ihr zu sagen. Später.
Doch lange konnte sie nicht über dieses verwirrende Rätsel nachdenken. Conte Grattiano klatschte in die beringten Hände, und sofort verstummten die Unterhaltungen im Saal.
„Freunde, zur Tafel, das Festmahl ist angerichtet“, verkündete er.
Ermano Grattiano war berühmt für den Überfluss an seiner Tafel. Ganz Venedig sprach von der Vielzahl der Gänge und seiner Neigung, seinen Gästen immer neue, außergewöhnliche Gaumenfreuden aufzutischen. Dass alle diese Berichte nicht übertrieben waren, konnte Julietta nun feststellen.
Der Speisesaal war nicht weniger prunkvoll als die Empfangshalle. Es war ein länglicher Raum mit weißem Marmor an den Wänden, Fresken am hohen Deckengewölbe und an den Schmalseiten je einem mächtigen Kamin. Dicke Wandteppiche, auf denen die Hochzeit von Kanaa dargestellt war, dämpften den Schall der kalten Steinwände. Die Tafel hatte gewaltige Ausmaße, und es waren nicht etwa wie andernorts üblich Bänke oder Stühle aus blankem Holz darum aufgereiht, sondern für einen jeden Gast stand ein Sessel mit samtenem Polster bereit.
Ein geschnitzter thronähnlicher Sitz am Kopf der Tafel war dem Dogen vorbehalten. Zu seiner Rechten saß der Gastgeber und zu seiner Linken Marcos Velazquez. Julietta, von minderer Bedeutung, war weiter unten irgendwo in der Mitte des Tisches platziert worden, doch neben ihr saß Balthazar Grattiano. Der junge Mann war wie immer still und zurückhaltend. Mit verdrießlicher Miene bot er Julietta eine Auswahl an kleinen Fleischstücken und Obst an.
Julietta blickte über die Speisen auf den silbernen und goldenen Platten. Alles zeugte davon, dass die Berichte, die sie über Ermanos Großzügigkeit und über seine ausgedehnten Gewächshäuser auf dem Festland gehört hatte, sicherlich nicht übertrieben waren. Auch ihr Vater war in Mailand berühmt gewesen für seine reich gedeckte Tafel. Ebenso war auch ihr Gatte nicht gerade kleinlich gewesen. Aber so eine stattliche Auswahl an Speisen hatte sie noch nie zuvor gesehen. Lauch in Mandelsoße, Huhn in Salbei, gedünsteter Weißfisch und gebackene Forellen, gefüllt mit Limonen, Kapaun und gekochtes Rindfleisch, Kürbistortellini, eingelegte Anchovis, riesige Schüsseln mit Weinschaumcreme, Marzipankonfekt und viele andere ihr unbekannte Leckerbissen wurden angeboten. Fayenceschalen waren reich gefüllt mit bunten, fremdländischen Früchten, unzählige gezuckerte Mandeln waren zu silbern schimmernden Kegeln aufgetürmt, und zu allem floss der Rebensaft in Strömen.
Julietta nippte nur vorsichtig an dem schweren Wein. Er konnte ihr leicht zu Kopfe steigen, und dies war gewiss nicht der Ort, an dem sie sich unbekümmert geben durfte. Hier musste sie alle ihre Sinne beisammenhalten.
„Marzipan, Signora Bassano?“, hörte sie Balthazar neben sich fragen. Mit ernster
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