Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
damit einverstanden, Liebster? Willst du zuvor den Kaiser fragen? Oder müssen erst deine Herren Brüder ihre Einwilligung dazu geben? Was machen schon ein paar Monate aus, ein paar Jahre, einige Jahrzehnte … «
Er lief ihr hinterher, griff nach ihrem Arm.
»Du musst auch ihn verstehen, Pippa«, sagte er bittend. »Was hast du dir denn vorgestellt? Er kann nicht so einfach über seinen Schatten springen. Mein Vater ist nun einmal der Kaiser, und meine Brüder … «
»… dürfen mich ungestraft eine Hündin nennen, ohne dass du ihnen das Maul verbieten kannst?«, sagte sie in scharfem Ton. »Ich habe verstanden, Ferdinand. Alles! Ich bin also weniger wert als das Schwarze unter deinem Fingernagel. Bist du dir wirklich noch immer sicher, dass du die richtige Entscheidung getroffen hast? Liebst du die Söhne, die ich dir geboren habe? Kannst du sie überhaupt lieben, obwohl sie doch nur von mir stammen? Beweis es mir!«
Sie schleppte sich weiter, drückte die Klinke zur Wochenstube herunter – und erstarrte. Vor der Wiege stand Lenka, ein Kopfkissen fest auf das Köpfchen des Kleinen gepresst.
»Tod dem Bankert«, murmelte sie ohne aufzuschauen, ganz und gar bestrebt, ihr ruchloses Werk gewissenhaft zu Ende zu bringen. »Tod allen Buhlinnen!«
Philippine holte tief Luft und begann gellend zu schreien.
*
Burg Pürglitz, 1. Advent 1560
Die Burg birgt viele Geheimnisse in ihren dicken Mauern – unter anderem eine Fragstatt mit hässlichen Instrumenten, um Menschen zum Reden zu bringen, sowie feuchte Verliese, in denen Ratten hausen.
Manchmal, so hat Ferdinand behauptet, genügen schon eine Handvoll Tage, um Gefangene mürbe zu machen und ihre Schandtaten zu gestehen.
Bei Lenka ist es anders.
Kein Wort ist aus ihr herauszubringen, nicht einmal, als man ihr die Folterinstrumente zeigt.
Verstockt bleibt sie, wie erstarrt, murmelt nichts anderes vor sich hin, als eben jene hässlichen beiden Sätze, die ich bereits kenne.
Schließlich gehe ich selbst zu ihr hinunter.
Mir ist alles andere als wohl, der Wochenfluss quält mich, und noch immer sieht mein Bauch aus, als hätte ich die Geburt nicht bereits überstanden, sondern müsste erst noch ins Kindsbett.
Ihr Gesicht ist ausdruckslos, als sie mich erkennt. Man hat sie geschlagen, um etwas aus ihr herauszubringen, aber nicht viel. Ihre dünnen Beine haben blutige Striemen. Auch ihr schmaler Rücken unter dem zerfetzten Hemd hat einiges abbekommen.
Warum, Lenka, warum? Warum der Kleine? Warum solch ein unschuldiges Wesen?
Sie zieht die Achseln hoch wie ein frierendes Kind, und auch ich beginne zu frösteln, trotz des Luchsumhanges, der um meine Schultern liegt.
Wer hat dich beauftragt?, frage ich. Einen Namen, Lenka! Das kann deine Strafe vielleicht mildern.
Inzwischen weiß ich, dass Jaroslav von Pernstein tot ist, gestorben im fernen Italien, in das Ferdinand ihn gesandt hat.
Weil mein Liebster doch mehr ahnte als er zugab?
Doch wer könnte dann an seine Stelle getreten sein? Wer führt die perfiden Pläne weiter, die mir Kummer und Schmerz bringen sollen?
Lenka schüttelt den Kopf, als ich weiter in sie dringen will, beißt sich auf die Lippen. Schließlich dreht sie mir den Rücken zu, starrt auf die modrige Wand, an der winzige Eiskristalle blühen.
Ich gebe dir bis morgen Zeit, sage ich. Danach wird mein Gemahl die Sache auf seine Weise weiter verfolgen. Du kannst dir sicherlich vorstellen, was das bedeutet …
Euer Gemahl? Sie fährt zu mir herum, spuckt mir vor die Füße. Buhlinnen wie Ihr haben keinen Gemahl!
Ich fliehe aus dem Verlies. Doch selbst nach Stunden werde ich noch immer nicht richtig warm.
*
Am anderen Morgen ist die Zelle leer.
Lenka ist fort, als hätte es sie niemals gegeben.
Das Schloss wird abgesucht, danach der Wald, in den Ferdinand seine Leute schickt, doch bald schon beginnt es zu schneien in dicken weißen Flocken, als breite der Himmel ein schweres Tuch des Schweigens über das schreckliche Geschehen.
Keiner hat etwas gesehen, keiner etwas gehört.
Irgendwann entdeckt Karl eine dünne Hufspur, die nach Osten führt … in Richtung Prag.
Angelica archangelica
auch genannt Brustwurz, Heiligenbitter,
Theriakwurz, Zahnwurzel
Positive Wirkung: Ätherisches Öl und Bitterstoff der Wurzel regen Appetit an und fördern Verdauung, beseitigen Blähungen und desinfizieren. Galt im Mittelalter als Mittel gegen die Pest.
Negative Wirkung: Ätherisches Öl ist in hohen Dosen gefährlich,
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