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Die Stimmen des Flusses

Die Stimmen des Flusses

Titel: Die Stimmen des Flusses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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deiner Frau.«
    »Ich kann auch reden.«
    »Ich habe aber keinen Mann, zu dem du mit dieser Geschichte laufen könntest.«
    Das Geschäft wurde noch am selben Nachmittag besiegelt, und sie riefen sogar noch vom Büro aus den Notar an.
    Als sie das Büro verlassen hatte, starrte Rafel Agullana eine geschlagene Viertelstunde lang die Tür an, aufgewühlt, mit verlorenem Blick, und dachte darüber nach, ob er das nun gut oder schlecht gemacht hatte, ob es sich gelohnt hatte und vor allem, was eigentlich an diesem Nachmittag geschehen war.
    Alles war perfekt inszeniert. Sie hatte sie nach Casa Gravat eingeladen, auf ihr eigenes Territorium. Unter der Aufsicht von Ció, der Nachfolgerin der schmerzlich vermißten Bibiana, wischten die Dienstmädchen zwei Tage lang den nicht vorhandenen Staub. Sie ließ die Reliefkarte bringen, die sie Valentí unter einem Vorwand hatte anfertigen lassen. Dem Vermessungsamt hatte damals eingeleuchtet, daß eine genaue Kenntnis des Geländes in diesem Gebiet wichtig war, solange das Problem mit dem Maquis, unter uns gesagt, alles andere als gelöst ist. Sie engagierte einen klugen, ambitionierten Kartographen. Sie ging auch mit Ció gemeinsam in den Keller, um sicherzustellen, daß die fünf Flaschen Châteauneuf noch da waren, sie ließ für alle Fälle fünf Gästezimmer herrichten, und als nur noch drei Tage fehlten, setzte sie sich an den erloschenen Kamin und wartete auf die Schweden.
    Senyora Elisenda sah ins Weite, als habe sie die geliebte Landschaft vor Augen, während der Kartograph den genauen Grenzverlauf des gesamten Berges von Tuca Negra darlegte: bis zu dieser Rinne. Sie ließ sich dazu herab, einen prüfendenBlick auf die Besitzurkunden zu werfen, die Rechtsanwalt Gasull – der schrecklich nervös war, weil er zum ersten Mal internationale Geschäfte für Senyora Elisenda tätigte – den Käufern zeigte, sah wieder ins Weite, als der Rechtsanwalt die Zahlungsbedingungen erläuterte, und fühlte sich glücklich, erfüllt und bestätigt, als Herr Enqvist erklärte, er halte den Preis für angemessen. Mit der Unterzeichnung des Kaufvertrags konsolidierte sie nicht nur ihr Vermögen, eines der größten des Landes, sondern sie war in diesem Augenblick auch so klug, eine Taktik einzuschlagen, die Ignasi von den Paraches und Rafel Agullana vergeblich bei ihr versucht hatten und auf die sie zuvor vielleicht nicht gekommen war: »Sag ihnen, daß ich bereit bin, gegen eine Geschäftsbeteiligung auf einen Gutteil des Preises zu verzichten.«
    »Weißt du, was sie dort einrichten wollen?«
    »Eine Skistation.«
    »Das ist der Ruin. Diese Herren denken, daß die Leute hier so verrückt aufs Skifahren sind wie in Schweden.«
    »Beschränk du dich darauf, ihnen meinen Vorschlag zu unterbreiten«, sagte sie zu dem jungen Rechtsanwalt und lächelte den Schweden zu. »Ums Denken und Entscheiden kümmere ich mich.«
    Während des Tees, den die Schweden für sein Aroma und seine Farbe lobten, redeten sie über alles außer über das Geschäft, das sie soeben abgeschlossen hatten: den Verkauf des gesamten Berges von Tuca Negra und die persönliche Beteiligung von Senyora Elisenda Vilabrú Ramis in Form eines ansehnlichen Happens der Aktien der Frölund-Pyrenéerna Korporation. Rechtsanwalt Gasull knabberte an einem Keks und übersetzte, so gut er konnte. Sie war bezaubernd, so selbstsicher, so voller Aplomb trotz ihrer Jugend – schließlich ist sie noch keine vierzig –, zugleich aber ist sie eiskalt, stets entschlossen, alles selbst in die Hand zu nehmen, unnahbar wie eine Göttin, und sie merkt nicht einmal, daß ich vor ihr stehe und bereit bin, alles für sie zu tun, sogar – Gottbewahre! – für sie das Gesetz zu brechen. Mit ihren neununddreißig Jahren ist sie schon eine Königin, meine Königin. Ich werde dir immer treu sein.
    Der Anruf der Internatsleiterin kam äußerst ungelegen. Während Herr Enqvist und Herr Ahnlund noch überlegten, ob sie nicht doch in Casa Gravat übernachten und am nächsten Tag ein Taxi rufen sollten, das sie zum Flughafen bringen würde, rief Senyora Pol an, ein wenig konsterniert ob des ausweichenden, seltsamen, in einem Wort besorgniserregenden Verhaltens des Jungen.
    »Er arbeitet nicht, er will nicht spielen, er sieht den ganzen Tag nur aus dem Fenster, kurz gesagt: Er tut nichts.«
    »Und was raten Sie mir?«
    »Daß Sie ihn auf der Stelle abholen.«
    »Entschuldigen Sie, aber ich bin gerade …«
    »Sagen Sie, hat er seinen Vater sehr

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