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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ja in der Nachbarkammer. Aber genau das war das Problem. Nie zuvor waren sie getrennt gewesen, hatten nie zuvor ohne die andere einschlafen müssen. Nun waren sie getrennt, und Margaret schlief in den Armen eines Mannes. Christina starrte in das Loch, wo Katalins Kreuz nicht mehr zu sehen war – vielleicht hatte eine Ratte sich des Schatzes bemächtigt und ihn weggeschleppt. Ein Schwall aus Wut und Trauer stieg in ihr hoch. Sie hasste Ratten und diese hässliche, schmutzige Burg und ihren grässlichen Herrn und seine unzivilisierten Untertanen. Kindlich-trotzige Unzufriedenheit überschwemmte ihren Geist und spülte sie hinab in das warme Meer des Selbstmitleids …
    Ein Schrei zerriss die raschelnde, geräuschvolle Stille der Kammer.
    Er begann spitz und schrill und fiel dann wie aufgeregter Blätterregen zu Boden.

FÜNFTES KAPITEL
    Es ist besser, du gelobst nichts,
denn dass du nicht hältst, was du gelobst.
    Lass deinem Mund nicht zu,
dass er dein Fleisch verführe;
    und sprich vor dem Engel nicht:
Es ist ein Versehen.
    (Prediger Salomo 5,4-5)
    M argaret lag zusammengekrümmt am Boden. Ihr ganzer Körper schüttelte sich unter Schluchzern, ihre Hand krallte sich hilfesuchend in das mit Heidekraut bestreute Binsenbett, mit dem die Königskammer ausgelegt war. Flöhe sprangen wie kleine schwarze Punkte erschreckt davon, die Katze saß mit gesträubtem Nackenfell in der Ecke und fauchte, als wäre der Teufel persönlich zugegen.
    »Salva me, salva, salva me …« Sie zerfloss in Tränen und Furcht – die Frauen, die ihr zu Hilfe hatten eilen wollen, wagten den letzten Schritt nicht mehr, zu furchterregend war ihr Zustand. Malcolm stand auch dieses Mal hilflos neben ihr. Nichts an seiner Gestalt erinnerte an den stolzen Anführer aus der Halle, seine massige Nacktheit erfüllte den Raum sogar mit unheiliger Düsternis. Das haarige Geschlechtsteil hing herab wie ein knorriger Ast, bebend vor Enttäuschung, ein weiteres Mal nicht zum Zuge gekommen zu sein.
    Die Zeugen des Ehevollzugs drängten sich tuschelnd an die Wand. »Merkwürdig ..«, hörte man und: »Verdächtig …« und: »Angelsächsin«. Da fuhr er herum.
    »Hinaus! Alle! Marsch!« Und wie eine Herde Schafe gehorchten sie ihrem König, der Letzte schloss sogar die Tür. Malcolms Diener war geblieben – und Christina, die den Schrei ihrer Schwester nur von draußen gehört hatte, weil sie der Brautnacht nicht hatte beiwohnen wollen. Nun war sie mit den Überresten des Aktes alleine. Mit einem nackten, furchteinflößenden König und seiner schreienden Frau. Immerhin warf er sich erst mal ein Hemd über den Körper – nicht wegen ihr, sondern weil der Sturm von draußen durch alle Ritzen der Holzwände fuhr und es elend kalt in der Kammer war. Die Dämonen, die hier wohl ihr unheimliches Werk verrichteten, hatten das Feuer ausgepustet und nichts als harzigen Rauch zurückgelassen, der sich nun anschickte, allen Übriggebliebenen das Atmen schwer zu machen. Zutiefst beunruhigend fand Christina, dass sich die Dämonen in keiner Weise von des Bischofs Weihrauchsegnungen hatten abhalten lassen!
    Hustend schlich sie über das duftende frische Heidekraut, das den Boden der Kammer bedeckte, duckte sich vor dem König, der sie offenbar noch gar nicht entdeckt hatte. Auch dieses Mal schüttelte er fassungslos den Kopf: »Ich habe nichts getan! Bei Gott – nichts!«, als Christina sich neben die Schwester auf den Boden warf und versuchte, sie in die Arme zu nehmen – weg von dem Mann, der ihr hatte schaden wollen, ihrer geliebten, schönen, sanftmütigen Schwester …
    Doch davon war bei Margaret nichts mehr zu sehen. Mit beiden Händen kämpfte sie gegen die Umarmung, sie weinte, schrie immer wieder auf, und der Dämon, der sich ihrer offenbar bemächtigt hatte, mochte auch nicht von ihr ablassen, als Christina sie mit Gewalt festzuhalten suchte. Margaret riss an ihren Haaren und schlug nach ihr, traf sie ins Gesicht, ihre Nägel schrammten ihr über die Haut, so wie sie wohl über ihre eigene Gesichtshaut gefahren waren und dort tiefe Kratzer hinterlassen hatten. Und überall war Blut, hellrotes Blut, das ihr in kleinen Rinnsalen aus der Nase quoll, über Mund und Kinn auf ihr Kleid tropfte, es tränkte, den Boden nässte … Blut, so viel Blut, und ihre Hände zogen eine eiskalte Spur durch Christinas Gesicht …
    »In Deo tantum quiesce«, stammelte Christina, in der Hoffnung, der Psalm könne die aufgebrachte Seele ihrer Schwester irgendwie beruhigen. »In

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