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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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vor seiner Zudringlichkeit, kein Schlummer vor dem Gestank seines ungewaschenen Körpers. Nicht einmal ein Schrei passte mehr dazwischen. Seine Pranken hielten ihre Schultern umfasst und nagelten sie auf dem Lager fest. Sie konnte sich weder bewegen noch ihn abwehren, und sie musste das einatmen, was seinem Körper entwich, musste die Ausdünstungen von Gier kosten, einen Vorgeschmack seiner feuchten Lust auf ihrer Haut ertragen.
    Dann fiel die Welle über ihr zusammen. Drückte ihren Brustkorb ein, nahm ihr den letzten Rest Atem. Sah so das Ende aus? Ein froststarrender, beschlagener Pferdehuf grub sich tief in ihre Eingeweide, schrilles Wiehern, ein sich aufbäumender Schatten an der Decke – der Teufel griff nach ihrem Geist … Um sie wurde es schwarz, ihr Schrei gellte ungehört an die Decke und wieder zurück, als Berwin ihr in zunehmender Raserei Schmerzen zufügte. Er betropfte ihr Gesicht mit faulig riechendem Speichel und rutschte auf der Suche nach der Pforte, die sich bei anderen willig öffnete, unbeholfen und entfesselt zugleich über ihren Körper. »Verdammt, verfluchtes Ding, zier dich nicht, lass mich doch, du Dirne …« Mit der Linken zerrte und wühlte er an ihrem Oberschenkel, um mit dem harten, bereits nassen Knüppel, der sich auf ihrem Leib nicht biegen wollte, zwischen ihre Beine zu gelangen. Sie kämpfte, kämpfte mit aller Kraft, besessen von dem einen Gedanken, genau das zu verhindern. Da stülpte sich sein riesiger Mund über ihre Lippen, und eine Zunge drang gierig und breit in ihren Rachen. Christina starb.
    Gott hatte ihr erst die Stimme genommen – nun nahm er ihr auch noch die Kraft zur Gegenwehr. Ein grausames Lehrstück für ihre in Klöstern gehegte Unschuld …
    »Verrecken sollst du!«, brüllte es da über ihnen, »verreck, wie sie alle verreckt sind, die ihre Schwänze nicht an der Leine hatten, verreck in drei Teufels Namen und nimm alles mit dir in die Hölle – du Sohn einer räudigen Hündin!«
    Dann brachte ein entsetzlicher Schrei ihr Ohr fast zum Platzen, und er lag schwer wie Blei auf ihr, röchelnd, hustend, und als die Zunge aus ihrem Mund rutschte, auch fluchend. »Verrecken sollst du selber, Dirne, ich bring dich um, ich bring dich um, ich reiß dir das Herz aus dem Leib, verfluchte Hure …« Blut und Speichel spuckend, wälzte er sich von ihr herunter, und Christina erkannte, dass Beth neben ihnen auf dem Lager kniete, das blutige Messer mit beiden Fäusten gepackt. Hoch über Berwin sauste es erneut nieder, traf ihn in die Seite des Brustkorbs, wo es stecken blieb, weil er ihre Arme mit den Händen wegschlug. Sie hieb mit beiden Fäusten auf ihn ein und traf auch das Messer. Sein Geschrei wurde immer undeutlicher, seine Kraft indes nicht weniger, und nur Christinas schlanker, wendiger Gestalt war es zu verdanken, dass sie sich von seinem breiten Körper zu befreien wusste, um dann Felle und Kleider an sich zu raffen und auf allen vieren vom Lager zu kriechen, wo sie das Gleichgewicht verlor, weil sie sich erbrechen musste. Polternd fiel der Webrahmen mit der Oberkante in die Feuerstelle. Flammen schlugen empor.
    »Ihr Huren, verlasst mein Haus, ich reiß euch das Leben heraus, ich zerschmetter eure Schädel, ich schieß euch an den Mösen zum Teufel, ich bring euch …« Er robbte auf die andere Seite. Das Messer war damit zwar außerhalb von Beths Reichweite, doch die Frau wusste sich zu wehren, denn ihre harten Faustschläge trafen nun seinen Kopf, während sie Christina durch die Flammen anschrie: »Nehmt Eure Kleider und flieht! Flieht, lauft weg, so schnell Ihr könnt!«
    Christina raffte die immer noch feuchten Kleider und die Schneefuchsfelle an sich, konnte ihren zitternden Körper jedoch nicht bewegen, keinen Zoll weit. Mit schreckgeweiteten Augen sah sie die beiden nun auf Knien miteinander ringen. Berwins Hände lagen an Beths Hals, ihre Daumen bohrten sich in seine Augen, während das Lager unter ihnen warnend ächzte, dass das Feuer sich vom Webrahmen weiter ausbreitete …
    »Lauft! Lauft, so schnell Ihr könnt!«, schrie Beth erneut, dann schlug er sie nieder und hieb mit beiden Fäusten auf sie ein. »Lauft!«, gurgelte es, »lauft …«
    Je tiefer der Schnee wurde, desto schwerer fiel ihr das Laufen, und irgendwann stürzte sie einfach vornüber, landete mit dem Gesicht im Schnee und stopfte sich weinend von dem kalten Zeug in den Mund, ohne jedoch den widerwärtigen Geschmack von Galle und fremdem Speichel loszuwerden. Erste Flammen

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