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Die Stunde des Tors

Die Stunde des Tors

Titel: Die Stunde des Tors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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einen Augenblick auf den anderen.
    Er hastete zu den Kästen, in denen ihr Gepäck, untergebracht war, und versuchte, sich einen Rettungsgesang einfallen zu lassen. Die Duar lag sauber und trocken in seinen Händen, wartete darauf, zu magischem Leben erweckt zu werden. Er legte sich ihren Gurt um den Hals, spürte das vertraute Gewicht auf den Schultern.
    Ein letztes Mal griffen Fasern grauen Schleims nach ihnen; die Massawrath hatte sich bis zum äußersten gestreckt, konnte sie aber immer noch nicht ergreifen. Zitternd vor Enttäuschung hockte sie, jetzt vom Boot weit entfernt, auf den Felsen, die vulkanischen Gruben ihrer Augen starrten böse auf die, die sie jetzt nicht mehr erreichen konnte.
    Vor ihnen loderte der Dunst wie eine nasse Flamme zur Decke empor.
    Jon-Tom sah ihn wie gebannt an und ging hastig sein Repertoire passender Gesänge durch. Was konnte er singen? Daß sie sich einem Wasserfall näherten, war nur zu klar, aber was für einem Wasserfall? Wie hoch, wie breit, wie schnell oder...?
    Verzweifelt sprudelte er verschiedene Refrains von einem halben Dutzend Liedern hervor, die mit Wasser zu tun hatten. Sie riefen kein sichtbares Resultat hervor; Kurs und Geschwindigkeit des Bootes blieben unverändert. Selbst die Gnietschies schienen ihn verlassen zu haben. Er erwartete inzwischen eigentlich immer ihre Fast-Gegenwart, wenn er magisch herumklimperte, und ihre Abwesenheit versetzte ihn in Panik.
    Vor ihm war nichts außer wirbelnde Gischt. Dann fluchte Talea laut. Caz stieß einen Warnungsruf aus und schlang seine Arme um die Reling, während Mudge sich auf das Deck kniete und den Kopf in den Händen barg, als würde ihm nichts geschehen, wenn er nichts sah.
    Jon-Tom hörte undeutlich, wie hinter ihm ein Murmeln einsetzte. Hilflos und verwirrt sah er sich um.
    Clodsahamp stand am Steuerruder neben dem stoischen Bribbens. Die kurzen Stummelarme des Hexers waren erhoben, die Finger der linken Hand weit gespreizt, während die der rechten kleine Kreise und unsichtbare Muster in die Luft zeichneten.
    Mit einem Schnappen spannte sich das Hauptsegel und schoß am Mast hoch, obwohl keine Hand die Takelage berührte. Erschreckt und entsetzt ließ Pog die Strebe los, an der er gehangen hatte. Ein kraftvoller Aufwind erfaßte ihn, und er mußte wild flattern, um zu seiner Stange zurück zu kommen. Diesmal verkrallte er seine Beine in das Holz, preßte sich dagegen und wickelte die Flügel um Körper und Strebe.
    Clodsahamps Murmeln wandelte sich zu einem kraftvollen hexerischen Sprechgesang. Jetzt blies ihnen der Wind heftig ins Gesicht, rauh und bedrohend, verglichen mit der bugwärtigen Brise, die in den vergangenen Tagen ein freundlicher Begleiter gewesen war.
    Das Dröhnen, das Jons ganzen Körper durchdrang, hatte sein Gehör jetzt völlig außer Kraft gesetzt. Aber seine Augen funktionierten noch. Sie befanden sich inmitten eines Hexenkessels aus wirbelndem Dunst und brodelnder Gischt. Wasserpartikel tanzten in der Luft, es war nicht mehr unterscheidbar, wo sie aufhörte und der Fluß begann. Er wollte die Augen schließen, aber seine Neugier war stärker. Die Massawrath war nicht mehr zu sehen oder zu hören.
    Ein dunkleres Grau zeichnete sich plötzlich vor ihnen ab, eine klar umrissene Achse, um die der Wasserstaub kochte und brodelte: die Kante. Das kleine Boot glitt über sie hinweg... und bewegte sich geradeaus weiter! Währenddessen fuhr Clodsahamp die ganze Zeit mit seiner Beschwörung fort. Selbst seine erhobene Stimme ging in dem Wasserdonner unter, aber Jon-Tom glaubte einen Teil des Gesangs, etwas wie »hydrostatisch, immunatisch ausgeglichener Kiel, bitte« erkannt zu haben. Das Boot bewegte sich jetzt glatt in die feuchtigkeitsgeschwängerte Luft hinaus.
    Mit dem kühlen, schicksalsergebenen Interesse eines Fallschirmspringers, dessen Schirm sich nicht geöffnet hat, ließ Jon-Tom die Duar an ihrem Riemen herunterhängen, ging zur Reling und blickte über den Bootsrand.
    Der Wasserfall war fünfhundert Meter tief, nein, zweitausend. Es war schwer zu sagen, da er in dunstverhangene Tiefen verschwand. Er mochte weniger als fünfhundert Meter fallen, konnte sich aber genausogut bis ins Herz der Erde ergießen.
    Oder der Hölle, falls der Name der Legende zutraf - aus den Tiefen schien von einem fernen, wirbelnden Punkt ein feuriges rotorangenes Glühen aufzusteigen.
    Als das Boot weiter glatt über die Leere glitt, sah er schließlich den Ursprung eines Großteils des Donners. Es gab nicht nur

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