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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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Jetzt war ich älter. Ich hatte viel mehr von der Welt gesehen, wusste viel mehr. Ich musste mich nicht zurücklegen und es über mich ergehen lassen, wenn ich nicht wollte.
    In meinem Innern winselte die Wölfin. Nur ein bisschen. »Das ist ganz schön anmaßend von dir.«
    »Du leugnest es nicht.«
    »Und was erwartest du jetzt von mir, dass ich dir meine Kehle zeige und dich anflehe?«
    Er wartete nicht ab, bis ich sie ihm zeigte. Er griff einfach zu, beugte sich vor, legte mir einen Arm um den Rücken und legte den Mund über meine Kehle, während er mit der anderen Hand meine Brust hielt. Er küsste, sog, knabberte und zog mich näher an sich, als wolle er mich mit Haut und Haaren verschlingen. Spitze Hundezähne - dick, wie Reißzähne - drückten sich in mein Fleisch. Ich errötete, als von meinen Eingeweiden aus Hitze und Wut durch meinen ganzen Körper strömten.
    Großartig. Er wollte mich gleich hier vor all seinen Leuten vergewaltigen, und vielleicht würde er sie alle auch mal ranlassen. Das beruhigte mich ein wenig. Denn wenn das alles war, was er mir antat, alles, was sie mir antaten, dann würde ich es überleben und darüber hinwegkommen, das wusste ich. Es wäre nicht das Schlimmste, was passieren könnte.
    Was allerdings auch nicht bedeutete, dass ich mich zurücklehnen und es über mich ergehen lassen musste. Es
    hatte eine Zeit gegeben, in der ich mich so verhalten hätte. Ich lachte ein wenig bei dem Gedanken, wie sehr ich mich seit damals verändert hatte. Es war kein nettes glückliches Lachen. Das ließ ihn innehalten; er begriff bestimmt nicht, wie es möglich war, dass ich seinen Annäherungsversuchen widerstand. Wieso ich nicht einfach in die Rolle der Unterwürfigen verfiel, wie Fleisch an die Wand gekettet, und ihn um mehr, mehr, mehr anflehte.
    Ich mochte zwar angekettet sein, doch als er zurückwich, wusste ich, dass ich ein klein wenig Kontrolle besaß. Ein ganz kleines bisschen. Damit konnte ich arbeiten.
    Er sah mich an, musterte mich, als könne er meine Gedanken lesen. Seine Augen hatten einen nicht menschlichen Grünton angenommen, beinahe strahlten sie, zu Schlitzen verengt, selbstgefällig wie die einer Katze.
    Ich lächelte. »Eigentlich vermisse ich es überhaupt nicht. Mein Alpha hat mein Safeword immer ignoriert.«
    Dann trat ich zu. Lehnte mich in die Ketten und schwang das Bein empor, so fest ich konnte, obwohl mir klar war, dass ich wahrscheinlich nicht viel Schaden anrichten würde - zumal seine Gefolgsleute hinter ihm postiert waren, zusahen und abwarteten. Die Fesseln schnitten mir in die Handgelenke.
    Mein Tritt traf Balthasar in die Eingeweide. Er fiel zurück, fand aber gleich wieder das Gleichgewicht. Ich wartete nicht ab, sondern trat erneut zu, wobei ich diesmal auf sein Gesicht zielte. Er wich aus, schlug meinen Fuß weg und fletschte die Zähne, die jetzt schärfer als vorher waren. In meinem Innern heulte die Wölfin jubelnd auf. Sie stand kurz davor, die Kontrolle an sich zu reißen. Meine Schultern spannten sich an, zogen sich im falschen Winkel für den Körper der Wölfin zurück. Wenn wir uns jetzt verwandelten, würde es wehtun, viel schlimmer als sonst. Ich hing dort, rang keuchend nach Luft, mit angewinkelten Beinen und bereit zum nächsten Tritt, fühlte Fell an der Oberfläche meiner Haut.
    Ich wusste nicht, was ich erwarten sollte. Manche Männer hätten mich vielleicht geschlagen, aus Frust dass ich ihrer Kontrolle entglitten war. Er hätte lachen und mit der Vergewaltigung fortfahren können. Sein Gesicht war eine Maske. Bis er lächelte. Katzenhaft.
    Er verkündete: »Sie ist bereit. Es ist an der Zeit.«
    Hä?
    Die Handlanger schnappten die Ketten von den Haken los, zogen mich von der Wand weg und verschnürten mich für den Weitertransport. Diesmal war ich größtenteils aufrecht, mit dem Gesicht nach vorn, so dass ich sah, wohin wir unterwegs waren. Es ging durch eine Tür, eine andere als die, durch die sie mich hergebracht hatten, so weit ich das beurteilen konnte.
    Wir traten auf die Bühne der Show von Balthasar, dem König der Bestien. Vor uns ragte die Zikkurat empor.
    Das war doch ein Scherz, oder?
    Abgesehen von ein paar Fackeln war die Bühne dunkel. Diesmal handelte es sich um echte Fackeln, mit Pech und Flammen, nicht die gasbetriebenen aus der Show. Aus dieser Nähe stanken sie nach brennendem Teer und  erfüllten die Luft mit Rauch, der mir die Tränen in die Augen trieb. Auf dem künstlichen Stein der Zikkurat befanden sich

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