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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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mir nicht nehmen, selber einen Hasen aus dem Hut
     zu ziehen.          
    »Harvards First Folio
     ist ebenfalls verschwunden«, sagte ich. »Gestern Nacht.«
    Er fluchte. »Was ist
     mit diesem Buch von Chambers? Hast du es gefunden?«
    »Ja.«
    »Hilft es dir weiter?«
    »Ja.«
    Ich rechnete damit, dass er
     nachbohrte, doch diesmal überraschte er mich wirklich. »Egal
     was du gefunden hast, Kate, überlass es der Polizei. Lass sie die
     Folios suchen gehen.« Als ich schwieg, seufzte er. »Du willst
     nicht, dass die Polizei die Folios findet, richtig?«
    »Ros wollte es nicht.«
    »Ros wusste nicht, dass
     sie sterben würde und du in Gefahr sein würdest.«
    »Ich folge nur noch
     einer letzten Spur«, sagte ich wie zur Entschuldigung.
    Er seufzte wieder. »Vergiss
     nicht, dass am Ende dieses Regenbogens ein Mörder wartet. Mir gefällt
     es nicht, dass du allein da draußen bist.«
    »Ich bin nicht allein.«
    Schweigen. »Muss ich
     eifersüchtig sein, oder soll ich den Champagner rausholen?«,
     fragte er, als er die Sprache wiedergefunden hatte.
    »Beides, wenn du
     willst.«
    »Dann nehme ich an, es
     ist ein Mann. Wer ist es?«
    »Jemand Nützliches.«
    »Ich hoffe, das heißt,
     er ist ein guter Schütze«, erklärte Sir Henry finster.
     »Ich sage dir Bescheid, wenn es Neuigkeiten gibt, und du sagst mir,
     wann du nach Hause kommst. Bis dahin, pass auf dich auf.« Der
     Zweifel in seiner Stimme war nicht gerade ermutigend. Dann klickte es in
     der Leitung, bevor ich mich verabschieden konnte.
    Als ich Ben das Telefon zurückgab,
     war ich zu gleichen Teilen erleichtert und traurig. Sir Henry tat mir
     einen Gefallen nach dem anderen, und im Gegenzug hatte ich ihn ohne eine
     Nachricht hängen lassen. Kurz fragte ich mich, ob ich illoyal war,
     aber dann schob ich den Gedanken weg. Ich hatte nicht gelogen, und ich würde
     noch mehr als genug Zeit haben, Sir Henry die ganze Wahrheit zu erzählen.
    Falls ich je dahinterkam.
    »Haben Sie zufälligerweise
     mich gemeint, als Sie ›jemand Nützlichen‹ erwähnten?«,
     fragte Ben.
    »Sir Henry hat gesagt,
     er hofft, Sie sind ein guter Schütze. Sind Sie das?«
    »Wenn es sein muss.«
    »Wie kommt es?«
    »Übung.«
    »Ich habe Ihnen von mir
     erzählt. Jetzt sind Sie an der Reihe.« Als er schwieg,
     schilderte ich ihm meinen Eindruck. »Sie besitzen eine
     Sicherheitsfirma, die Fälle mit hohem Risiko bearbeitet, und Sie
     sagen, Sie sind gut im Spuren-Verfolgen und im Verschwinden. Sie sind ein guter Schütze, weil Sie Übung
     im Schießen haben, aber Sie waren ›nicht direkt bei der Armee‹.
     Ich habe nicht das Gefühl, dass Sie Ihren Job bei der Polizei gelernt
     haben; sonst würden Sie nicht so ein Geheimnis daraus machen. Heißt
     das, ich kann mich zwischen der IRA und der SAS entscheiden?«
    Die Spitze saß. »Klinge
     ich vielleicht irisch?«
    »Vor ein paar Stunden
     haben Sie wie Elvis geklungen.«
    »Vielleicht bin ich
     Elvis.«
    »Ehemaliger britischer
     Geheimdienst«, sagte ich kopfschüttelnd. »Einer davon,
     zumindest. SAS oder MI6? Das sind die Einzigen, die ich kenne.«
    »I ain´t nothing
     but a hound dog«, sang er, und es klang grauenhaft zum Soundtrack
     von U2.
    Ich sah ein, dass ich nicht
     weiterkam, und so erzählte ich ihm stattdessen, was Sir Henry von den
     Testergebnissen wusste. Sofort brach er sein Ständchen ab. »Das
     erklärt jedenfalls, warum Sinclair Sie so dringend sucht«,
     überlegte er. »Wenn er von dem Mord weiß, ist das Letzte,
     was er will, ein zweiter Mord. Und das Vorletzte, dass ihm ein Laie in
     seine Ermittlung hineinpfuscht.«
    *
    Kurz vor der Grenze nach
     Arizona hielten wir in der kleinen Stadt Mesquite an einer Tankstelle. Im
     Waschraum säuberte ich den Schnitt an meiner Hand und wusch mir das
     Gesicht. An der Kasse kaufte ich eine billige silberne Kette (echte
     indianische Handarbeit). Ich wollte die Brosche tragen, aber der Stoff
     meines T-Shirts war zu dünn dafür, und für eine Jacke war
     es viel zu heiß. Also hakte ich die Brosche an der Kette fest und
     trug die Kette um den Hals. Als Anhänger hing die Brosche ein wenig
     schief und ruinierte wahrscheinlich die Wirkung meines Dekolletes, aber
     ich hatte ein gutes Gefühl.
    Dann waren wir in Arizona.
     Die Straße folgte einem Flusslauf hinauf, der eine enge Schlucht in
     den Kalkstein gefressen hatte. Als wir das Hochplateau der Wüste im Süden
     von Utah erreichten, stand die Sonne tief und warf lange Schatten,

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