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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
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Sie hatten Muscheln gesammelt, zugesehen, wie die kleinen Krabben ein Heim verließen und sich eilig ein anderes suchten, dann waren sie schwimmen gegangen und hatten in der Sonne gelegen, und die ganze Zeit hatten sie miteinander geredet.
    Sheppard, das wusste sie, hatte ihnen an diesem Tag Gesellschaft leisten wollen, aber sie hatte klargemacht, dass es ein Tag nur für sie und Annie war. Wenn er mitgekommen wäre, wäre Annie trotzdem entführt worden?
    Wahrscheinlich nicht.
    Männer wie dieses Monster waren vermutlich in Anwesenheit eines anderen Mannes nicht so mutig. So zu denken war genau das, was Feministinnen durchdrehen ließ, und es ärgerte sie, dass sie es trotzdem tat. Schließlich hatte sein Geschlecht ihren Mann auch nicht gerettet, als er 1992 in einen Supermarkt gegangen war und ein anderer Mann ihn erschossen hatte.
    In jenen schrecklichen Augenblicken, als ihr klar geworden war, dass der Mann am Strand, der sie um Hilfe bat, der Grund für ihre Unsicherheit war, hatte Annies und ihre Verwundbarkeit sie verängstigt. Ihr Instinkt hatte ihr geraten zu fliehen. Sie war eine Frau allein mit ihrer Tochter auf einem verlassenen Strand. Sie war nicht bewaffnet. Sie hatte keinen schwarzen Gürtel in Karate und nicht einmal eine Dose Pfefferspray.
    Sheppard hätte nach seiner Pistole gegriffen.
    Dann wäre Sheppard jetzt vielleicht tot.
    Mira rieb sich erneut mit den Händen über das Gesicht, und als sie aufschaute, sah sie Jake zurück zum Wagen kommen. »Diego ist nicht im Büro«, sagte er. »Er ist wahrscheinlich in einer der Hütten. Er ist einer der Dichter hier und arbeitet Teilzeit im Büro.«
    »Kennst du alle hier?«
    Er setzte sich hinters Steuer, schloss die Tür, ließ den Wagen an. »Ich bin selbst eine Art Teilzeitbewohner. Ich fotografiere, aber die Bar zahlt die Rechnungen. Manchmal komme ich für eine Woche oder zwei her, nur um zu fotografieren und in der Dunkelkammer zu arbeiten.«
    Mira dachte an ihre Digitalkamera, ihr wurde klar, dass sie sie auf der Kühlbox hatte stehenlassen, am Strand, im Jahr 2003. Sie hoffte, Sheppard würde sie finden, und sie hoffte, dass der Mann im Hintergrund der Fotos, die Annie von ihr gemacht hatte, zu sehen wäre. Aber selbst wenn er die Kamera fand und den Mann auf einem der Fotos entdeckte, was würde das bringen? Fünfunddreißig Jahre trennten ihn von dem Mann, von ihr, von Annie.
    Die Wirklichkeit ihrer Situation brach wieder über sie herein, und Mira drückte ihren Rücken erschöpft gegen die Lehne. Die Übelkeit kehrte zurück, ihr wurde schwindelig. Ein Summen begann hinter ihren Augen, dann erfüllte es plötzlich ihren Schädel und breitete sich wie heißes, flüssiges Wachs über den Scheitel ihres Kopfes bis hinunter zu ihrem Nacken und den Schultern aus. Ein Gefühl wie ein Elektroschock schoss durch ihre Gesichtsnerven, dann in die Schultern, durch ihre Arme bis in die Fingerspitzen. Ihr ganzer Körper fühlte sich an, als stünde er in Flammen, er strahlte hell wie radioaktiver Müll und summte wie eine Stimmgabel.
    Der Ton wurde immer heller und lauter; sie drückte seitlich gegen ihren Kopf, sie presste ihre Handballen gegen ihre Schläfen. Der Druck ließ das Summen jedoch nur noch schlimmer werden. Jetzt klang es wie das Kreischen von tausend panischen Vögeln. Heiße Nägel wurden in ihren Kopf eingeschlagen. Ihre Brust war glühend heiß, sie konnte kaum Atem holen, dann zuckte sie vorwärts, sie keuchte, ihre Hände suchten nach dem Armaturenbrett. Gerade als sie glaubte, es nicht mehr aushalten zu können, als die Schwärze schon in ihr Blickfeld kroch, stoppten die entsetzlichen Schreie in ihrem Kopf und ein leises, erträgliches Brummen machte sich in ihrem Schädel breit.
    Der Wagen stand, Jake war ausgestiegen, jetzt riss Mira ihre Tür auf und taumelte hinaus in die warme, frische Luft. Ihre Haut war extrem empfindlich, als wären alle ihre Poren geöffnet. Sie hatte keine Ahnung, was gerade geschehen war, aber ihre Haut fühlte sich eigenartig an, elektrisch.
    Jake und eine dunkelhäutige Frau kamen aus einer der Hütten, er deutete auf seinen Wagen. Die Frau, die einen Eimer in einer Hand und einen Besen in der anderen hielt, zögerte, dann zuckte sie mit den Achseln, stellte ihre Sachen ab und kam mit ihm zusammen auf sie zu.
    Mira ging ihnen entgegen, und Jake stellte sie vor. »Mira, das ist Lydia. Lydia – Mira.«
    »Hey«, sagte Lydia. »Jake sagt, dass du eine Unterkunft brauchst.«
    »Bloß eine Woche oder

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