Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin
wie vor voller Zweifel. »Glaubst du, sie wird das verstehen? Wird sie es nicht für eine Art Spott halten?«
Ich war so schockiert, daß ich die kleine Catherine ein |172| wenig zu fest packte. »Sie kann doch nicht denken, daß ich über sie triumphieren will.«
»Komm schon, warum weinst du denn?« fragte George. »Es gibt keinen Grund zum Weinen, Mary. Weine nicht, sonst wird dir die Milch sauer oder so.«
»Ich weine doch gar nicht«, sagte ich und schenkte den Tränen, die mir über die Wangen strömten, keine Beachtung. »Ich will nicht weinen.«
»Dann hör auf damit«, drängte er mich. »Hör auf, Mary. Sonst kommt Mutter herein und macht mir Vorwürfe, weil ich dich so aufgeregt habe. Und am Ende sagen sie, daß ich ohnehin hier nichts verloren habe. Warum wartest du nicht, bis du die Königin besuchen und selbst fragen kannst, ob ihr dieses Kompliment gefallen würde? Das würde ich vorschlagen.«
»Ja«, antwortete ich schon viel fröhlicher. »Das könnte ich machen. Dann kann ich es ihr erklären.«
»Aber weine bloß nicht«, mahnte er mich. »Sie ist eine Königin. Tränen würden ihr nicht gefallen. Ich wette, du hast sie nie weinen sehen, obwohl du vier Jahre lang Tag und Nacht um sie warst.«
Ich überlegte einen Augenblick. »Nein«, entgegnete ich langsam. »Sie bricht in Notlagen nicht zusammen. Sie hat einen überaus starken Willen.«
Mein einziger anderer Besucher war mein Ehemann William Carey. Er erschien taktvoll mit einer Schüssel früher Erdbeeren, die er von Hever hatte bringen lassen.
»Eine kleine Erinnerung an Zuhause«, meinte er freundlich.
»Danke.«
Er schaute in die Wiege. »Man sagt mir, es ist ein Mädchen und die Kleine ist wohlauf und gesund?«
»Das ist sie«, erwiderte ich, ein wenig gekränkt über die Kühle in seiner Stimme.
»Und welchen Namen gebt Ihr ihr? Außer dem meinen? Ich nehme an, sie wird meinen Namen tragen und nicht Fitzroy heißen oder sonstwie, um ihre Geburt als königlicher Bankert anzuzeigen?«
|173| Ich biß mir auf die Zunge und senkte den Kopf. »Es tut mir leid, wenn Ihr gekränkt seid, lieber Mann«, sagte ich demütig.
Er nickte. »Welchen Namen also?«
»Sie soll Carey heißen. Catherine Carey.«
»Wie Ihr wünscht, Madam. Man hat mir fünf gute Ämter als Landverwalter übertragen und einen Adelstitel verliehen. Ich bin jetzt Sir William, und Ihr seid Lady Carey. Ich habe mein Einkommen mehr als verdoppelt. Hat er Euch das mitgeteilt?«
»Nein«, antwortete ich.
»Ich stehe in höchster Gunst. Wenn Ihr uns den Gefallen getan hättet, einen Sohn zur Welt zu bringen, dann hätte ich mich nach einem Besitz in Irland oder Frankreich umschauen können. Ich wäre vielleicht gar Lord Carey. Wer weiß, wie weit uns ein männlicher Bankert noch gebracht hätte?«
Ich antwortete nicht. Williams Ton war freundlich, aber die Worte hatten trotzdem einen scharfen Klang. Ich glaube nicht, daß er wirklich mit mir feiern wollte, daß er als berühmtester Hahnrei Englands ein Vermögen gemacht hatte.
»Wißt Ihr, ich hatte vorgehabt, am Hof des Königs ein großer Mann zu werden«, sagte er bitter. »Als ich merkte, daß ihm meine Gesellschaft Vergnügen bereitete, als mein Stern stieg, da hoffte ich, einmal so weit zu kommen wie Euer Vater, ein Staatsmann zu werden, der den Überblick über die Lage in der Politik hat, der sein Scherflein zum Disput mit den großen Höfen Europas beizutragen hat, der mit allen verhandelt und dem doch immer das Interesse seines Landes am meisten am Herzen liegt. Aber nein, jetzt werde ich zehnmal dafür belohnt, daß ich beide Augen zudrücke, wenn der König meine Frau in sein Bett holt.«
Ich schwieg weiter mit gesenktem Blick. Als ich wieder aufschaute, lächelte er mich an, mit einem ironischen, halb traurigen schiefen Lächeln. »Ah, meine kleine Frau«, sagte er sanft. »Wir hatten nicht viel Zeit miteinander, nicht? Wir haben nicht sehr oft im gleichen Bett geschlafen und einander nicht sehr gut geliebt. Wir haben keine Zärtlichkeit gelernt und schon gar keine Leidenschaft. Wir hatten so wenig Zeit.«
|174| »Das bedaure ich auch«, flüsterte ich.
»Daß wir einander nicht beigewohnt haben?«
»Mein Lord?« fragte ich, aufrichtig verwirrt über die plötzliche Schärfe seiner Stimme.
»Eure Verwandten haben mir außerordentlich taktvoll nahegelegt, daß ich vielleicht alles geträumt hätte, daß wir nie das Bett geteilt hätten. Ist das Euer Wunsch? Daß ich leugne, Euch je besessen zu
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