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Die Seltsamen (German Edition)

Die Seltsamen (German Edition)

Titel: Die Seltsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bachmann
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inzwischen fuchtelte die Dame wild mit den Händen und kratzte wie mit Klauen über den Stoff – »wird das Mittel zu einem ruhmreichen Zweck sein, und das andere« – die Hände sanken herab – »treibt sich noch immer irgendwo herum.«
    »Treibt sich herum«, wiederholte der Hochelf, wobei er jede einzelne Silbe betonte. »Treibt sich herum? Ein Mischling ist in meine Privatgemächer eingedrungen, hat die Nadel weiß was gesehen und marschiert jetzt so lebendig wie Feuerschein durch England?« Mr.   Lickerish griff nach einer Porzellanfigurine und schleuderte sie quer durchs Zimmer. »Finde ihn!«, schrie er. »Finde ihn sofort und töte ihn.«
    Die pflaumenfarbene Dame wandte sich zu Mr.   Lickerish um. Ihr Gesicht war ausdruckslos, ihr Mund schlaff. Sie verbeugte sich unbeholfen, und die rauhe Stimme sagte: »Ja, Mi Sathir. Nichts einfacher, als ihn aufzuspüren.«
    Hettie war zu den Scherben der Figurine gekrochen. Sie hob sie eine nach der anderen auf und starrte sie bestürzt an. Mr.   Lickerish wandte sich zu ihr um.
    »Und bring die da ins Präparationszimmer. Flehe Regen und Steine an, dass sie unseren Erwartungen entspricht, oder du und dein Schätzchen können sich in eurem derzeitigen Zustand davonstehlen, in der Gewissheit, dass sich daran nie wieder etwas ändern wird. Übrigens wird sie immer unansehnlicher. Dein Schätzchen.« Der Hochelf schnipste mit seinen langen Fingern und deutete auf die pflaumenfarbene Frau. »Vielleicht ziehst du ihr einmal etwas anderes an als dieses grässliche Kleid.«
    Mr.   Jelliby hatte die Nacht auf einer Bank im Hyde Park zugebracht. Sobald der triste Londoner Himmel hell genug war, sodass er wieder sehen konnte, machte er sich in nichts als seinem Morgenrock auf den Weg zu seinem Bankhaus und klingelte so lange an der Tür, bis ein verschlafener Angestellter ihn hineinließ. Er verlangte seine mit Edelsteinen besetzte Pistole und eine ganze Menge Geld aus dem Schließfach der Familie, und nachdem er beides erhalten hatte, nahm er eine Kutsche zur Saville Row, weckte den Schneider und zahlte den doppelten Preis, damit er sich frisch eingekleidet wieder verabschieden konnte – im neuen Überrock des Baron d’Erezaby nebst Wams, Satinkrawatte und Zylinder. Ein Eiltelegramm an sein Haus am Belgrave Square ließ Ophelia wissen, dass er in Sicherheit war und dass sie möglichst noch heute nach Cardiff aufbrechen und mit niemandem darüber reden sollte. Um acht Uhr morgens befand er sich bereits auf dem Weg nach Bath.
    Obwohl das Wetter unangenehm kalt und feucht war, erwies sich die Reise als durchaus angenehm. Die große schwarze Dampflokomotive raste durch ländliche Gegenden und zog dabei eine gewaltige Rauchfahne hinter sich her, weshalb Mr.   Jelliby durch sein Fenster nur verschwommene Grün- und Grautöne zu sehen bekam. Kurz vor der Mittagsstunde traf er in New Bath ein.
    Ihm war sofort klar gewesen, dass es sinnlos war, irgendwo anders hinzufahren. Aus den Londoner Koordinaten wurde er überhaupt nicht schlau, und die andere Adresse auf Mr.   Zerubbabels Papierfetzen befand sich oben im Norden in Yorkshire. Außerdem lebten die meisten Mischlinge in Bath. Falls Mr.   Jelliby irgendetwas tun wollte, um sie zu retten, musste er dort anfangen.
    Er stieg aus dem Eisenbahnwaggon in die Dampfschwaden auf dem Bahnsteig hinab. Er hatte viel von dieser lotrechten, schmutzigen Stadt gehört, war jedoch noch nie dort gewesen. Hierher kam man nur, wenn einem keine andere Wahl blieb. Der Bahnhof war weit über dem Fundament der Stadt errichtet worden, unter einer rostigen Kuppel aus Eisen und Glas. Die Bahnsteige lagen fast völlig verlassen da. Stationsvorsteher und Schaffner eilten von Waggon zu Waggon und sprangen schnellstmöglich auf das Trittbrett, als wäre der Boden vergiftet. Feen gab es hier keine. Und auch nur sehr wenige Menschen. Ein Blick auf die Häuser und Straßen, und Mr.   Jelliby beschloss, sich auf die Suche nach einer Kutsche zu begeben. Er kam sich vor wie in einem weitläufigen Kaninchenbau.
    Einige zweifelhafte Fortbewegungsmittel standen vor dem Bahnhof bereit – eine von Wölfen gezogene Kutsche, zwei riesige Schnecken mit Zelten auf ihren Häusern und zwölf Flaschen mit einem Zaubertrank, die einen wohl eher außer Gefecht setzen und den letzten Groschen kosten würden, anstatt einen an das gewünschte Ziel zu bringen. Mr.   Jelliby entschied sich für einen baumlangen Troll, der eine Sänfte auf dem Rücken trug, und warf eine

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