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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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verschränkt.
    »Verdammt! Hoffentlich ist das keine Sepsis«, murmelte er. »Ich brauch das Schwein noch eine Weile lebend.« Er nahm den Schlüssel, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag, und verließ den Raum. Auf halbem Weg kehrte er um. Sicher ist sicher, dachte er, als er aus der Schreibtischschublade den Elektroschocker zog.
    Zuerst öffnete er die Klappe an der Tür und schaute hinein. Doch er sah nur Radeckes leblosen Unterkörper. Der übrige Teil von ihm befand sich im toten Winkel. »Wach auf, du Dreckskerl!« Er schlug mit dem Elektroknüppel hart gegen die Tür. Radecke regte sich nicht.
    »Mist!«, entfuhr es ihm. »Wenn das Schwein abgekratzt ist, kann ich alles vergessen.« Er öffnete die Tür. Radecke lag noch in derselben Haltung wie vorher, als er ihn auf dem Monitor gesehen hatte. Die Augen hatte er geschlossen. War er nur in einen festen Schlaf gefallen? Atmete er noch?
    Radecke hatte sich alles genauestens ausgedacht. Er würde sich so lange bewusstlos stellen, bis sich ihm eine Chance bot. Die Stimme hatte er sofort erkannt. Sie gehörte dem Blonden. Umso besser, dachte er. Den werde ich sicher leichter überrumpeln können. Aber was, wenn sie zu zweit wären? Dann würde sein Vorhaben scheitern, noch ehe es begonnen hatte. Aber es gab für ihn keine andere Möglichkeit. Er musste es wagen, wenn er dem sicheren Tod entrinnen wollte. Vielleicht hatte er Glück und der Kahlköpfige war gar nicht hier.
    »Was ist los, du Arsch?«, hörte Radecke den Blonden sagen. Obwohl sein Körper und all seine Sinne bis aufs Äußerste gespannt waren, versuchte er, ruhig und für den anderen nicht merkbar zu atmen. Die Augen hielt er weiterhin geschlossen. Sein Peiniger tippte ihn an der rechten Fußsohle an. Als er sich immer noch nicht regte, fiel der nächste Tritt etwas härter aus. Er reagierte wieder nicht. Jetzt spürte er den Elektroschocker auf seiner nackten Haut. Zuerst war es nur ein Antippen. Doch dann glitt der Folterstab langsam von seinem Oberschenkel hoch in Richtung Brust. Ein Stromstoß wäre das Ende. Er musste warten. Plötzlich hörte er das Knacken eines Gelenkes. So konnte nur ein Kniegelenk Geräusche von sich geben. Dann spürte er den Atem auf seiner Schulter. Er musste sichergehen. Es reichte nicht, dass der andere sich zu ihm hinuntergebückt hatte. Erst wenn er zwei Hände an seinem Körper fühlen würde, ginge keine unmittelbare Bedrohung mehr von dem Elektroschocker aus. Nur dann könnte er es wagen.
    Radecke spürte einen Finger an seinem Auge. Das obere Lid wurde hochgezogen. Als sich der Finger anschließend sachte auf seine Halsschlagader legte und ihn die andere Hand an der Hüfte fasste, schoss er wie von einer Tarantel gestochen hoch. Längst hatte das Adrenalin die Schmerzen am Stumpf des linken Mittefingers betäubt. Er krallte sich sofort am Hemd des Gegners fest. Mit geballter Faust holte er aus. Doch der Schlag verfehlte sein Ziel. Als er noch einmal ansetzte, um den anderen mit einer Geraden zu treffen, bückte dieser sich tief, sodass die Faust wiederum ins Leere traf. Im Bruchteil einer Sekunde, und doch ganz deutlich, nahm Radecke das ihm schon zur Genüge bekannte Brutzeln des Elektroschockers wahr. In diesem Augenblick wusste er, dass er verloren hatte. Den Stromschlag empfand er heftiger als jemals zuvor. Sein Körper wurde durcheinandergeschüttelt. Von Schmerzen und Hoffnungslosigkeit übermannt, ergab er sich seinem Schicksal und fiel gleich darauf in eine tiefe Bewusstlosigkeit.
    39
    »Wir haben für Sie im Scandic-Hotel zwei Zimmer gebucht«, sagte Kriminalkommissar Schuster, nachdem sie sich begrüßt hatten und in Richtung Ausgang gingen. »Sie werden zufrieden sein. Ist eine gute Adresse, aber auch nicht ganz billig.«
    »Wie weit ist es?«, fragte Nawrod.
    »Das Hotel befindet sich …«
    »Entschuldigung, wir reden aneinander vorbei«, raunzte Nawrod. »Ich möchte wissen, wie lange wir zur Wohnung des Vermissten brauchen.«
    »Ich dachte, Sie wollten sich zuerst frisch machen und morgen …«
    »Morgen? Wie kommen Sie denn darauf?«, unterbrach ihn Nawrod und schüttelte verärgert den Kopf. »Fahren Sie uns auf dem schnellsten Weg zu Radeckes Wohnung. Ich hoffe, Sie haben dafür gesorgt, dass der Lebensgefährte des Vermissten dort ist. Wir wollen uns in der Wohnung umsehen und uns diesen Herrn Weiß vorknöpfen.«
    In Schusters Gesicht spiegelte sich Verwunderung. Er hatte keine Ahnung, dass die Sache derart eilig war. Sofort beschleunigte er

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