Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
hervorzuholen.
„Sollen
wir zuerst mit der hier beginnen?“ Ohne seine Antwort abzuwarten, hatte sie sie
bereits geöffnet und nahm das obenauf liegende Samtsäckchen heraus. Sie zog an
der Kordel und griff nach der goldenen Taschenuhr, mit dem eingravierten Adelswappen.
Es zeigte ein Ritterschild mit einem Kreuz darauf, das von einer Sonne und drei
im Halbkreis angeordneten Sternen gekrönt war. Sie würde das Wappen später auf
ihrem Laptop recherchieren. Dann schüttete sie noch ein Dutzend Gold- und
Silbermünzen, alle um die Mitte des 18. Jahrhunderts geprägt, auf den Tisch. Aber
der Inhalt des Säckchens schien ihr bei weitem nicht so interessant zu sein,
wie das sorgfältig verschnürte Päckchen Dokumente, dem sie sich nun als
nächstes zuwandte. Vorsichtig löste sie das darum gewickelte blaue Band und zog
mit spitzen Fingern einen schweren, eng beschriebenen Bogen heraus. Sie faltete
ihn auseinander. „So ein Mist“, schimpfte sie dann. „Ein Geheimcode. Nichts als
Zahlen und Buchstaben, einige davon in Spiegelschrift. Vermutlich mit einer
Schablone gefertigt“, bemerkte sie, während sie sich einen Stuhl heranzog. „Es
sind gute zwei Dutzend. Am besten wir schauen sie parallel durch, das geht
schneller.“
Lukas
stimmte zu und setzte sich neben sie. Auch sein Pergamentbogen enthielt
lediglich Zahlen und Buchstaben. Neben ihm stieß Rabea einen Seufzer aus und
streckte die Hand nach dem nächsten aus. Ihr Zopf streifte dabei leicht seinen
Arm. Schwach nahm Lukas einen Duft nach frischen Blumen wahr. Er wagte einen verstohlenen
Blick auf sie. Rabea kaute konzentriert auf ihrer Unterlippe, während sie
offenbar versuchte, das Geheimnis des Codes zu ergründen. Seine Kehle zog sich
in plötzlicher Sehnsucht zusammen. Solange er von Rabea getrennt war, sie nicht
sehen, ihre Gegenwart nicht spüren und ihren ganz besonderen Duft nicht
wahrnehmen konnte, hatte er es fertiggebracht, ein Leben fern von ihr zu
führen. Ihr jetzt so nahe zu sein, brachte all die sorgsam verdrängten Erinnerungen
an ihre gemeinsam verbrachten, wundervollen Stunden zurück.
Das
Klingeln von Rabeas Handy bewahrte ihn davor, eine Dummheit zu begehen. Rabea
zuckte herum und nur deshalb nahm sie den Schatten hinter sich wahr. Sie
reagierte instinktiv. Mit einer Kraft, die ihr Lukas nie zugetraut hätte, stieß
sie ihn vom Stuhl, im selben Moment fiel ein Schuss. Schon schnellte sie hoch
und sprang dem überrumpelten Angreifer mit voller Wucht in den Schritt,
genauso, wie Jules es ihr beigebracht hatte. Der Angreifer stürzte rückwärts zu
Boden und krümmte sich vor Schmerz zusammen. Rabea schnappte sich sofort seine
Waffe. „Elendiger Dreckskerl“, schimpfte sie und stieß dem Mann ihren Fuß
kräftig in die Rippen. Lukas saß benommen auf dem Boden und sah ungläubig auf
den Mann und dann auf Rabea. Das Telefon hatte aufgehört zu läuten.
„Mensch
Lukas, du blutest!“
„Was?“,
ächzte Lukas und betastete seinen Kopf. Verblüfft starrte er dann auf seine
blutverschmierte Hand.
„Es
ist nur ein Streifschuss“, beruhigte ihn Rabea. „Ich kümmere mich sofort darum.
Aber zuerst müssen wir das feige Schwein hier verschnüren. Hier, nimm die Waffe.“
Sie drückte sie ihm in die Hand und ließ den Angreifer dabei keine Sekunde aus
den Augen. „Knall ihn ab, wenn er sich rührt. Ich schaue nach, ob ich etwas zum
Fesseln auftreiben kann.“ Gleich darauf kehrte sie mit einer
Hanfschnur aus der Küche zurück. Trotz des Ernstes der Situation konnte sich
Rabea beim Anblick ihres Freundes ein Grinsen nicht verkneifen. Immer noch auf
dem Boden sitzend, hielt Lukas die Waffe mit beiden Händen möglichst weit von
sich gestreckt, als wäre sie ein stinkender Fisch und seine angeekelte Miene
schien sowohl die Pistole als auch den Mann einzuschließen.
Gabriel
überlegte kurz, ob er sich ungeachtet der Pistole auf Lukas stürzen sollte.
Aber bei dessen Pfaffenglück ging sie von alleine los. Außerdem lähmte ihn noch
immer der Schmerz. Er würde einen besseren Moment abwarten. Ohne zu zögern
kniete Rabea hinter dem Killer nieder und packte mit energischem Griff seine
Hände. Sie zog sie nach hinten, und band sie dem Mann fest auf den Rücken. Mit
seinen Beinen verfuhr sie auf die gleiche Weise. Der Vollstrecker warf Rabea einen
hasserfüllten Blick zu. "Es ist noch nicht vorbei, Hure", zischte er.
"Jetzt
habe ich aber Angst. Sieh dich doch an: Du bist gefesselt, deine Eier sind
Matsch und du bist allein. Ich kenne Typen
Weitere Kostenlose Bücher