Die Shakespeare-Morde
achthundert
Meter zurück. Zeit ergab hier unten keinen Sinn.
Plötzlich griff ich in
etwas Matschiges, und der stechende Gestank von Ammoniak drang in meine
Nase. Der Tunnel verschwand - zumindest Wände und Decke. Ich sah auf.
Und sah schnell wieder nach
unten. An der Decke hingen Fledermäuse, Tausende, dicht gepackt wie
Bienen in einem Bienenstock, und sie starrten mit hellen Augen zu uns
herab. Als der Lampenschein sie traf, stoben sie auf und flatterten in
einer fiependen, schwirrenden Wolke durch die Höhle. Ich kniete mit
geschlossenen Augen im Dreck und hielt mir die Ohren zu, bis sie sich allmählich
wieder beruhigten.
Und dann sah ich, dass sich
der Dreck bewegte.
Es war kein Dreck. Es war
Guano. Und er lebte. Eine wimmelnde Masse von Insekten, Tausendfüßlern
und Spinnen, durchsichtig und blind.
So schnell wir konnten, kämpften
wir uns auf allen vieren durch die Höhle. Wir versuchten das
Schwirren der Fledermäuse über uns und das Krabbeln der Insekten
am Boden auszublenden. Die Höhle war nicht sehr groß,
vielleicht vier oder fünf Meter lang. Bald hatten wir einen weiteren
Tunnel erreicht, der tiefer in den Berg führte. Wir mussten ein paar
Felsbrocken hinaufklettern, um die Öffnung zu erreichen. Ich duckte
mich hinein und lehnte mich keuchend gegen die Wand.
»Willst du aufhören?«,
fragte Matthew.
Aus der Dunkelheit tauchten
Dr. Sanderson und Mrs Quigley und Athenaide vor mir auf. Folge dem Weg,
den es dir weist, flüsterte Ros’ Stimme. Doch ich konnte ihr
Gesicht nicht sehen. Ich schüttelte den Kopf und kam wieder auf die Füße.
»Gehen wir.«
Der Gang war hoch genug, dass
wir gebückt gehen konnten, mit einer Hand an der Decke. Ich hielt den
Kopf so, dass die Lampe vor uns auf den Boden leuchtete. Hier war weniger
Guano, und bald war er ganz verschwunden. Die Fledermäuse kamen nicht
so tief in die Höhle.
Der Gang machte mehrere
Biegungen. Dann griff meine Hand plötzlich ins Leere, und ich blieb
stehen. Bevor ich ihn halten konnte, schob sich Matthew an mir vorbei,
taumelte und rutschte ab. Ich packte ihn, bekam seinen Arm zu fassen, und
riss ihn zurück in den Gang. Einen Moment lang lagen wir keuchend am
Boden.
Matthew setzte sich zuerst
auf.
»Tu das nie wieder«,
sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. »Wenn ich stehen
bleibe, bleibst du auch stehen.«
»Okay.«
»Ich meine es ernst.
Wenn du die Gefahren, die in den Höhlen lauern, nicht ernst nimmst,
bist du ruck, zuck tot. Oder, wenn du Pech hast, langsam.«
»Schon gut. Tut mir
leid. Aber hast du das gesehen?«
Ich setzte mich auf und sah
mich um.
Vor uns öffnete sich die
vollkommene, unergründliche Tiefe des Raums. Etwa einen Meter unter
uns verschwand der Fels in einer Schlammfläche, die sich wie
polierter Marmor in der Dunkelheit verlor. Wir schienen am Ende eines
riesigen Saals zu stehen. Ich hatte keine Ahnung, wie groß er sein
mochte - ich spürte nur, dass die Finsternis hier aus Leere bestand,
die schwerelos war. Und die Erde war wüst und leer.
Doch wüst war es hier
nicht. Das Stück der Felswand, das ich sehen konnte, war von einer
welligen Schicht bedeckt, die aussah wie geschmolzenes Glas und im Schein
der Lampe rot, orange und rosa, gelb und bernsteinfarben funkelte: in
allen Farben der Sonne, die diese Kammer nie zu sehen bekommen hatte.
»Hallooooo!«,
rief Matthew, und der Klang seiner Stimme hallte im leeren Raum der Höhle
wider und steigerte sich in tausend Spalten zu einem vielfachen Echo.
Die einzige Antwort, die wir
bekamen, war ein einzelner Tropfen Wasser, ebenfalls gesteigert und
vervielfältigt, ein scharfes Ploppen wie ein Hammerschlag. Der
Prozess, der diese Höhle erschaffen hatte, lange bevor die Menschen
von den Bäumen stiegen und von der afrikanischen Savanne aus die
ganze Welt bevölkerten.
Matthew zeigte nach links.
Eine Fußspur führte in die Halle. Jemand hatte vor uns diesen
Ort betreten.
Vorsichtig ließ ich
mich von dem Sims herunter. Ich versank bis zu den Knöcheln im
Schlamm. Glücklicherweise war er glatt und bewegte sich nicht. Ich
machte ein paar Schritte an der Wand entlang und stellte fest, dass wir in
einer Art Ausbuchtung einer größeren Halle standen, so ähnlich
wie die Seitenkapelle einer Kathedrale. Vor und hinter uns ragten Säulen
aus nassem, glänzenden Stein in die Dunkelheit hinauf, wo mein
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