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Die Templerverschwoerung

Die Templerverschwoerung

Titel: Die Templerverschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Easterman
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Blitzartig schoss ihr durch den Kopf, dass dies nichts mit Abebe zu tun hatte, sondern mit den Morden. Sie war in dem Zimmer gefangen. Die Vorstellung, was im nächsten Moment passieren konnte, machte sie mit einem Schlag hellwach. Sie sprang aus dem Bett. Ihr erster Gedanke war, sich darunter zu verstecken. Aber wenn diese Leute gründlich waren, dann fanden sie sie dort. Und sie würden gründlich sein. Wohin sie sich auch wenden wollte, zuerst musste sie aus diesem Raum heraus. Sie lief zur Tür und presste ihr Ohr daran.
    Vom Treppenabsatz her ertönte eine Stimme in einer Sprache, die Mariyam nicht kannte. Sie klang osteuropäisch. Vielleicht war es Russisch. Eine zweite antwortete. Sie ertastete den Schlüssel und drehte ihn leise im Schloss. Einer der Eindringlinge rüttelte an ihrer Klinke und fluchte laut. Dann schlug er heftig gegen die Tür. Sie schaltete das Licht ein, das den Raum mit einem Schlag überflutete. Von draußen wurde weiter gegen die Tür gehämmert und gerufen. Sie wusste, dass diese auf die Dauer nicht standhalten würde. Aber zum Glück war das Haus alt, hatte schwere Türen und solide Schlösser.
    Nun versuchte es der Mann draußen auf Englisch.
    »Öffnen Sie bitte Tür. Wir nicht suchen Sie. Wir suchen Matshafa . Das ist, was wir wollen. Wenn Tür öffnen, passiert nichts. Wir Ihnen nichts tun.«
    Es kam ihr höchst unwahrscheinlich vor, dass russische Einbrecher in einem Haus am Portugal Place auftauchen sollten. Wenn sie das Matshafa suchten, dann suchten sie auch sie. Um sie zu töten. Sie schaute sich nach ihrer Aktentasche um, in der sie die Handschrift nach Cambridge mitgebracht hatte. Sie erschrak zutiefst, als ihr einfiel, dass sie sie in der Küche hatte stehenlassen.
    Nun rückte sie das Bett von der Wand fort und klemmte sich dahinter. Es ließ sich leicht rollen und knallte in dem Moment an die Tür, als sich von draußen jemand dagegen warf. Es krachte beängstigend, aber die Tür hielt. Das Bett war schwer und würde ihr Zeit verschaffen, um das Weite zu suchen.
    Das Schiebefenster ging leicht auf. Sie erinnerte sich, wie sie es nachts geöffnet hatte, um frische Luft hereinzulassen, wenn sie im Sommer bei Abebe abgestiegen war. Gleich links davon musste ein Fallrohr der Dachrinne nach unten führen. Sie lehnte sich weit hinaus, um es mit beiden Händen zu umfassen. Dabei erstarrte sie. Wenn sie losließ, dann stürzte sie aus mehreren Metern Höhe auf den gepflasterten Hof hinab. Vielleicht sollte sie doch bleiben und mit den Eindringlingen zu verhandeln suchen. Wieder krachte es mächtig gegen die Tür. Sie hörte Holz bersten, und auch das Schloss würde nicht mehr lange halten.
    Sie holte tief Luft, klammerte sich mit all ihrer Kraft an das Rohr und schwang sich hinaus. Mit den Füßen suchte sie im Dunkeln verzweifelt nach einem Halt. Sie glaubte, die Arme müssten ihr abreißen, als ihr volles Körpergewicht daran hing. Drinnen krachte es, und sie sah gerade noch, wie die Tür nachgab. Männerstimmen riefen Wörter, die sie nicht verstand.
    Als sie das Rohr hinabglitt, bemerkte sie, dass sie keine Schuhe anhatte und nur im Nachthemd war. Heftige Kälte durchdrang ihren Körper. Sie glaubte, die nackten Hände müssten an dem Metall kleben bleiben, und die Füße taten ihr weh.
    Irgendwie gelangte sie auf den Boden. Dort konnte einer Wache stehen und sie am Weglaufen hindern. Ihre Augen gewöhnten sich gerade erst an die Dunkelheit. Ein paar Meterentfernt befand sich eine Mülltonne auf Rädern. Sie packte sie kurzerhand und rollte sie um die Ecke des Hauses. Dort sah sie zwei Männer stehen. Ohne lange nachzudenken, stieß sie die Tonne so heftig an, dass sie auf die beiden zurollte, die erschrocken zur Seite sprangen. Die Tonne stürzte um, und Plastiksäcke fielen auf den Hof.
    Mariyam rannte durch das offene Tor auf die Straße hinaus. Sie musste die Rundkirche erreichen, denn dort standen Polizisten. Hinter sich hörte sie, wie die Haustür zugeschlagen wurde und Schritte ertönten. Männer rannten hinter ihr her, zwei, drei oder vier, das konnte sie nicht genau sagen.
    Sie wusste, dass sie gegenüber ihren Verfolgern im Vorteil war. Die besten Läufer der Welt kamen aus Äthiopien, und auch Mädchen trainierten dort häufig von Kindesbeinen an. Sie hatte mehrere Jahre mit einer solchen Mannschaft im Simien-Gebirge verbracht. Dort hatten sie stets einige Tage in Laufschuhen trainiert, gespendet von einer amerikanischen Wohltätigkeitsorganisation, dann wieder

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