Die Springflut: Roman (German Edition)
die Ermordung eines Journalisten?«
»Dadurch, dass ich die Verbreitung einer Menge haltloser Behauptungen über uns gestoppt habe.«
»Wer hat ihn ermordet?«
»Das weiß ich nicht.«
»Du hast einfach jemanden angerufen?«
»Ja.«
»Hallo, hier spricht Bertil Magnuson, ich möchte, dass Jan Nyström aus dem Weg geräumt wird.«
»So ungefähr.«
»Und daraufhin ist er ermordet worden.«
»Er ist bei einem Autounfall gestorben.«
»Wie viel hast du dafür bezahlt?«
»Fünfzigtausend.«
»Ist das der Preis für einen Mord in Zaire?«
»Ja.«
Der Mann drückte eine Taste auf dem CD -Player und sah den auffallend gefassten Grandén an. Im Hintergrund rauschte leise der Wasserspender. Jemand kritzelte auf einem Block.
»Der Journalist Jan Nyström wurde am 23. August 1984 in Zaire ermordet. Wie wir gerade gehört haben, geschah der Mord im Auftrag von Bertil Magnuson, Vorstandsvorsitzender der damaligen Firma MWM . Zum gleichen Zeitpunkt saßt du selbst im Vorstand des Unternehmens.«
»Das ist korrekt.«
Seine Unterlippe hatte er wieder vorgeschoben.
»Was hast du gewusst?«
»Von dem Mord?«
»Ja.«
»Nichts. Aber ich erinnere mich, dass Nils Wendt mich nach Nyströms Tod anrief und mir erzählte, der Journalist sei mit einer sehr kritischen Reportage über das Projekt der MWM dort unten in ihr Büro in Kinshasa gekommen und habe um einen Kommentar gebeten.«
»Hat er einen bekommen?«
»Magnuson und Wendt versprachen ihm, am nächsten Morgen Stellung zu seinem Artikel zu beziehen, aber er tauchte nicht auf.«
»Er wurde ermordet.«
»Offensichtlich.«
Grandén warf einen Blick auf den CD -Spieler.
»Hat Wendt damals noch etwas gesagt?«, fragte der Mann.
»Er behauptete plötzlich, dass an dem, was der Journalist in der Reportage schreibe, eine Menge dran sei und er selbst die Nase voll habe von Magnusons Methoden und aussteigen wolle.«
»Aus der MWM ?«
»Ja. Er hatte die Absicht, das Unternehmen zu verlassen und abzuhauen. ›In den Untergrund zu gehen‹, wie er sich ausdrückte. Aber erst wolle er sich noch eine Lebensversicherung besorgen.«
Der Mann zeigte auf den CD -Player.
»Er hat offenbar versteckt einen Kassettenrekorder mitgenommen und Bertil Magnuson dazu gebracht, ihm zu gestehen, dass er den Mord in Auftrag gegeben hatte.«
»Sieht ganz so aus.«
Grandén verschwieg ihnen einen weiteren Anruf, den er am nächsten Tag von Bertil Magnuson bekommen hatte, der ihm erzählt hatte, dass Wendt verschwunden war und fast zwei Millionen Dollar von einem Konto für »diverse Kosten« fehlten. Grandén wusste, dass dieses Konto für Wirtschaftsprüfer unsichtbar war und benutzt wurde, um für die Dienste lichtscheuerer Gestalten zu zahlen, wenn Probleme auftraten.
Wie es sie mit Jan Nyström augenscheinlich gegeben hatte.
»Woher habt ihr das Gespräch?«, erkundigte er sich.
»Von Mette Olsäter, Landeskriminalpolizei. Anscheinend hatte sie von deinem empörten Beitrag auf Twitter gehört und fand, dass wir die Chance haben sollten, uns das hier anzuhören und mit dir zu sprechen, bevor die Medien Wind davon bekommen.«
Grandén nickte. Langsam ließ er den Blick über die Gruppe schweifen, aber niemand sah ihn an. Schließlich stand er auf und schaute sich um.
»Bin ich eine Belastung?«
Er kannte die Antwort bereits.
Einen hohen politischen Posten in der europäischen Spitze konnte er jedenfalls vergessen, dafür bildete sein enger privater und offizieller Kontakt zu Bertil Magnuson eine zu große Belastung. Außerdem hatte er zum Zeitpunkt des Mordauftrags im Vorstand von MWM gesessen.
Mit großen Schritten verließ er den Regierungssitz und ging in die Altstadt. Er wusste, dass er vor den Trümmern seiner politischen Karriere stand. Bald würde die Treibjagd auf ihn beginnen, nachdem er so lange und gut von seinen öffentlichen Auftritten und seinen arroganten Twitterbeiträgen gelebt hatte. Sie würden ihn in der Luft zerreißen, das wusste er.
Ziellos flanierte er durch die engen Gassen. Der laue Gegenwind ließ seine dünnen, blonden Haare hochstehen. Gebückt ging er in seinem eng geschnittenen, blauen Anzug dahin, alleine und wie eine gespenstische Vogelscheuche. Die jahrhundertealten Häuser neigten sich über seinen großen, schlanken Körper.
Seine Zeit als Twitterer war vorbei.
Plötzlich stand er vor dem Salon seines Friseurs in der Köpmangatan. Er trat ein und grüßte mit einem Kopfnicken den Friseur, der gerade etwas Gel in die schwarzen Haare
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