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Die Söhne.

Die Söhne.

Titel: Die Söhne. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Kohlenbecken, schwatzend, hüstelnd, frierend. Ernsthaft die Wände entlang reihten sich die Standbilder der großen Dichter und Denker. Immer wieder aus dem Schatten ins Licht tauchend, schaute auf die prunkvolle Menge der Kopf des Josephus, über die Schulter gedreht, hoch und hochfahrend, hager, fremdartig schimmernd, augenlos, voll wissender Neugier.
      Unmittelbar nach Sonnenaufgang stellten die dazu bestimmten Beamten die Präsenzziffer fest. Es ergab sich die Anwesenheit von fünfhundertsechzehn Senatoren, eine glückliche Zahl, denn sie war durch sechs teilbar. Dann hieß der amtierende Konsul, Verus Pollio, alle Türen des Gebäudes weit aufmachen, auf daß die Öffentlichkeit der Sitzung hergestellt sei, und leitete die Tagung mit der vorgeschriebenen Formel ein, sie möge dem römischen Volk Glück und Förderung bringen. Er stellte fest, daß zwei Drittel der Mitglieder anwesend, der Senat also beschlußfähig sei, und daß er die Sitzung nach Sonnenaufgang eröffnet habe. Er forderte den Chef des Kaiserlichen Protokolls auf, das zur Kenntnis zu nehmen.
      Es wurde dann zunächst die Vorlage des früheren Finanzministers Quintus Pedo beraten, der zufolge die von dem Baumeister Seiner Majestät Acil Aviola erfundenen Maschi nen in Zukunft bei der Erstellung von Bauten nicht benützt werden sollten. Quintus Pedo begründete seinen Antrag. Selber entzückt von der technischen Vollendung dieser Maschinen, die Zehntausende von Menschenhänden ersparten, habe er andernteils die Erfahrung machen müssen, daß diese Maschinen im Baugewerbe eine bedenkliche Arbeitslosigkeit hervorriefen. Seine Majestät habe dem genialen Architekten und Ingenieur eine Gratifikation anweisen lassen, die Verwendung der Maschinen aber für die kaiserlichen Bauten verboten. Er ersuche den Senat, entsprechend zu beschließen. Es war nicht viel Interesse für diesen Antrag da. Einer konnte sich des Witzes nicht enthalten, es wäre besser, statt die Anwendung der Erfindung des Aviola zu verbieten, durch Gesetz in allen öffentlichen Gebäuden die wohltätige Erfindung des Ingenieurs Sergius Orata einzuführen, die Zentralheizung. Im übrigen wurde der Antrag ohne Debatte angenommen. Die Senatoren, während des langwierigen Abstimmungsverfahrens, schwatzten unbekümmert über das Gesetz gegen die Juden.
      Endlich war es soweit. Der Konsul teilte den Berufenen Vätern den Wortlaut der Vorlage des Oberrichters Antist mit: »Wer einen Menschen, sei dieser frei oder leibeigen, aus Gründen der Wollust oder zu Zwecken des Profits kastriert, verwirkt die in dem Gesetz des Cornel über Körperverletzung vorgesehenen Strafen. Wer eine solche Kastrierung veranlaßt oder Beihilfe leistet, verwirkt die gleichen Strafen.« Dann ließ der Konsul die Senatoren in strenger Reihenfolge ihrer Anciennität aufrufen, jeden einzeln, und ihn befragen: »Was ist Ihre Meinung?«
      Alle wußten, daß Antist der Vorlage ihren nichtssagenden Text nur deshalb gegeben hatte, weil man den Anschein vermeiden wollte, als sei sie gegen die nach der Verfassung erlaubte Religionsbetätigung der Juden gerichtet. Aber schon der erste der republikanischen Senatoren, der befragt wurde, enthüllte die wahre Meinung der Vorlage und erklärte, er wünsche die Worte »aus Gründen der Wollust und des Profits« gestrichen und bitte außerdem, den Begriff der Kastrierung zu präzisieren, etwa durch die Worte »kastriert beziehungsweise sein Glied verstümmelt oder beschneidet«.
      Die liberalen Mitglieder des Senats wußten, daß es sinnlos war, die Vorlage als Ganzes abzulehnen. Ihr Wortführer schlug vor, dem Gesetz die Fassung des Antragstellers zu belassen, es aber nicht als Sondergesetz zu bezeichnen, sondern lediglich als Annex zu den Bestimmungen über Körperverletzung, wie sie in den Gesetzen des Labeo und des Cornel niedergelegt seien.
      Weitaus das meiste Interesse unter allen Rednern fand König Agrippa. Seine Stellung in Rom war seit der Abreise seiner Schwester nicht einfach. Titus zwar zeichnete ihn nach wie vor durch besondere Herzlichkeit aus, aber er vermied es, mit ihm allein zu sein, und er tat nichts, um die Angriffe abzuwehren, die die öffentliche Meinung der Stadt immer heftiger gegen ihn richtete. Auf der Bühne, in den Versen der Moralisten, in den Couplets der Straße und der Kabaretts war teils mit, teils ohne Witz immer wieder die Rede von seinen unzüchtigen Beziehungen zu seiner Schwester, seiner snobistischen Eleganz, von seinem

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