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Die Seelenpest

Die Seelenpest

Titel: Die Seelenpest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Seidel
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mit Tim McDuff zu tun, den niemand mehr befragen konnte? Oder bildete er sich all das nur ein? Aus Angst vor Clifford?
    »Ich will den Hund hier von der Schule weghaben«, sagte er, »so schnell es geht.«
    »Ich will ihn sehen«, sagte Charles. »Ist er groß? Ein Sheppard?«
    »Ein Wolf«, antwortete Gregor. »Fast. Er sieht ziemlich gefährlich aus. Ein Kämpfer, genau wie du, Charles.«»Morgen kannst du ihn dir ansehen«, sagte Andrew. »Wer kommt nachher mit mir in die Küche, damit Clatter was zu fressen kriegt?«
    »Das mach ich besser alleine«, sagte Search.
    Andrew dankte ihm. »Greg und ich besorgen Filz und Tücher, um die Räder der Karre zu umwickeln, sonst wacht ganz London von dem Lärm auf.«
    »Das nehme ich euch übel, dass ihr mich hier liegen lasst«, beschwerte sich Charles.
    »Bedank dich bei Clifford!«, sagte Andrew. »Und mach die Augen zu, morgen will ich dich wieder auf den Beinen sehen.«
    Die drei Jungen gaben Charles die Hand und schlichen sich zur Tür.
    Im Flur war alles still.
    Sie gingen barfuß, sie kannten die Geräusche, die üblichen und die eher verdächtigen. Zwischen Dormitorium und Küche lagen das Wäschezimmer und die kleine Wohnung des Pedells. Vor dessen Tür trennten sich die Jungen. Search schlich in die Küche. Andrew und Gregor betraten das Wäschezimmer und stahlen Lappen, ein paar Schnüre und eine zerrissene Decke. Dann gingen sie zum Hauptportal, betraten den Hof und arbeiteten sich weiter bis zu dem Gang vor, der sie zum Deadhouse führte.
    Clatter schnaufte, als sie kamen. Er bewegte sich, versuchte sogar aufzustehen. Andrew flüsterte beruhigend, streichelte das raue Fell. Der Hund schnaufte erschöpft, aber er war wacher als am Vortag.
    Die Jungen umwickelten die Räder. Dann zogen sie den Karren aus der Ruine in den Hof. Gregor war der Späher, schlich voraus, pfiff leise Zeichen. Sie kamen ans Portal, das allerdings verriegelt war. Andrew kannte einen Trick, wie sich der Riegel, wenn man draußen war, zurückschieben ließ, ohne dass er in die Raste fiel, so dass er sich später abermals von außen öffnen ließ. Es war ein Schlitz im Holz, durch den er seine Messerklinge schob. Das verbotene Messer trug er in einer innen eingenähten Tasche an seinem Gürtel.
    Sie waren auf der offenen Straße, folgten ihr nach Westen, nahmen schmale, dunkle Gassen, wo sie konnten, und horchten ständig auf Geräusche, Schritte, Stimmen. Die Räder rumpelten gedämpft. Manchmal hallte es gefährlich von den Häuserwänden wider. Aber alle Fenster blieben dunkel, niemand rief nach ihnen oder schlug Alarm.
    In der Höhe von St. Pauls bogen sie nach Süden ab in Richtung Themse. Kurz vor der Uferstraße sah Andrew Licht und sie versteckten sich. Es war ein Trupp Soldaten, die laut redeten, schimpften und mit ihren Waffen klapperten. Gregor hatte seinen Spähervorsprung aufgegeben und half, den Wagen hinter einen Stapel Holz zu schieben. Die Männer kamen näher. Die Jungen wagten kaum zu atmen, als Clatter plötzlich leise jaulte. Die Männer horchten einen Augenblick, dann zogen sie weiter. Andrew kraulte Clatter und ließ sich von ihm die Hände lecken.
    »Jetzt sind wir wirklich Freunde, Clatter und ich«, flüsterte er Gregor zu.
    Die Stimmen der Soldaten wurden leiser. Zwischen den Häuserwänden hörte man den Fluss, wie sich das Wasser an den Stairs und Uferwänden brach.
     
     
    D ER S CHLANGENKELLER IN B RIDEWELL war das sicherste Versteck der Stadt. Niemand wäre je auf den Gedanken gekommen, dass man ihn betreten konnte.
    Als Andrew den Zugang vor zwei Jahren entdeckt hatte, war er über den Hof einer verlassenen Schmiede gekommen, um ein paar wilde Beerensträucher zu erreichen, die dort standen. Hier war er auf den Niedergang gestoßen, der überwuchert war und in die Kellergänge führte, von denen jeder annahm, dass sie seit der Flut im Jahre 1511, an die sich Andrew selbst erinnern konnte, vollständig unter Wasser lagen.
    Der Name Schlangenkeller hatte nichts mit den teuflischen Reptilien zu tun, sondern mit den gewundenen und weit verzweigten Gängen, die sich angeblich vom Themseufer bis in die Gegend um St. Bride’s Church erstreckten und aus den Tagen John Wiclifs stammten. Dort unten war Andrew auf einen höher gelegenen, trockenen Raum gestoßen, der nun als Treffpunkt und Versteck der Blackfrairs Seven diente.
    Der Raum war niedrig und feucht. In den Mauerwänden befanden sich überall Nischen, in denen Flugschriften lagen, mit Messern zerstochene

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