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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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zurückschauen und die Vergangenheit ruhen lassen, das war stets ihr Grundsatz gewesen. Obwohl es ihr nicht immer leichtgefallen war.
    „Was vermisst Ihr denn, Madonna?“
    Von den Gemächern der Frauen in ihrem Elternhaus wollte Julietta erzählen, von den Räumen ihrer Mutter und ihrer Großmutter, wo immer gelacht wurde, wo es stets nach Parfüm roch, von den vielen Büchern … aber bevor sie beginnen konnte, klopfte es kurz und herrisch an der Tür.
    Sie strich sich mit der Hand übers Haar, um sich zu vergewissern, dass keine unordentlichen Strähnen heraushingen. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. War es vielleicht Marcos, der sie in die Nacht entführen wollte?
    Bianca sprang auf und lief zum Eingang. Sie zog den Riegel beiseite und öffnete die Tür. Noch war es nicht so spät, dass sie sehr vorsichtig sein musste.
    Julietta hielt sich an der Ladentheke fest, denn einen Moment lang dachte sie wirklich, es sei Marcos. Der Mann, der da im Schatten des Eingangs stand, war groß und vermummt in einen dunklen Kapuzenumhang. Dann trat er vor, schlug die Kapuze zurück, und Julietta wurde das Herz schwer. Es war nicht der Mann, nach dem sie sich so sehr sehnte, sondern ein Mensch, den sie lieber nie mehr sehen wollte.
    Ermano Grattiano.
    Er schenkte ihr ein liebenswürdiges, aber kaltes Lächeln. Seine Augen funkelten, als er sich näherte. „Signora Bassano“, grüßte er sie in einem leisen, fast vertraulichen Ton, während er seinen Umhang zurückschlug. Ein gelbes Satinwams, verbrämt mit glänzendem Zobelfell, kam zum Vorschein. Den Umhang reichte er Bianca, die unverzüglich damit im Nebenraum verschwand.
    Julietta konnte ihr nicht böse sein, obwohl sie Bianca innerlich verfluchte, dass sie sie so schnöde allein ließ. Ermano schien irgendwie anders zu sein heute Abend. Ruheloser, gereizter. Er glühte geradezu vor innerer Anspannung.
    Julietta knickste. „Conte Grattiano! Welch eine Überraschung. Braucht Ihr noch ein Parfüm? Ich fürchte, zurzeit ist unser Vorrat an Bergamotte recht begrenzt …“
    „Nein, nein, Signora Bassano. Ich komme nur, um Euch dies hier zurückzugeben.“ Er hielt ihr einen roten Samt hin – den Umhang, den sie bei Grattianos Festessen getragen hatte. „Den habt Ihr bei Eurem überstürzten Aufbruch vergessen.“
    Der Gedanke an den Grund ihres hastigen Aufbruchs von seinem Festessen trieb ihr die Röte ins Gesicht. „ Grazie“, sagte sie leise und langte nach dem schweren Stoff. „Entschuldigt mein Gehen, ohne mich zu verabschieden. Es war schon sehr spät, und ich war müde.“
    „Ich muss gestehen, Signora, ich war recht enttäuscht.“ Er beugte sich vor, sah sie genau an, so als wolle er ihre innersten Gefühle aus ihrem Mienenspiel ablesen. Julietta blieb gefasst und kühl. „Ich wollte Euch dem Dogen vorstellen.“
    „Das ist sehr freundlich, Conte Grattiano. Aber ich denke, ich bin viel zu unbedeutend, als dass der Doge auf mich aufmerksam gemacht werden müsste.“
    „Ganz und gar nicht. Ich bin sicher, Ihr besitzt die Fähigkeit, die bemerkenswerteste Frau in der Republik zu werden. Natürlich nur, falls Ihr es wünscht.“
    Julietta zog erstaunt die Stirn in Falten. „Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe, Conte Grattiano.“
    „Sicher. Jetzt noch.“ Sein Blick streifte durch den leeren, dunklen Laden. Unruhig öffnete und schloss er die Fäuste. Sein goldener Siegelring funkelte. „Sagt, Signora Bassano, wie fandet Ihr mein Haus?“
    „Es ist wunderbar. Eure Gastfreundschaft findet in ganz Venedig nicht ihresgleichen“, sagte Julietta, die von dem schnellen Wechsel der Themen ein wenig überrascht war. Ermano schien heute Abend wirklich etwas verrückt zu sein, trotz seiner edlen Kleider und feinen Manieren. Fast war Julietta versucht, sein Handgelenk zu fassen und seine Gefühle zu lesen. Doch sie wollte gar nicht wissen, was in seinem Innern vorging. Sie wollte sich nicht mit neuen Problemen belasten.
    „Ich lade gerne Freunde in mein Haus ein, bewirte sie mit auserlesenen Speisen und biete ihnen die beste Unterhaltung. Was nutzt all der Reichtum, wenn man ihn nicht zeigen kann? Doch um wie viel schöner wären solche Abende, wenn eine Gastgeberin neben mir am Kopf meiner Tafel säße?“
    Es war nicht das erste Mal, dass Ermano dergleichen Andeutungen machte. Schon früher hatte er ja bereits davon gesprochen, wie altmodisch sein Mobiliar sei und dass es die umsorgende Hand einer Hausfrau benötigte. Und wie sehr ihm das Lachen lebhafter

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