Die Sumpfloch-Saga Bd. 1 - Feenlicht und Krötenzauber
dass bald etwas passieren würde. Sie saß noch nicht lange da oben, als sie ein lautes Klirren hörte. Etwas Großes mit Flügeln sprang über den Sumpf und verschwand im Schatten des Waldes. Berry konnte es kaum erkennen, doch sie wusste ganz genau, was diese Erscheinung zu bedeuten hatte. Nun hatte es also auch Maria erwischt und das tat Berry wirklich leid. Maria hatte sie von den Freundinnen am liebsten gemocht. Denn Maria war so freundlich gewesen und hatte ein großes, mitfühlendes Herz gehabt.
Doch auf so etwas konnte Berry nun mal keine Rücksicht nehmen. Sie tat es ja nicht freiwillig, sie tat es, weil es die Cruda von ihr verlangte und man eine Cruda nicht hinters Licht führen konnte. Selbst wenn sich Berry zum Wohl der anderen geopfert hätte, so hätte das wenig geholfen. Die böse Cruda hätte dann eine andere Handlangerin gefunden, die Thuna und Maria verraten hätte. Es spielte also keine Rolle, Berry hätte die Entführung sowieso nicht verhindern können.
So beruhigte Berry sich selbst. Sie ging zu ihrem Bett zurück und setzte sich auf ihr Kopfkissen, mit dem Rücken zur Wand. Sie war gewappnet. Sie wusste, was gleich kommen würde. Schon hörte sie, wie jemand aus dem unteren Stockwerk die Treppe heraufgerannt kam. Sie hörte die knarrenden Sprossen der Leiter, die ins siebte Stockwerk führte. Sie hörte Schritte auf dem Flur. Die Zimmertür wurde aufgerissen und Berry zuckte zusammen, obwohl sie Scarletts Ankunft erwartet hatte.
Scarletts grüne Augen leuchteten giftiger denn je. Berry hatte nun wirklich Angst, darum holte sie zum Gegenangriff aus, bevor ihr Scarlett etwas antun konnte.
„ Hör mir zu!“, rief Berry. „Ich habe dich in der Hand, hörst du? Wenn du mir schadest, werde ich dein Geheimnis verraten. Ich habe Vorkehrungen getroffen!“
„ Was meinst du damit?“, fragte Scarlett.
Sie war vor Berrys Bett stehen geblieben und sah Berry so böse an, dass Berry übel davon wurde. Schnell schaute sie in eine andere Richtung, denn sie wusste, dass die bösen Blicke einer Cruda einen krank machen konnten, wenn man sie zu lange erwiderte.
„ Ich meine es so, wie ich es gesagt habe“, sagte Berry laut und deutlich, wobei sie den Fußboden anstarrte. „Ich habe überall Briefe versteckt, in denen ich aller Welt verkünde, dass du eine Cruda bist. Ich liefere auch Beweise dafür. Entweder du lässt mich in Ruhe oder diese Briefe verraten dein Geheimnis. Was dann passiert, muss ich dir ja wohl nicht sagen!“
Das musste gesessen haben, denn Scarlett schwieg. Berry hörte nur ihre wütenden Atemzüge.
„ Außerdem ist es zu spät“, fuhr Berry fort und traute sich nun wieder, Scarlett in die Augen zu sehen. „Maria ist weg. Wer die Dritte ist, weiß ich nicht. Und ich kann nichts dafür. Du würdest in meiner Situation genauso handeln.“
„ Ach ja?“, rief Scarlett. „Bist du dir da sicher, du hinterhältiges, verlogenes, kaltblütiges Biest?“
Berry drückte sich gegen die Wand in ihrem Rücken. Sie merkte, wie der Brief, den sie im Kopfkissen versteckt hatte, knisterte. Sie hatte Angst. Aber Scarlett durfte das nicht merken.
„ Ja, ich bin mir ganz sicher“, entgegnete sie. „Denn Crudas sind böse, das weiß jedes Kind. Früher oder später wird dich deine böse Kraft verschlingen und dann wirst du Dinge tun, die viel schlimmer sind als das, was ich getan habe. Ich bin nicht böse, ich habe nur getan, wozu ich gezwungen wurde! Meinst du, ich will, dass es Thuna und Maria schlecht geht? Ganz bestimmt nicht. Aber nicht ich habe entschieden, was mit ihnen passiert, sondern die Cruda war es. Sie hat die beiden entführt, vor langer Zeit, und nun will sie sie benutzen. Ob ich ihr helfe oder irgendjemand anders, das ist völlig egal, verstehst du? Sie hat uns sowieso in der Hand!“
„ Mich nicht“, sagte Scarlett. „Und jetzt verschone mich mit deinem Geschwätz. Wie heißt das Bannwort für dein Spiegelfon?“
„ Wieso?“, fragte Berry überrascht. Damit hatte sie nicht gerechnet.
„ Ich will mit deiner Cruda sprechen“, antwortete Scarlett. „Was sonst?“
Scarlett kam einen Schritt näher und sah Berry drohend an. Sie war entschlossen, so viel war klar. Wie konnte Scarlett so dumm sein? Wenn sie mit der Cruda sprach, würde die Cruda sie erledigen. Das konnte Berry zwar nur recht sein, doch warum bat Scarlett um ihren eigenen Untergang?
„ Warum willst du mit ihr sprechen?“, fragte Berry. „Sie wird dich umbringen.“
„ Wie denn? Durch das
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