Die siebte Maske
Bildfläche, und Louise kam mit Adrienne hereingeschlendert, und dann schlenderte Louise wieder hinaus.
Die ganze Angelegenheit war nur inszeniert worden, um Mike und Adrienne Haven allein in einem Zimmer zusammenzubringen.
Mike war verärgert, aber es blieb ihm keine andere Wahl. Er fügte sich und sagte: »Da wären wir also wieder, was?«
»Ja, scheint so.«
»Und wie laufen die Dinge? Haben Sie Mr. Jerrick überzeugen können, daß es besser ist, sich einen Anwalt zu nehmen?«
»Ich glaube, er hat mittlerweile Angst genug bekommen, um es in Betracht zu ziehen. Wissen Sie, am Anfang hat er ganz fest geglaubt, das alles sei nur ein lächerlicher Irrtum. Natürlich sah es schlecht für ihn aus, aber da er unschuldig war, rechnete er damit, daß man das sehr schnell feststellen würde.«
»Aber das war nicht der Fall«, sagte Mike.
»Es ist nur noch schlimmer geworden«, fuhr Adrienne düster fort. »Es ist wie eine Verschwörung des Schicksals. Alles deutet auf ihn hin, aber alle Hinweise sind falsch.«
»Davon sind Sie nach wie vor überzeugt?«
Sie wartete, bis er sie ansah; erst dann antwortete sie.
»Noch nie in meinem Leben war ich von etwas so überzeugt, Mr. Karr.«
Mike seufzte. »Mrs. Haven, darf ich eine direkte Frage an Sie richten?«
»Natürlich.«
»Hat Louise dieses Abendessen so arrangiert, daß Sie mit mir sprechen können?«
»Ja«, gab Adrienne zu.
»Sie weiß, daß ich den Fall schon abgelehnt habe?«
»Sie haben abgelehnt, weil Tony sich nicht persönlich an Sie gewandt hat. Heute ist es anders, ich spreche mit Ihnen im Auftrag von Tony.«
»Warum hat Mr. Jerrick selbst keinen Versuch gemacht, sich mit mir in Verbindung zu setzen? Er hat das Recht, sich mit jedem Anwalt seiner Wahl zu verständigen. Er hätte mich bitten können, ihn aufzusuchen.«
»Also gut, er hat mich nicht direkt beauftragt. Aber ich weiß, er wird Ihre Hilfe nicht ausschlagen, wenn Sie mit ihm sprechen.«
Ihre Augen funkelten. Auf einmal fiel Mike ein, was Bill Marceau gesagt hatte: Du handelst dir eine Niederlage ein.
»Tut mir leid«, sagte er. »Ich glaube nicht, daß die Umstände diese Art von Eingreifen von mir erfordern. Ich habe meine Meinung nicht geändert, seit Sie bei mir waren, Mrs. Haven.«
»Sie haben einfach Angst!«
»Was?«
»Ich weiß doch Bescheid über Sie, Mr. Karr! Sie und Ihre sagenhafte Reputation! So märchenhaft, daß es Ihnen vor einer Niederlage schon in Gedanken graut.«
»Niemand verliert gern, Mrs. Haven.«
»Gewinnen oder verlieren – das ist alles, worauf es Ihnen im Moment ankommt! Aber so waren Sie nicht immer. Es hat eine Zeit gegeben, da haben Sie sich wirklich eingesetzt, um der Sache willen. Da ging es Ihnen nur um Gerechtigkeit. Aber jetzt – gewinnen, verlieren! Das ist alles.«
»Mrs. Haven …«
»Sie haben einfach Angst davor, mit Tony zu sprechen, weil Sie gehört haben, wie schlecht es um ihn steht. Und Ihren letzten Prozeß haben Sie verloren –«
»Ich spreche mit jedem«, erklärte Mike fest. »Mit jedem, der mit mir sprechen will. Aber das will Ihr Mr. Jerrick ja anscheinend nicht.«
Adrienne war den Tränen nahe. Aufgebracht stieß sie hervor: »Wie kann man sich nur in jemandem so täuschen? Louise hat mir geschworen, Sie seien der netteste, anständigste Mensch auf der Welt – Sie würden alles, wirklich alles unternehmen, wenn Sie das Gefühl hätten, es liege ein Unrecht vor …«
»Vielleicht irren Sie sich auch in der Beurteilung anderer Leute, Mrs. Haven. Vielleicht irren Sie sich im Hinblick auf Tony Jerrick.«
»Nein! Das ist ausgeschlossen!«
»Vielleicht ist all dieses vernichtende Beweismaterial gegen Jerrick wirklich echt. Vielleicht hat sich nicht nur das Schicksal gegen ihn verschworen. Vielleicht ist sein ärgster Feind die Wahrheit.«
»Die Wahrheit«, sagte Adrienne bitter. »Mein Gott, wie ich das Wort hasse!«
»Warum? Wenn es wahr ist, daß Tony Jerrick Ihren Gatten ermordet hat –«
»Das hat er nicht!«
»Mrs. Haven, mit dieser Meinung stehen Sie vermutlich ganz allein da.«
»Aber ich weiß es!« rief Adrienne. »Können Sie das denn nicht verstehen?«
»Nun gut, Mrs. Haven –«
»Ich weiß, daß er unschuldig ist! Und ich bemühe mich die ganze Zeit, Ihnen das begreiflich zu machen!«
»Es besteht ein großer Unterschied zwischen einer Tatsache und einem Gefühl. Und das Gesetz fordert strengste Beachtung dieses Unterschieds.«
Die Frau wandte sich ab, wirbelte so schnell herum, daß Mike dachte, sie
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