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Die Suche nach der Sonne

Die Suche nach der Sonne

Titel: Die Suche nach der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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ihren vielfarbigen Blumen geradezu in Flammen zu stehen. Plötzlich kam Ancor ein Gedanke. War diese ganze Welt vielleicht ein ökologisches Experimentierfeld? Wurden hier die vielfältigen niederen Lebensformen, die Zeus auf den Kontinenten und Meeren des Solaren Universums einsetzte, aufgezogen und auf ihre Widerstandsfähigkeit getestet?
    Dieser Gedanke fesselte die Reisenden derart, daß sie ihn auf der Stelle überprüfen wollten. Bei der nächsten Gelegenheit setzte Cherry das Schiff auf einem hohen, grünen Kamm unterhalb eines Gipfels auf. Als sie ausstiegen, wurde ihnen allerdings klar, daß die Realität nicht ihren Vorstellungen entsprach. Was sie für Gras gehalten hatten, entpuppte sich als niedriges und winterhartes Buschwerk, das sich in seinem Überlebensdrang direkt in den Felsen gebohrt hatte. Die leuchtenden Blumen hatten Blätter wie Krummsäbel, deren Kanten aus Quarz derart scharf waren, daß sie mühelos das Bein eines achtlos rennenden Menschen abtrennen konnten. Die Art, wie die Blüten der Pflanzen den Bewegungen der Reisenden folgten, deutete darauf hin, daß sie Fleischfresser waren.
    Ancor bedachte die ›Weide‹ mit einem abschätzigen Blick, und sein Gesichtsausdruck wurde im Verlauf ihres Spaziergangs immer nachdenklicher. Seine Idee einer Welt als Experimentierfeld schien zuzutreffen, aber er fragte sich, wofür diese Muster vorgesehen waren. In der Nähe der Kammhöhe wurde Tez von einem langbeinigen, rattenartigen Tier angegriffen, das so schnell rennen konnte, daß ihm die Augen kaum folgen konnten. Zum Glück biß es lediglich ein Stück Leder aus Tez’ Schuh. Maq tötete die Ratte, allerdings unter großen Schwierigkeiten, und danach setzten sie ihren Weg sehr vorsichtig fort. Dann schreckten sie ein Tier auf, das wollig wie ein Schaf war. Die Kreatur drehte sich um und fletschte sie mit furchterregenden Schneidezähnen an, was Maq dazu veranlaßte, die Waffe in der Hand zu behalten, bis das Tier den Hang hinuntergaloppiert und verschwunden war. Es schien, als ob alles Leben hier perfekt auf Angriff und Verteidigung ausgerichtet war.
    »Laßt uns zum Schiff zurückgehen«, sagte Ancor schließlich. »Irgend etwas stinkt hier ganz gewaltig.
    Jedes verfluchte Ding hier ist eine ungeheuerliche Mutation.«
    »Ist das so überraschend?« fragte Sine Anura. »Schließlich ist das hier eine isolierte Käfigwelt. Müssen wir nicht erwarten, daß die Evolution anders verlaufen ist?«
    »Das ist nicht so einfach, Sine. Evolution braucht Zeit – sehr viel Zeit. Trotzdem ist hier alles anormal. Es ist so, als ob man die Evolution hier vorsätzlich beschleunigt hätte.«
    »Ist das möglich?«
    »Nur bis zu einem gewissen Grad. Die meisten Mutationen sind für den Organismus schädlich, und die Evolution schreitet nur bei den sehr seltenen Mutationen fort, die irgendeine Art von Vorteil bedeuten. Aber die Tiere und Pflanzen hier sind so weit von den solaren Arten entfernt, daß sie sich unmöglich auf natürliche Weise entwickeln konnten.«
    Sie holten die anderen an der Luke der Shellback ein. Gemeinsam drehten sie sich um, um einen letzten Blick auf die prächtigen Gipfel zu werfen, die in erhabener Stille in die Wolken ragten. Was dann geschah, passierte ohne jede Vorwarnung, und selbst Maq hatte nicht schnell genug den Finger am Abzug, um es verhindern zu können. Ein Schatten stürzte auf sie herab, riesige Flügel wirbelten, ein Schrei ertönte, und dann war über ihnen ein weißer Baldachin, der auf eine Felsspalte zuraste. Wie ein Engel aus den Legenden schwang sich eine Kreatur empor, halb Mensch, halb Vogel, Sine Anura fest an den Brustkorb gedrückt.
    Ancor war in dem Moment schußbereit, in dem er bemerkt hatte, daß etwas nicht stimmte, und er hätte den Vogelmenschen jederzeit vom Himmel holen können. Der Kurs der Kreatur direkt über der Felsspalte nahm ihm allerdings diese Möglichkeit, weil Sine sonst aus einer tödlichen Höhe gefallen wäre. Der ›Engel‹ schwang sich am Ende der Spalte empor, gewann Höhe und flog geradewegs weiter über die Gebirgskämme und Täler, während er seine kreischende Beute fest im Griff hielt.

 
Kapitel 21
     
    Ihre Augen folgten dem ›Engel‹, bis er aus ihrer Sicht verschwand. Ancor hielt ihn für den Fall im Visier, daß er landete, und er ihn ohne Gefahr für Sine erschießen konnte. Schließlich mußte er aber seine Niederlage eingestehen, und sein Gesicht verwandelte sich in eine furchterregende, grüblerische Maske.
    Der

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