Die schwarzen Juwelen 07 - Blutskönigin
der Dauer, nicht an der Art und Weise, und zu jeder anderen Zeit wäre er deswegen voll selbstzufriedenem Mitgefühl«, fuhr Jaenelle fort. »Und nach der sportlichen Betätigung mit Nachteule und Daemon habe ich einen Muskelkater in den Beinen, der dafür sorgt, dass ich in den nächsten Tagen überhaupt nichts mehr reiten will.«
Saetan ließ zu, dass sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen. »Das ist alles?«
»Das ist alles.«
Sein Lächeln verschwand. Das konnte nicht alles sein. »Er hat dir Angst gemacht. Darin liegt der springende Punkt für ihn. Er hat dir Angst gemacht.«
»Ja, das hat er«, erwiderte Jaenelle leise. »Er wusste nicht, wer ich war, Saetan. Er wusste nicht, wo er war. Er war in einer kranken Erinnerung gefangen. Und als mir das klarwurde, wusste ich, dass ich ihn verletzen müsste, falls er mich verletzen sollte. Denn mit körperlichem Schmerz hätte er wesentlich besser leben können als mit dem Wissen, mir mehr als nur ein paar unbeabsichtigte Quetschungen zugefügt zu haben.«
»Hättest du ihn verletzen können?«, fragte Saetan. »Wärst du stark genug, ihn aufzuhalten?«
Sie ballte ihre rechte Hand zu einer losen Faust. Als sie die Hand wieder öffnete …
An ihren Fingern saßen keine menschlichen Nägel mehr. Es waren die Krallen einer Raubkatze, mit denen sogar ein leichter Schlag ernsthaften Schaden verursachen konnte.
»Ich verstehe«, sagte Saetan sanft. Eine körperliche Verletzung, sogar wenn sie ihn dauerhaft verkrüppelt hätte, wäre für Daemon weniger vernichtend gewesen. Das hatte sie gewusst – und die Waffe ihrer Wahl hätte jeden Mann schlagartig in die Gegenwart zurückgeholt.
»Tja.« Jaenelle schloss die rechte Hand und fuhr sich dann mit ihren normalen Fingern durchs Haar. »Ich fahre heute nach Dharo. Aaron sollte inzwischen angekommen sein.«
»Aha?« Er sagte es betont neutral, doch er fragte sich, ob Jaenelle wirklich ehrlich war, was ihre eigene Gefühlslage anging. Er verstand, warum sie ihn in den frühen Morgenstunden hierherzitiert hatte – damit er da war, wenn Daemon ihn am meisten brauchte. Der Ruf nach Aaron jedoch könnte den Wunsch verstecken, hier wegzukommen.
»Aha.« Die Saphiraugen durchdrangen ihn – und erkannten alles, was er nicht aussprach. »Der Grund für diesen Besuch hat sich geändert, aber er war schon seit einigen Tagen geplant. Ich bin nicht verletzt, Papa. Das verspreche ich dir. Ich bin … etwas durch den Wind. Das will ich gar nicht bestreiten. Aber ich bin nicht verletzt.«
Er nickte.
Sie legte ihre Hand auf die seine. »Wirst du heute hier bleiben? Für ihn da sein? Ich glaube, im Moment kannst du mehr zu seiner Heilung beitragen als ich.«
»Ja, ich bleibe.«
Ihre Finger schlossen sich um seine. »Daemon kann nicht nach Terreille zurückkehren. In Erinnerung an einen Freund wird er versuchen, das Richtige zu tun, aber er kann nicht nach Terreille reisen.«
»Er kann sich nicht mehr gegen seine Erinnerungen wehren, oder?«
»Nein. Sein Geist und sein Verstand sind intakt. Er wird sich wahrscheinlich wie zerbrochen fühlen, aber das ist eine
oberflächliche Empfindung, reine Emotion. Die letzte Nacht hat ihn nicht wirklich gebrochen. Während einer der Phasen, in denen er geschlafen hat, bin ich in den Abgrund hinabgestiegen und habe seinen Geist gründlich untersucht, ich bin mir also sicher. Aber er wird sich eine Weile lang sehr zerbrechlich fühlen. Falls es nötig sein sollte, kann Lucivar nach Dena Nehele gehen.«
»Wenn Lucivar nach Dena Nehele geht, wird er das tun, als ziehe er in den Kampf.«
Jaenelle schnaubte. »Das ist nichts Neues. Lucivar geht überallhin, als ziehe er in den Kampf.«
Saetan lachte leise. Die Wahrheit über das Temperament seines eyrischen Sohnes ließ sich nur schwer leugnen. »Na schön.« Er hob ihre Hand an, küsste ihre Knöchel und ließ sie dann los. »Du machst dich auf den Weg nach Dharo …«
»Und du siehst nach unserem Gast?«, fragte Jaenelle wissend.
»Genau das. Aber zunächst werde ich meinem Jungen eine Geschichte vorlesen. Ich hatte entweder an Rettungseinsatz für Einhorn! oder an Sceltie rettet den Tag gedacht -«
Jaenelles silbriges, samtiges Lachen wärmte sein Herz und ließ die letzten Sorgen um dieses Kind verschwinden.
»- aber ich denke, er wird die Ironie darin, dass ich ihm eine Geschichte vorlese, die eher für seinen Neffen geeignet ist, nicht zu schätzen wissen«, beendete er den Satz. »Zumindest heute nicht.«
»Nein, das glaube
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