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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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so schwerwiegenden Fällen», widersprach er.
    «Aber selbst wenn Ihr ihn anzeigt, wird Euch doch niemand glauben», versuchte Marysa an seinen Verstand zu appellieren. «Scheiffart ist viel zu mächtig. Jeder einzelne Kanoniker des Marienstifts wird für ihn bürgen, und Beweise oder Zeugen habt Ihr doch nicht, Meister Reinold. So seid doch vernünftig!»
    «Was soll das heißen? Hältst du mich etwa für unvernünftig?» Reinolds Augen glitzerten zornig.
    Hinter Marysas Schläfen begann es zu pochen, und der heiße Ball in ihrer Magengrube verursachte ihr Bauchschmerzen. «Jawohl, das tue ich, Meister Reinold», entfuhr es ihr, bevor sie noch richtig nachdenken konnte. «Ihr verfolgt da eine fixe Idee, die sich nicht umsetzen lässt. Und gefährlich ist sie obendrein, denn mit mächtigen Männern wie Johann Scheiffart legt man sich nicht an. Überlegt doch: Klas wurde im Dom erschlagen. Glaubt Ihr, Euch wird es anders ergehen, wenn Ihr Euch einmischt?»
    An Reinolds Hals begann eine Ader heftig zu pulsieren. Er starrte Marysa wütend an. «Gerade weil Klas erschlagen wurde, solltest du mir zustimmen! Wenn ich Scheiffart das Handwerk lege, wird er vielleicht auch für den Mord bestraft.»
    «Aber seht Ihr denn nicht, wie unsinnig das ist?», rief Marysa nun aufgebracht. «Ohne Beweise oder Zeugen könnt Ihr rein gar nichts ausrichten.»
    Reinolds Hand schoss vor, und er packte Marysa grob an der Schulter. Mit einem Ruck zog er sie zu sich heran. «Die Beweise werde ich beschaffen, verlass dich darauf. Die Schöffen müssen der Anzeige nachgehen und das Marienstift und Scheiffarts Wohnung durchsuchen. Das haben sie schließlich mit unserem Haus auch gemacht.»
    Marysa stieß einen leisen Schmerzenslaut aus und riss sich los. «Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass sich die Schöffen mit der Domimmunität anlegen? Und schon gar nicht während der Heiltumsweisung! Gar nichts werden sie tun. Und Euch werden die Kanoniker wegen Verleumdung anklagen.» Sie wich mehrere Schritte zurück, sodass der Tisch zwischen ihr und Reinold stand. Mehrmals atmete sie ein und aus, um sich zu beruhigen, dann sagte sie: «Wenn Ihr wirklich sicher seid, dass dieser Augustiner und Scheiffart unter einer Decke stecken, dann geht zu Bruder Christophorus und erzählt ihm, was Ihr herausgefunden habt.»
    «Zu dem Dominikaner?» Reinold blickte sie irritiert an, unterließ es jedoch, ihr um den Tisch herum zu folgen. «Wozu soll das gut sein?»
    Marysa rieb sich ihre schmerzende Schulter. «Er ist doch Inquisitor. Er wird wissen, was zu tun ist und wie man Scheiffart beikommen kann, falls das überhaupt möglich ist. Aber auch er wird Euch sagen, dass man ohne Beweise nichts tun kann.»
    Reinold runzelte die Stirn. «Du scheinst dich ja gut mit dem Dominikaner zu verstehen.»
    Überrascht merkte sie auf. «Ich kann ihn nicht ausstehen. Aber er hat versprochen, uns zu helfen, sollte es nötig sein. Lieber wäre es mir allerdings, Ihr würdet die Sache ruhen lassen. Wenigstens bis nach der Kirmes. Wir sind doch auf den Reliquienhandel gar nicht angewiesen. Und es gibt andere, die mehr davon … die mehr Erfahrung darin haben.»
    Noch bevor sie den Satz beendet hatte, wusste sie, dass sie zu weit gegangen war. Reinolds Augen wurden groß, er starrte sie so zornig an, wie sie es noch nie erlebt hatte. «Du wagst es, mir das ins Gesicht zu sagen?», brüllte er, war mit drei Schritten um den Arbeitstisch herum und packte sie mit beiden Händen grob an den Schultern. «Du weißt wohl tatsächlich nicht, wo dein Platz ist, wie? Vater hatte anscheinend recht. Wenn ich entscheide, dass ich mit dem Reliquienhandel beginnen will, hat dich das überhaupt nichts anzugehen. Du tust das, was ich dir sage, alles andere überlässt du gefälligst mir. Wenn Klas noch leben würde, hätte ich keine Veranlassung, dich morgen auf den Parvisch zu schicken, um die Reliquiare zu verkaufen. Aber du wirst mir gehorchen und dich ansonsten aus meinen Angelegenheiten heraushalten. Ist das klar?»
    Marysa schrie leise auf, als sich seine Daumen in ihre Schultergelenke bohrten.
    «Außerdem ist der Grundstein ja schon gelegt. Die Briefe an die Freunde deines Vaters sind bereits geschrieben und verschickt. Jetzt werde ich gewiss keinen Rückzieher mehr machen.»
    Sein Griff lockerte sich etwas, und Marysa atmete auf. Doch obwohl ihre Schultern höllisch schmerzten, war in ihrem Inneren so etwas wie Trotz erwacht. Sie konnte einfach nicht begreifen, wie dumm und unbesonnen sich

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