Die Suche nach der Sonne

Titel: Die Suche nach der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp

Vom Netzwerk:

ihrer Reise durch die Speichen schliefen sie miteinander, und ihre Leidenschaft erstreckte sich über Zehntausende von Kilometern.
    Als sie nach 25 Tagen spürten, daß der Shuttle abbremste, konnten sie es nicht glauben. Ancors Berechnungen zufolge hatten sie gerade die Erdumlaufbahn hinter sich gelassen. Der Shuttle hatte kaum einen halben Tag lang sanft abgebremst, als er schließlich zum Halten kam und auf einer Ladeschleife seitwärts abtransportiert wurde. Sie kletterten mit gemischten Gefühlen in die Netze, um sich beim Herunterfahren der Drehung nicht zu verletzen, und schließlich wurde der Zylinder zum Entladen in die Horizontale gebracht. Ancor, der nicht wußte, was für eine Überraschung Zeus für sie vorbereitet hatte, entsicherte seine Waffe und nahm die strategisch günstigste Position ein, die er finden konnte. Dann warteten sie mit angehaltenem Atem, während sich die Luke öffnete.

Kapitel 26

    Nichts geschah. Von der Stelle aus, an der sie sich fest gegen die Hülle drückte, konnte Sine Anura Ancor sehen, der wie ein Tiger lauerte, bereit, sofort loszuschlagen, sobald er eine Bedrohung witterte. Dann schlich er mit der Geschmeidigkeit einer Katze zur offenen Luke und blickte argwöhnisch hinaus. Sekunden später drehte er sich wieder um, und sie fuhr, erschreckt über seine plötzliche Bewegung, zusammen. Erst dann bemerkte sie, daß er lächelte.
    »Sine, weißt du, wo wir sind? Ich schwöre dir bei allem, was mir heilig ist, daß das die Merkur-Schale ist. Zeus hat sein Versprechen doch eingehalten!«
    Sie rannte zu ihm und blickte hinaus. Sie waren in einem Speichen-Shuttle-Terminal, der denen der Mars-Schale ähnelte, aber deutlich kleiner war. Der Text auf der erleuchteten Anzeigetafel in der Halle war unmißverständlich: MERKUR-SCHALE AUSWANDERUNG: ABSCHNITT 27BZ.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte sie. »Ich dachte, die Shuttles könnten nur in Richtung der Peripherie Solarias verkehren. Dieses hier muß in die umgekehrte Richtung geflogen sein – in Richtung Zentrum.«
    »Ich vermute, daß Zeus sie in beide Richtungen schicken kann, sie aber normalerweise nur für Trips in die Außenregionen benötigt, deshalb denken die Leute, daß man nur in eine Richtung reisen könnte.« Sein Hochgefühl verschwand plötzlich, und ein neuer Gedanke ließ seine Züge verdüstern. »Und das würde auch erklären, was hier nicht stimmt.«
    »Nicht stimmt?«
    »Es ist, verflucht nochmal, zu still. Genausowenig, wie wir ein beladenes Shuttle erwarten würden, tun sie das hier. Also sitzen wir völlig unerwartet mitten in einem Auswanderungs-Terminal. Es wird interessant sein, ihre Reaktion zu sehen, wenn sie unsere Anwesenheit bemerken.«
    »Du meinst, es könnte Ärger geben?«
    »Sine, wenn das in einem Terminal auf der Mars-Schale passierte, wäre jetzt die Hölle los. Zuerst würde man uns für Auswanderer halten, die irgendwie aus dem System gefallen sind. Und wenn sie glaubten, daß wir einen Weg gefunden hätten, die Fahrtrichtung der Shuttles umzukehren, wäre es noch schlimmer. Damit könnten sie möglicherweise die Rückkehr ihrer engsten Verwandten und besten Freunde bewerkstelligen. Sie würden uns in Stücke reißen, um herauszufinden, wie wir es angestellt haben.«
    Eine Alarmvorrichtung warnte plötzlich vor dem unmittelbar bevorstehenden Schließen der Luke. Sie mußten springen, um nicht eingeschlossen zu werden. Die Vakuumversiegelung der Luke schloß sich, und die riesigen Gestelle, auf denen der Shuttle zum Stehen gekommen war, beförderten ihn die Schienen der Ladeschleife entlang. Maq und Sine blieben in dem Durcheinander der Ladevorrichtungen der Exis-Speiche zurück. Bis dahin schien ihre Anwesenheit unbemerkt geblieben zu sein, aber der Lärm, den die Ankunft und der Abtransport ihres unfahrplanmäßigen Shuttles verursacht hatte, hatte das Interesse der Terminalaufseher geweckt. Sie kamen heraus, um zu sehen, was sich dort abspielte, und fanden zwei Fremde vor, die sich in einem Sperrgebiet aufhielten, in dem sie nichts verloren hatten.
    Selbst jetzt hätte man noch eine Krise abwenden können, wenn da nicht ein bewaffneter Wachmann gewesen wäre, den man hastig zum Ort des Geschehens gerufen hatte. Er nahm an, daß es sich bei den beiden Fremden um Auswanderer handelte, die aus dem Shuttle entflohen waren, das in vertikaler Position auf der Ladeschleife stand, und beschloß, die dafür vorgesehene Todesstrafe sofort zu vollstrecken. Obwohl er sich noch in einiger