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Die schönste Zeit des Lebens

Die schönste Zeit des Lebens

Titel: Die schönste Zeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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kurze und schlichte Feier geben. Die Nachbarin, ohne Hund, legt einen Blumenstrauß auf den Sarg, steht eine Weile mit gesenktem Kopf da und tritt dann wieder zurück. Dann tritt der Kollege von der Stadtbibliothek vor: Er respektiere selbstverständlich den Wunsch der Verstorbenen. Er werde daher die kleine Rede, die er vorbereitet habe, nicht halten. Er tritt an den Sarg, zieht ein Manuskript aus der Innentasche seines Jacketts und legt es auf den Sarg. Es ertönt Musik vom Tonband: Freude, schöner Götterfunken … Dann stehen alle schweigend da, wissen nicht recht, ob noch etwas kommt. Schließlich öffnet sich surrend eine schwarze Klappe in der Wand und der Sarg wird in die Brennkammer gefahren. Obendrauf der Blumenstrauß und das Manuskript.
    Robert hat das Gefühl, als breche der Boden unter ihm weg. Ihm ist schlecht. Er trägt einen dunkelblauen Wollpullover unter dem Jackett. Trotzdem friert er. Als der Sarg verschwunden und die schwarze Klappe wieder geschlossen ist, gehen die anderen einer nach dem anderen. Robert steht da, vermag sich nicht zu rühren. So endet ein Leben. Wie ist es möglich, dass es so endet? Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel / Ordnungen? Dieses schreckliche Gedicht, das sie zusammen gelesen haben, Frau Sternheim und er: Das Schöne ist nichts / als des Schrecklichen Anfang . Als wäre der Tod immer da, in allem, was wir um uns sehen, in allem, was wir tun, wie ein kaltes, blankes Eisen, wie ein dröhnender Hammerschlag.
    Als Robert schließlich aus der Halle ins Tageslicht tritt, spricht ihn die unbekannte alte Dame an. Sie hat offenbar auf ihn gewartet.
    Herr Markmann?
    Ja …, sagt Robert.
    Ich bin eine Freundin der Verstorbenen. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Frau Sternheim sehr viel von Ihnen gehalten hat.
    Von mir?
    Wir haben uns manchmal im Café getroffen, Frau Sternheim und ich. In letzter Zeit hat sie oft von Ihnen gesprochen. Sehr anerkennend, sehr liebevoll. Sie wissen, dass sie einen Sohn hatte, der mit acht Jahren gestorben ist?
    Ja, sagt Robert. Sie hat es mir erzählt.
    Sie schaut ihn an, lächelt, hebt die knochige Hand, tätschelt seine Wange.
    Leben Sie wohl, sagt sie.

44
    VON DER BREDOWSTRASSE in die Lessingstraße, dann links ab in den Bosseler Weg. Egon Markmann fährt mit dem Fahrrad durch ein Meer gelbgrünen Lichts, aufrecht sitzt er, das Gesicht im Wind, atmet die kühle Morgenluft. Ein Spaziergänger kommt ihm entgegen, ein alter Mann, auf seinen Stock gestützt. Egon Markmann ruft sich zur Ordnung, legt sich Zügel an, gibt seinem Gesicht einen geschäftsmäßigen Ausdruck, grüßt verhalten. Es ist nicht gut, wenn man sich von seiner Stimmung hinreißen lässt.
    Egon Markmann ist Platzwart beim TSV. Am Freitag hat sich Herr Kovac verabschiedet und ist mit Sack und Pack in seinem Ford Kombi nach Kroatien abgefahren, und schon am Samstagmorgen ist Egon auf dem Platz und richtet ihn für das Spiel der Jugendmannschaft her. Als er die Linien nachgezogen, die Eckfahnen gesetzt und die Tornetze aufgehängt hat, schließt er die Umkleideräume auf, den für die Heimmannschaft und den für die Gastmannschaft, inspiziert die Duschräume und die Toiletten. Alles picobello. Das muss man dem Kovac lassen, sauber und ordentlich bis zum letzten Tag. Nur im Geräteraum, da wird Egon die Ordnung verändern. Dass die Netze und die Eckfahnen einfach auf dem Boden liegen, das gefällt ihm nicht. Er wird ein Regal bauen, gleich nächste Woche.
    Bis zum Anpfiff ist noch mehr als eine Stunde Zeit. Aber die ersten von der Mannschaft treffen schon ein, Vierzehn-, Fünfzehnjährige, halbe Kinder noch, aber die Sporttaschen lässig über die Schulter gehängt wie die Großen aus der Herrenmannschaft. Können es gar nicht erwarten, dass es losgeht.
    Ihr könnt euch schon mal umziehen, sagt Egon. Aber Bälle gibt es erst, wenn der Fritz kommt.
    Fritz Deupner ist der Jugendtrainer, Egon kennt ihn noch aus seiner aktiven Zeit. Ihm wird er das Netz mit den Bällen übergeben. Zurückbringen kann es auch einer der Spieler. Hauptsache, die Bälle sind vollzählig wieder drin.
    Egon ist noch keine halbe Stunde weg, da klingelt es an der Haustür: Werner. Kommt zufällig vorbei, hat zufällig eine Flasche Sekt in der Innentasche seines Anoraks, die auf Egons Arbeitsantritt getrunken werden muss.
    Jetzt?, sagt Edith. Wo der Egon nicht da ist?
    Warum nicht?, sagt Werner. Ich hab zu Haus noch eine. Die trinken wir dann morgen oder übermorgen, wenn Egon dabei ist.
    Als

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