Die Shakespeare-Morde
entschuldigen, ich
werde gleich persönlich nachzählen.«
»Warten Sie«,
sagte ich. Ben stellte sich zwischen Dr. Sanderson und die Tür in der
Nische.
Sanderson blickte von Ben zu
mir. »Warum wollen Sie mich aufhalten? Wenn Ihnen, wie Sie sagen,
die Folger-Bibliothek und die Sicherheit unserer First Folios am Herzen
liegt?«
»Ich muss die
Bacon-Schriften sehen.«
»Dann ist das hier wohl
nicht für Mrs Preston.« Er trat einen Schritt vor und legte den
Papierstoß, den er in Händen hielt, auf den Tisch.
Delia Bacon, Schriften, stand
auf dem Deckblatt.
»Leider ist der
Lesesaal wegen der Konferenz geschlossen, und wenn Sie ins Magazin wollen,
lautet die Antwort nein. Zutritt haben nur langjährige Mitarbeiter.«
»Sie sind ein langjähriger
Mitarbeiter.«
»Sie wollen, dass ich
eine Recherche für Sie durchführe? Jetzt?« Langsam schien
er der Verzweiflung nahe. »Wie Sie mir eben klargemacht haben, muss
ich die First Folios nachzählen.«
»Das hier ist
wichtiger.«
Er zog die Brauen hoch.
»Was kann wichtiger sein, als neunundsiebzig First Folios zu beschützen?«
»Ein Manuskript.«
Er kniff die Augen zusammen.
»Was für ein Manuskript?«
»Ein
Shakespeare-Manuskript.«
Schweigen machte sich
zwischen uns breit. »Das ist eine ziemlich gewagte Behauptung, Dr.
Stanley.« Sein Blick glitt zur Wand. »Sie sehen ihr ähnlich,
wissen Sie.« Er zeigte auf das Bild von Elisabeth I. an der Wand,
und ich drehte mich um. »Eine große Königin. Aber wenn
sie etwas wollte, konnte sie nach Strich und Faden lügen.«
»Ich bin hierher
gekommen, obwohl ich wusste, dass es eine Falle ist, um Sie um Hilfe zu
bitten, Dr. Sanderson.«
»Ich schätze, das
entspricht nicht ganz der Wahrheit. Wahrscheinlich hat Ihr finsterer Mr
Hall hier eine Waffe dabei. Und wenn Sie, wie Sie sagen, nicht die
Schuldige sind, gilt die Falle ohnehin nicht Ihnen. Wobei ich annehme,
Ihre Suche hat etwas zu tun mit dem Verbrennen - oder Diebstahl - der
First Folios.«
»Ich bin weder Dieb
noch Brandstifter. Aber ich bin auf der gleichen Spur wie der Täter.
Ich muss ihm zuvorkommen. Ich bitte Sie um nichts, das gefährlich
oder illegal wäre. Sie müssen mir nur helfen, die Fährte
einer Frau aufzuspüren.«
Dr. Sanderson nahm sich einen
Stuhl und setzte sich an den Tisch, dann verschränkte er die Hände
auf dem Papierstapel. »Was können Sie mir im Austausch
anbieten?«
Ich blieb stehen. »Einen
Teil der Anerkennung, wenn wir es finden.«
»Und das Manuskript?«
Ich hörte Neugier und Gier in seiner Stimme.
»Es würde in eine
Bibliothek gehören.«
»In eine Bibliothek wie
die Folger?« Er rührte sich nicht, doch die Luft zwischen uns
schien zu zittern.
Langsam nickte ich.
Er schob den Papierstoß
über den Tisch. »Was brauchen Sie?«
»Die Frau, um die es
geht, hat im Jahr 1881 die Bacon-Erben angeschrieben und erhielt die
Erlaubnis, Delia Bacons Papiere durchzugehen. Ich suche eine Spur, die zu
ihr führt.«
Dr. Sanderson schüttelte
den Kopf. »Ich fürchte, unsere Unterlagen sind nur so gut wie
die der Familie.«
Ben hatte sich die Schriften
genommen und blätterte sie durch. »Sie steht nicht hier drin«,
sagte er dann und legte sie zurück auf den Tisch.
»Wie heißt sie?«,
fragte Dr. Sanderson.
»Ophelia«,
antwortete ich.
»Sehr passend für
eine Frau, die über eine Wahnsinnige recherchiert.«
»Ophelia Fayrer
Granville.«
Jetzt pfiff Dr. Sanderson
durch die Zähne. »Sie sind hinter dem Granville-Brief her.«
»Sie wissen davon?«
»Ich weiß von
einem Brief von Ophelia Granville in unserer Sammlung, doch den werden Sie
nicht in den Bacon-Dokumenten finden. Sie schrieb an Emily Folger, eine
unserer vier Gründer. In den frühen Dreißigerjahren. Mrs
Granville war die Tochter von Delia Bacons Arzt, dem Mann, der Delia
eingewiesen hatte. Er leitete eine private Nervenheilanstalt in
Henley-in-Arden. In der Nähe von Stratford.«
»Upon Avon?«
»Natürlich
›upon Avon‹. Wenn ich Stratford in Ontario gemeint hätte,
hätte ich das dazugesagt. Wahrscheinlich wollen Sie auch die Brosche
sehen.«
»Die Brosche?«
»Die Brosche, die
Ophelia Granville mit dem Brief an Emily Folger schickte. Sie haben eine
Kopie am Revers. Eine Reproduktion in Museumsqualität, exklusiv aus
unserem Museumsshop. Wussten Sie das nicht?«
Die Brosche an meiner
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